Ein neuer Trainer in Hamburg, Lederhosensamba in Gelsenkirchen und das schlechteste Partywochenende aller Zeiten in Mainz. Mittendrin: unsere 11 des Spieltags.
Bert van Marwijk
Es gibt eine ganze Reihe an Jobs, die niemand machen will. Dixie-Klos reinigen zum Beispiel oder mit Menderes Bagci Musik aufnehmen. Außerdem Jobs, von denen man weiß, dass sie nicht lange gut gehen und meist böse enden. Rockerbanden-Chef etwa oder Rebellenführer. Jobs, die entwürdigend, kräftezehrend und traurig sind. Fluffer-Girl oder Putzkraft bei den Ludolfs. Und dann gibt es Jobs, die all das vereinen und sogar noch ein bisschen undankbarer sind. Aktuell zum Beispiel HSV-Trainer. Bert van Marwijk stellt sich dennoch dieser Herausforderung und übernimmt wohl den kriselnden Bundesliga-Dino, der am Wochenende das Nordderby mit 0:2 vergeigte. Neben den sportlichen Problemen erwarten Van Marwijk in Hamburg interne Querelen, ein dickes Minus auf dem Konto und ein Investor auf Mallorca, der beständig aus der Ferne zündelt. Aber wie sagte Chris Pontius einst, als er in der Fernsehshow „Jackass“ in einen großen Haufen Elefantendung sprang? „It’s a dirty job, but somebody’s got to do it!“
Nils Petersen
Dass der HSV nun noch weiter in die Krise gerutscht ist, liegt auch an Nils Petersen. Der Bremer Stürmer erzielte am Samstag nämlich beide Tore für den ungeliebten Gast und schubste den wankenden Dino so ein bisschen weiter in Richtung Abgrund. Tatsächlich waren es Petersens erste Treffer seit sechzehn Bundesligaspielen, eine ziemlich lange Zeit für einen Stürmer. Passend dazu wurde ihm das erste Tor von Clemens Fritz vorgelegt, der es zuvor schaffte, als Außenverteidiger fast zwei Jahre lang kein einziges Bundesligator vorzubereiten. Das finden wir wirklich bemerkenswert und sehen uns in unserer These bestätigt, dass man gegen den HSV in seiner derzeitigen Verfassung wahrscheinlich auch wahlweise die Freizeitmannschaft der Esel- und Muli-Freunde Deutschland e.V., die Brennball-C-Jugend der TSV Spangenberg/Pfieffe oder von uns aus auch Menderes Bagci und die DSDS-Allstars aufstellen könnte – der HSV würde es irgendwie schaffen, das Spiel zu verlieren.
Per Skjelbred
Bro’Sis, Alexander Klaws und der in diesem Text bereits viel zu oft erwähnte Menderes Bagci – haben Castingshows eigentlich jemals etwas Gutes hervorgebracht? „Ja“, wird man in Berlin sagen und voller Stolz auf Per Skjelbred verweisen, der in seiner Jugend einst eine Fußball-Castingshow im Fernsehen gewann. Skurril. Aber wie das so ist mit Castingshows: So richtig glamourös ist es dann doch nicht. Vor der Saison wurde der Mittelfeldspieler gegen Pierre-Michel Lasogga getauscht, sein Debüttor für den neuen Arbeitgeber schoss er am Sonntag in einem zähen Spiel gegen Freiburg, als er mit langem Bein einen Einwurf ins Tor grätschte. Mitunter ist die Realität dann eben doch ernüchternd und das erhoffte Startum ist ein staubiger Sonntagnachmittag im Mittelfeld der Bundesliga. Was, wenn wir an unseren Sonntagnachmittag voller Kater, Junkfood und Privatfernsehen zurückdenken, eigentlich schon wieder ziemlich erstrebenswert scheint.
Matthias Ostrzolek
Absicht, keine Absicht, unnatürliche oder natürliche Handbewegung, Handspiel, ja, nein, vielleicht? Wir wissen es nicht. Keiner weiß es, denn die Regelung bei Handspielen ist derzeit ähnlich unübersichtlich wie die Anordnung der Konsonanten in Ostrzoleks Namen. Was mitunter zu so kuriosen Spielen führt wie jenem zwischen Hannover 96 und Augsburg am Samstag. Ostrzoleks Team ging zunächst durch einen umstrittenen Handelfmeter in Führung, wenig später wurde den Hannoveranern ein umstrittener Handelfmeter verwehrt, kurz vor Schluss gewannen die 96er dann doch noch, dank eines, na klar, umstrittenen Handelfmeters. Pechvogel dabei war ebenjener Matthias Ostrzolek, wobei ihm an dieser Stelle kein Vorwurf gemacht werden kann, denn Absicht war es sicher nicht und eindeutig irgendwie auch nicht. Um allerdings im derzeitigen Regelwirrwarr einen wirklich eindeutigen Handelfmeter zu verursachen, müsste man den Ball wahrscheinlich schon mit beiden Händen aufheben und selber auf den Punkt legen.
Harald Strutz
Tja, es gibt so Tage, die kann man getrost vergessen. Richtig ärgerlich wird es dann, wenn man an so einem gebrauchten Tag Geburtstag auch noch hat. So erging es am Wochenende Mainz-05-Präsident Harald Strutz, der in der heimischen Arena gemütlich seinen 60. Geburtstag feiern wollte, dem dann aber von den Partycrashern aus Leverkusen ordentlich die wallende Altherren-Mähne gewaschen wurde. Vier hässliche Geschenke hatten die Leverkusener zur Party mitgebracht, die Stimmung auf Strutz’ Geburtstagsparty dürfte ähnlich fröhlich gewesen sein wie die auf der FDP-Wahlparty. Für die Strutz ironischerweise im Stadtrat von Mainz sitzt, was ihm am Sonntag zu einer weiteren richtig üblen Party verholfen haben dürfte. Aber der Mann sei getröstet: Auch wenn irgendwann die nächste Klatsche für den FSV kommt, wird zumindest die nächste FDP-Wahlparty ein wenig auf sich warten lassen.
Robbie Kruse
Dass Strutz die Partyhüte und Luftschlangen wieder wegpacken musste, lag auch an Leverkusens Robbie Kruse. Was nicht unbedingt zu erwarten war, denn als der Australier im Sommer verpflichtet wurde, war er das, was im Fußballsprech so schön als „Investition in die Breite des Kaders“ bezeichnet wird. Kruse selber schien die übermäßige Konkurrenz bei Bayer nicht zu abzuschrecken, vielleicht war er aber auch einfach nur froh, dass er nicht weiter mit Fortuna Düsseldorf durch den Profifußball dilettieren musste. Im Spiel gegen Mainz zeigte Kruse nun, dass er durchaus mehr kann, als die Sitzschalen auf den Tribünen des Landes auf ihre Beschaffenheit zu testen. Mit gleich zwei Toren war er gegen Mainz der Matchwinner.
Claudio Pizarro
Samba in der Lederhose! Was wie ein peinlich-klamaukiges Siebzigerjahre-Tittenfilmchen klingt, war für alle Schalker am Samstag traurige Realität. Denn irgendwann hatte Claudio Pizarro im Topspiel das 4:0 für die Bayern erzielt und begann mit seinen Kollegen in den Wiesn-Trikots Torjubel-Samba zu tanzen. Ein toller Anblick für alle Bayern-Fans, für jene, die es nicht mit dem Rekordmeister halten, waren die tanzenden Wiesnhosn der schwer aushaltbare Gipfel der Münchner Mia-san-Mia-Folklore. Das Getänzel sei ihnen aber zugestanden, denn wer Leute wie Altersteilzeitler Claudio Pizarro von der Bank bringen kann, der im sonnigen Herbst seiner Karriere immer noch besser ist als 90 Prozent aller anderen Bundesligaspieler, der darf sich dann ruhig auch ein wenig freuen, wenn dieser trifft. Und wenn es dann Samba in Lederhosen sein soll, bitteschön.
Ivica Olic
Auch Ivica Olic gehört mit seinen 34 Jahren bereits zum alten Eisen, allerdings hat sich der Kroate ähnlich gut gehalten wie Claudio Pizarro. Gegen die TSG Hoffenheim gelangen dem Fußballspieler gewordenen Ackerpflug seine Saisontore Nummer drei und vier, was die 22 Wolfsburgfans freute, die 17 Hoffenheim-Fans ärgerte und allen 32 Zuschauern, die auf „Sky“ die Option Wolfsburg – Hoffenheim wählten, einen unterhaltsamen Fußballnachmittag bescherte. Olic zu bringen sei immer eine gute Idee, sagte sein Trainer Dieter Hecking nach dem Spiel und insbesondere Olics zweites Tor, ein buttrig-zarter Heber, gibt Hecking absolut Recht.
Marco Russ
Frankfurts Marco Russ ist eigentlich eher ein Mann fürs Grobe. Zweikämpfe gewinnen, Gegner umholzen, Bälle ins Aus kloppen, so Sachen eben. Seit Kurzem reüssiert Russ allerdings auch als Torjäger. Zuletzt traf er unter der Woche gegen Bordeaux mit einem astreinen Stürmertor, gegen Stuttgart legte er am Sonntag nach und holzte den Ball aus dem Gewühl nach einer Ecke dreckig-humorlos in die Maschen. Ein wuseliges Abstaubertor, von dem wir hoffen, dass Ulf Kirsten es gesehen hat, denn er hätte sich gefreut. Fast hätte Russ in der zweiten Hälfte nach einer weiteren Ecke noch nachgelegt, aber leider kloppte er den Ball auf die Tribüne. Womit wir dann wieder bei seinem eigentlichen Aufgabenbereich wären.
Vedad Ibisevic
Normalerweise findet sich Vedad Ibisevic in dieser Liste, weil er Tore, Doppelpacks und ab und an auch einen Hattrick schießt. Diese Woche steht der Bosnier hier, weil wir ihm feierlich den „goldenen 11FREUNDE-Esel für vergebene Großchancen“ verleihen wollen. Im Spiel eher unauffällig, bot sich für Ibisevic in der Nachspielzeit des Spiels gegen Frankfurt die große Möglichkeit, einen Elfmeter zu verwandeln und den VfB damit zum Sieg zu schießen. Aber aus Ibisegoal wurde kurzerhand Ibisefail und der Bosnier drosch den Ball in den Stuttgarter Nachthimmel. So behielten die Frankfurter den Punkt und fuhren zufrieden nach Hause, während Ibisevic wahrscheinlich immer noch in den Katakomben der Mercedes-Benz-Arena nach seinen verlorenen Nerven sucht.
Timo Werner
Grund zu feiern gab es in Stuttgart immerhin für Timo Werner. Der schoss im Spiel gegen die Eintracht nämlich sein erstes Bundesligator und zeigte beim anschließenden Torjubel eine derart kindliche, ekstatische Freude, wie wir sie hier in der Redaktion das letzte mal gesehen haben, als ein Kollegen eine Scheibe Wurst zwischen den Sofapolstern fand. Bereits vor drei Wochen hatten wir Werner an dieser Stelle lobend erwähnt, lediglich sein Debüttor hatte ihm beim 6:2 gegen Hoffenheim nicht gelingen wollen. Das hat er nun nachgeholt, Glückwunsch dazu.