„De Fußball kummt häm“, verrät eine Werbekampagne in der Pfalz dem interessierten Betrachter, und daher präsentiert sich das beschauliche Kaiserslautern am dritten Achtelfinal-Spieltag als die schönste, weltoffenste und australischste Stadt Deutschlands. Auf der vollkommen überfüllten Fanmeile sind Polizisten mit Rollerblades unterwegs, es existiert eine „mittelalterliche Hanf- Bäckerei“, und es laufen mehr Tiere herum als in jedem zoologischen Garten. In freier Wildbahn sichten wir einen australischen Anhänger, der qua Trikotaufdruck als „Ronaldingo“ ausgewiesen ist, und nicht weniger als 10000 unterschiedliche Plastik- Kängurus. Wo immer sich Fans aus „Down under“ niederlassen, sind die aufblasbaren Viecher dabei. Die bizarre Obsession geht so weit, dass die Glücksbringer wie Barbie-Puppen angezogen werden und grundsätzlich ein Bier mehr bestellt wird – mit der logischen Erklärung: „This one’s for the kangaroo!“ Im Fritz-Walter-Biergarten auf dem Stiftsplatz steigt schon am frühen Nachmittag eine spontane Open-Air-Party, die jedem Surferstrand zur Ehre gereicht hätte. Die Sonne brennt, die Musik ist laut, das Bier fließt in Strömen. Und wer danach nicht Fan von John Farnham, Rick Springfield, Men At Work, Midnight Oil und natürlich AC/DC ist, der hat einfach nicht genug getrunken. Zwei Aussies erklimmen irgendwann den ersten Stock der angrenzenden Burger-Braterei, recken eine goldene Imitation des WM-Pokals in die Luft, und einer zeigt der annektierten Pfalz sein nacktes Hinterteil. Auch im Stadion ist die Zuversicht der Socceroos ungebrochen. „Berlin, Berlin, we’re going to Berlin!“ tönt es aus dem gelben Block. Die Tifosi wissen sich derweil nur mit einem Trick zu helfen und skandieren den Vornamen der ersten deutschen Spielerfrau. Fritz Walter hätte es bestimmt gefreut! Und der faule Zauber scheint seine Wirkung nicht zu verfehlen. Als sich viele Fans schon für ihr Verlängerungsbier anstellen und fieberhaft die möglichen Elfmeterschützen diskutieren, stürzt der Italiener Grosso über den am Boden liegenden Neill und reißt damit die vorletzten Gralshüter einer ewig währenden Fußballromantik aus ihren kühnen Träumen. There’s no way to Berlin!