Um seine schwangere Freundin zu sehen, hat Luka Jovic gegen die Quarantäne-Bestimmungen seines Heimatlandes verstoßen. Weshalb ihm nun gar der Knast droht, wie es heißt. Dabei liegt das Problem ganz woanders.
Für alle, die aktuell zuhause sitzen und am liebsten den Gang nach draußen antreten würden, hat Sofija Milosevic einen Tipp: „Du hast Schwierigkeiten, zuhause zu bleiben? Rasier dir die Augenbrauen ab!” Diese Texttafel teilte die Serbin am Dienstagmittag über Instagram. Beim Gedanken an ihren Freund Luka Jovic und den Ärger der vergangenen Tage ließe sich sagen: So ein Ärger, dass die Klingen kaputt waren.
Denn Serbiens Nationalspieler hat den Zorn eines ganzen Landes auf sich gezogen, in einer Aktion, die das Ausmaß einer Staatsaffäre angenommen hat und an dessen Ende der Einzug ins Gefängnis stehen könnte.
„Luka hat zwei Tests gemacht und beide waren negativ“, erklärte sein Vater Milan. „Deswegen dachte er auch, dass er nach Serbien kommen könnte. Nun wirkt es so, als sei er ein Schwerkrimineller. Aber wenn er ins Gefängnis muss, wird er gehen.“ Was war geschehen? Am 18. März feierte Sofija Milosevic ihren 29. Geburtstag, Jovic soll sich aus diesem Grund eine Genehmigung seines Klubs Real Madrid eingeholt haben, um mit einem Privatjet in die serbische Hauptstadt Belgrad reisen zu dürfen.
Die Spieler seines Vereins stehen aktuell allesamt unter Quarantäne, nachdem sich ein Basketballspieler von Real Madrid mit dem Coronavirus infiziert hatte. Und weil die Bedingungen in der spanischen Hauptstadt jeden Tag schlimmer werden. Spanien ist das in Europa am zweitstärksten betroffene Land. In den Krankenhäusern Madrids spielten sich in den vergangenen Tagen erstmals Szenen ähnlich wie denen im italienischen Norden ab. Personen mit Atemproblemen lagen auf einfach Planen in den Fluren der Kliniken – an jeder Ecke fehlt es an Personal und Geräten.
Luka Jovic jedoch reiste nach Belgrad. Und habe sich dort ebenfalls nicht an die Quarantäne gehalten – im Gegenteil. Er soll zwischen 20 und 5 Uhr auf den Straßen gesichtet worden sein, entgegen der Ausgangssperre, die aktuell in Serbien herrscht. Um auf einer Party den Geburtstag seiner Freundin zu feiern, wie es heißt. Um zur Apotheke zu gehen, wie Jovic selbst behauptet.
Im eigenen Land wurde Jovic kurzerhand zum Staatsfeind erklärt. „Willst du uns alle umbringen?”, titelte die Blik-Zeitung. Weshalb der Fall schnell eine politische Ebene einnahm. Regierungschefin Ana Brnabic rügte in einer Ansprache das Verhalten von Fußballern, auch wenn sie auf Namen verzichtete: „Sie verdienen Millionen und ignorieren derart wichtige Anweisungen.“ Präsident Aleksandr Vucic richtete sich direkt und mit drastischen Worten an den Stürmer: „Wenn er sein Appartement unerlaubt verlässt, wird er verhaftet.” Und die Behörden legten noch einmal nach, als sie betonten, dass es für die serbische Staatsanwaltschaft keinen Unterschied mache, welchen Job ein Straffälliger sonst nachgehe.
Die Androhung von einer Gefängnisstrafe sorgte dann auch dafür, dass sich Jovics Vater an die Öffentlichkeit wandte. Laut ihm habe sich sein Sohn sowohl in Spanien als auch in Serbien testen lassen – jeweils mit negativem Ergebnis. Und auch habe er sich nicht in der Öffentlichkeit aufgehalten, seine Freundin sei schließlich schwanger und müsse deshalb zuhause bleiben. Das Foto, das die beiden zur Verkündung der Schwangerschaft veröffentlicht hatten, sei vor Wochen in Madrid entstanden.
Und so wäre dieser Fall vermutlich auserzählt, irgendwo versandet zwischen den unterschiedlichen Aussagen der Beteiligten. Wer nun recht habe, wer abends noch eine Apotheke oder doch einen Schnaps brauchte – alles ungewiss, aber wird schon nicht wieder vorkommen. Wäre da nicht Luka Jovic selbst. Der äußerte sich selbst gegenüber AS. Und sah seinen Fehler gar nicht ein, sondern gab anderen Schuld: „Einige Menschen haben ihren Job nicht professionell gemacht und mir keine speziellen Anweisungen gegeben, wie ich mich in einer Isolation verhalten soll.”
Weshalb man sich fragen darf, welche professionellen Anweisungen ein Fußballprofi benötigt in einer Zeit, in der die ganze Welt stillsteht. Weil Menschen an einem Virus sterben. In Madrid, in Serbien und auf dem gesamten Globus. Und weshalb man sich fragen darf, wie weit ein Fußballer vom Geschehen entfernt leben darf. Ob es nicht besser wäre, wenn er sich also in Zukunft und vorab die Augenbrauen rasiert. Und dann einfach verschämt zuhause bleibt.