Nach den erneut dürftigen Länderspielvorträgen in den vergangenen Tagen wächst die Kritik an Joachim Löw. Doch der Bundestrainer gibt sich unbeirrt.
Man kann das sture Kritikresistenz nennen oder joviale Entrücktheit, aber es erinnert auf fast schon dramatische Weise an die Situation im WM-Sommer 2018, als die deutsche Mannschaft als Titelverteidiger schon in der Vorrunde krachend gescheitert war. Bei dieser WM in Russland ist womöglich mehr kaputtgegangen, als viele wahrhaben wollten. Allen voran Löw selbst.
Nach der WM 2006 hatte Löw das Amt von Jürgen Klinsmann übernommen. Von da an schaffte es die Mannschaft bei allen großen Turnieren bis 2018 jeweils immer mindestens ins Halbfinale. Ein schöner Erfolg. Der Löw zugeschrieben wurde, auch wenn er wie kaum ein Bundestrainer vor ihm auf eine immense Ansammlung von guten Fußballern zurückgreifen konnte.
Doch mit jedem Turnier, in dem es nicht zum Titel reichte, wurden die Stimmen laut, die fragten, ob Löw überhaupt noch der Richtige sei. Vor allem nach dem vercoachten EM-Halbfinale von 2012 gegen Italien.
Und ja, der WM-Titel von 2014 hat viel mit Löw zu tun. Im Positiven. Sein größter Kniff war, dass er in Ermangelung geeigneter Außenverteidiger eine Viererkette aus vier Innenverteidigern formte.
Doch der Titelgewinn tat Löw nicht gut. Es schlich sich die Haltung bei ihm ein, wonach er als Weltmeistertrainer niemandem mehr etwas beweisen müsse. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, Löw lebe in seinem eigenen Sonnensystem. Damals war der Eindruck entstanden, als habe die alltägliche Arbeit sich aus Löws Alltag geschlichen. Löw wirkte selbstzufriedener, ja selbstgefälliger. Und so spielte seine Mannschaft dann auch.
Die eigentliche Tragik lag 2018 darin, dass es ihm nicht gelungen war, aus dem Weltmeisterteam von 2014 und dem Confed-Cup-Siegerteam von 2017 eine Mannschaft zu formen, die diesen Namen verdient.
Doch Löw machte weiter, er durfte weitermachen, als sei nichts passiert. Die Freiheit hatte ihm die damaligen Verbandsspitze um DFB-Präsident Reinhard Grindel eingeräumt, die seinen Vertrag als Bundestrainer schon vor der WM 2018 ohne Not bis 2022 verlängert hatte.
Ohne Gespür für die Situation und ohne auch nur den Ansatz einer Analyse vorgenommen zu haben, hatte sich die Verbandsspitze in einer Telefonkonferenz zu Löw derart bekannt, dass es am Ende wieder nur noch an Löw selbst lag.