Die Fans lieben ihn, die Journalisten fressen ihm aus der Hand, sein Team gewinnt. Alles gut, wie er selbst so gern sagt. Doch damit es so richtig, richtig, richtig gut wird, muss Jürgen Klopp nun dafür sorgen, dass ein Traum wahr wird.
Welch hohes Ansehen Klopp in Liverpool genießt, sieht man vielleicht am besten daran, dass es kein Lied über ihn gibt. Als Salah gegen Brighton trifft, schmettern die Fans auf dem Kop ihren Song über den ägyptischen König, der den Flügel entlangstürmt. Auch das Lied, in dem neben Salah noch seine Angriffspartner Sadio Mané und Roberto Firmino gewürdigt werden, schallt durch Anfield. Doch als Klopp nach dem Spiel den Fans applaudiert, klatschen sie nur zurück. Froh, aber stumm.
Natürlich gab es hier mal einen Klopp-Song. Er basierte auf einem der übelsten Hits aller Zeiten, „Live is Life“ von Opus. Zwar hat Klopp bei seiner Ankunft in Liverpool in einem Interview erzählt, dass er die Beatles und Genesis mag und einst Kiss-Fan war, aber er trat bislang nicht als Experte für Popkultur in Erscheinung. Es hatte also keine ästhetischen Gründe, als er bei einem Spiel die Fans eindringlich und gestenreich aufforderte, den Gesang doch bitte einzustellen.
Die Fans werden unruhig
Seither werden nur seine Spieler besungen, nicht der Trainer. Kurz vorher hatte sich Klopp übrigens beklagt, dass viele Zuschauer schon vor dem Abpfiff gehen. Auch das tun sie nicht mehr. Kein Zweifel: Im roten Teil von Liverpool wird das gemacht, was Jürgen Klopp will.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Kloppmania in Liverpool nicht immer so intensiv gelebt wurde wie in diesen Wochen und Monaten. Seine Bemerkung über das Geldausgeben in England war mehr als nur ein Witz. In der Tat werden die Fans hier äußerst unruhig, wenn man sich auf dem Transfermarkt zurückhält. Besonders dann, wenn die Rivalen – allen voran die beiden Klubs aus Manchester – mit Kohle nur so um sich werfen, während man selbst einen Star wie Philippe Coutinho nach Barcelona ziehen lassen muss.
Die Erfahrung mit den Bayern nagt an Klopp
Doch seit Jahresbeginn hat sich die Lage gründlich verändert. Inzwischen ist es der FC Liverpool, der tief in die Tasche greift. Erst im Januar zahlte man die Phantasiesumme von 84,5 Millionen Euro für einen Verteidiger, Virgil van Dijk. Und im Sommer gab Klopp für Alisson, Naby Keita und Fabinho noch mal 167,5 Millionen aus, mehr als Guardiola und Mourinho zusammen.
„Klopp hat mir mal gesagt, dass es 2013 jemanden gab, der nicht wollte, dass sein Team den nächsten Schritt macht“, erinnert sich der Journalist Neil Jones, der lange beim „Liverpool Echo“ gearbeitet hat und jetzt für Goal.com über den Verein schreibt. „Damit meinte er natürlich die Bayern, die ihm damals die besten Spieler weggekauft haben. Ich glaube, er will um jeden Preis verhindern, dass ihm das noch mal passiert. Deswegen macht er von dem Geld Gebrauch, das ihm hier zur Verfügung steht.“
Konkurrenz mit Vereinen, die ganzen Ländern gehören
Jürgen Klopp strahlt nicht gerade vor Vergnügen, wenn man das Thema Finanzen anspricht. Er hat sich im Sommer eine Menge Spott von Anhängern von Manchester United anhören müssen, weil er vor zwei Jahren einige kritische Sprüche über den sündhaft teuren Transfer von Paul Pogba abließ, nun aber selbst in den Dimensionen einkaufen geht, die er gegeißelt hat. „Wir haben kein Füllhorn, aus dem man sich ständig bedienen kann, das wird falsch gesehen“, sagt er und stellt die Wasserflasche auf dem Tisch ab.
Selbst die ist gebrandet: Auf ihrem Etikett prangt das Liverpool-Logo. „Man muss immer die Umstände bedenken. Ja, wir haben viel Geld. Aber da die anderen Klubs in England genauso viel haben, ist das überhaupt kein Wettbewerbsvorteil für uns. Wir müssen nicht drum herumreden: Wir konkurrieren inzwischen ja mit Vereinen, die ganzen Ländern gehören.“