Die US-Investoren übernehmen den europäischen Fußball. Schon jetzt sind ein Fünftel der Erstligaklubs in Frankreich, England und Italien in den Händen von Amerikanern. Warum?
Nein, mit Glamour hat die Stadt Wrexham im Nordosten von Wales nichts am Hut. Viel mehr ist die Stadt geprägt von ihrer industriellen Vergangenheit, mit deren Ende man bis heute zu kämpfen hat –bis 2019 wählten die Leute hier immer einen Labour-Abgeordneten ins Parlament. Und doch wehte in den letzten Tagen ein Hauch von Hollywood in der walisischen Stadt. Der Grund dafür sind die zwei US-Schauspieler Ryan Reynolds (u.a. Deadpool) und Rob McElhenney (It‘s Always Sunny In Philadelphia), die seit dieser Woche Besitzer des AFC Wrexham sind.
„Wir wollen aus Wrexham eine globale Kraft machen“, erklärte Ryan Reynolds zum Start des Projektes, das erstmal einige Fragen aufwirft. Klar, der AFC ist einer der ältesten Profifußballvereine der Welt, walisischer Rekordpokalsieger und stand Mitte der 1970er Jahre mal im Viertelfinale des Europapokals. Zudem spielt der Verein schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts im englischen Fußballsystem statt in der walisischen Liga, wo selbst in der höchsten Spielklasse lange nicht alle Teams unter professionellen Bedingungen trainieren. Seit Jahren ist die bittere Realität allerdings die fünftklassige Vanarama National League, die Gegner heißen dort Solihull Moors oder Boreham Wood. Auch ohne Corona kamen zu den Heimspielen des Vereins nicht mehr als 5000 Zuschauer im Schnitt. Selbst die unbeliebtesten Vereine aus der Major League Soccer können das problemlos überbieten.
Trotzdem sind Reynolds und McElhenney mit ihrem Schritt, einen europäischen Fußballverein zu übernehmen, nicht alleine. Vor allem in den letzten Monaten häuften sich die Nachrichten, dass amerikanische Investoren europäische Vereine übernehmen. Im Juli etwa sicherte sich der Investmentfirmengründer Gerry Cardinale den französischen Zweitligisten FC Toulouse. Bei Parma Calcio, nach zwei Insolvenzen wieder mal in der Serie A angekommen, stieg Mitte September die Krause Group aus dem US-Bundesstaat Iowa ein. Und beim AS Rom gab der amerikanische Besitzer James Pallotta seinen Klub im August zwar ab, verkaufte ihn aber an seinen Landsmann Dan Friedkin und dessen gleichnamige Investorengruppe. In England gab es etwa bei Newcastle United und dem FC Southampton Gerüchte, dass amerikanische Investoren die Klubs übernehmen könnten. Und selbst ganz abseits der großen Fußballwelt, etwa beim österreichischen Regionalligisten FC Pinzgau Saalfelden oder eben beim Fünftligisten AFC Wrexham aus Wales mischen jetzt US-amerikanische Staatsbürger in der Vereinsspitze mit.
Insgesamt sind ein Fünftel der 60 Erstligaklubs in England, Frankreich und Italien mittlerweile in den Händen amerikanischer Geschäftsmänner und Investmentfirmen. Darunter klangvolle Namen wie Manchester United, der FC Liverpool, Olympique Marseille, Girondins Bordeaux oder der AC Milan. Woher kommen sie und warum ist der europäische Fußball für sie gerade jetzt so interessant geworden?