Vor zwei Jahren stand der MSV Duisburg vor einem finanziellen und sportlichen Scherbenhaufen. Nun ist der Klub zurück in der Zweiten Liga. Wie konnte das passieren?
Zum ersten Pflichtspiel in der neuen 3. Liga kamen mit 18.000 Zuschauern mehr als es in der Zeit zuvor in der 2. Bundesliga gewesen waren und all das, was man sonst in Duisburg im Stadion vermisste, war plötzlich ebenfalls erschienen: unbedingter Support, viel Wohlwollen bei den früher als schnelle Nörgler bekannten Fans und endlich auch einmal Veränderungen im Stadtbild. Während man in anderen Bundesliga-Städten die Existenz eines Fußballvereins meist kaum übersehen kann, sah man früher nur mal ein vergilbtes Stoffzebra in der Auslage eines Friseursalons und hier und da mal einen Autoaufkleber, Menschen mit Trikot oder Schal hingegen selbst an Spieltagen nur in homöopathischen Dosen.
Zeugnis eines neuen Realitätssinns
All das änderte sich, zum Beispiel durch Fanmärsche, und selbst bei den Pokalspielen des Niederrheinpokals gab es stets ein großes Gedränge. Sowie den Trostpreis für Drittligisten: den Niederrheinpokalsieg, der immerhin zur Teilnahme am DFB-Pokal berechtigt. Diesen angesichts des noch 2011 erreichten Pokalfinales des richtigen DFB-Pokals eher als Strafe anzusehenden Wettbewerb aber derart zu feiern, wie es hier geschah, war keineswegs ironisch gemeint, sondern weiteres Zeugnis eines neuen Realitätssinns. Wie die gesamte Angelegenheit den Klub paradoxerweise viel weiter in den Fokus der Fußballöffentlichkeit rückte, als es noch das DFB-Pokalfinale 2011 vermocht hatte. Graue Maus, vielleicht immer noch, aber offensichtlich eine, die auch die Fans anderer Klubs in der Umgebung ungerne untergehen gesehen hätten.
Der Kelch des totalen Absturzes ging bekanntlich vorüber, und so war die Rückstufung nur eine Liga tiefer ein doch erträglicher Ausgang der ganzen Geschichte. Im Aufstiegsendspiel ein bis auf die Kieler Plätze ausverkauftes Stadion, wieder ein Fanmarsch, eine sportlich überzeugende Vorstellung und dann hat der MSV mit der zweijährigen Extrarunde das gewonnen, was er für Geld niemals hätte kaufen können: Dass die Fans wieder zahlreich erscheinen, Dauerkartenrekorde gebrochen werden und nicht zuletzt dass die zuvor völlig utopischen Zahlen bei der Stadionmiete korrigiert wurden, auf dass der Klub weiter leben kann.
Endlich wieder zu Hause
Am Ende, jetzt, ist alles gut, der MSV ist wieder zu Hause in der 2. Liga, da, wo er hoffentlich lange bleiben wird. Denn die 3. Liga, ja, die ist was für Liebhaber, und sie hat auch durchaus einen gewissen Charme. Den aber vor allem dann, wenn man ihr beim Abschied zuwinkt und auf Nimmerwiedersehen spekuliert. Wenn das auch noch nach solch einem rauschenden Aufstiegsendspiel geschieht, sehen die zwei in ihr verbrachten Jahre doch kürzer aus, als sie es mit ihren 76 Ligapartien – auf dem Land, im Stream, im Dorf – tatsächlich waren. Endlich wieder zu Hause.
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Frank Baade ist Fan des MSV Duisburg und veröffentlicht regelmäßig schöne Texte auf seinem Blog trainer-baade.de