„Frankreich war gut, aber wir waren die bessere Mannschaft.“ Das behauptete Jogi Löw nach dem Spiel. Aber stimmt das überhaupt?
Nur Sekunden später schickte er an der linken Strafraumkante mit einer einzigen Körpertäuschung Skhodran Mustafi zum Hotdog-Stand, bevor er gefährlich in den Strafraum flankte. Nach Manuel Neuers Fehler vollstreckte Antoine Griezmann zum 2:0.
Die französische Mannschaft ist so gut und breit aufgestellt, dass sich Pogba die Kräfte und den entscheidenden Moment bis zu diesem späten Zeitpunkt im Spiel aufbewahren konnte.
Der Abstauber von Griezmann offenbarte zudem ihre gesamte Effektivität. Seit der zweiten Halbzeit gegen Irland spielt Griezmann auf der gleichen Position wie bei seinem Verein Atletico Madrid hinter der Spitze Olivier Giroud. Beide ergänzen sich, indem Giroud für Griezmann Lücken reißt, in die dieser aus der Intuition heraus startet.
Giroud klärt am eigenen Strafraum
Giroud ist nicht nur der Zielspieler, der dem deutschen Team fehlte, also vorne den Ball „festmacht“, wie es so schön heißt. Er arbeitete zudem mit nach hinten, Mitte der zweiten Halbzeit klärte Giroud am eigenen Strafraum.
„Griezmann war heute natürlich wieder ein entscheidender Spieler, weil er die Tore erzielt hat. Doch er und Olivier haben auch dazu beigetragen, dass wir kompakt gestanden haben“, merkte Deschamps nach dem Spiel an.
Nicht zuletzt profitierte Frankreich auch von Bastian Schweinsteigers unglücklicher Handbewegung. Bis zum Elfmeterpfiff kurz vor der Pause war die DFB-Elf spielbestimmend und dem 1:0 näher. Doch selbst in dieser Phase wirkten die Franzosen ruhig, fast stoisch. Sie haderten nicht miteinander, sondern besprachen sich sachlich wie in einem Philosophieseminar.
Vorne fast schon italienisch effektiv
Die späten Tore in der Gruppenphase und die Wende im Spiel gegen Irland haben den Franzosen eine angsteinflößende Selbstsicherheit verliehen. Das mag auch aus dem Heimvorteil resultieren, Unterstützung erhielten die Spieler jedoch nicht nur von den Rängen, sondern von der Bank. Acht Auswechselspieler liefen nach dem 2:0 auf den Rasen zum Torschützen, beim „Hu“-Jubel nach dem Spiel stand der komplette Staff zusammen mit der Mannschaft.
Das alles ergibt ein Bild von Frankreich als ein Kollektiv voller Selbstvertrauen, taktisch flexibel und diszipliniert, vorne fast schon italienisch effektiv. Es klingt wie die Stellenbeschreibung für einen Europameister.