Nicht zum ersten Mal in seiner Karriere hat Romelu Lukaku den Unmut seines Vereinsumfeldes auf sich gezogen. Zuletzt liebäugelte der Chelsea-Stürmer öffentlich mit einer Rückkehr zu Inter Mailand. Jetzt entschuldigte er sich – und muss nun zeigen, dass er es wirklich ernst meint.
Romelu Lukaku lächelt. „Nein, nein. Die Fans müssen mein Engagement auf keinen Fall hinterfragen“, beteuert der belgische Nationalspieler im Interview mit dem vereinseigenen Sender Chelsea TV. Dass es überhaupt Gründe für Zweifel an dieser Aussage geben könnte, dafür hatte der Stoßstürmer jüngst selbst gesorgt. Lukaku, der erst im Sommer für 115 Millionen Euro aus Mailand an die Stamford Bridge zurückgekehrt war, hatte kurz vor dem Jahreswechsel mit Sky Italia ein folgenschweres Gespräch geführt. Dort sagte der Belgier, dass er mit der momentanen Situation bei Chelsea unzufrieden sei. Angeblich würde Trainer Thomas Tuchel ein anderes System spielen lassen, als Lukaku bei seiner Verpflichtung versprochen worden war.
Zusätzliches Öl ins Feuer goss Lukaku, indem er seine Liebe zu seinem Ex-Verein kundtat. „Ich hoffe von ganzem Herzen, dass ich zu Inter zurückkehren werde und zwar nicht am Ende meiner Karriere, sondern während ich noch auf einem Top-Level bin, damit wir gemeinsam noch mehr gewinnen können“, sagte Lukaku. „Jetzt ist die Zeit gekommen, meine Gefühle zu teilen. Ich habe immer gesagt, dass ich Inter im Herzen trage.“
In London zeigte man sich über diese Aussagen mehr als irritiert. „Ich erlebe ihn nicht als unglücklich“, sagte beispielsweise Thomas Tuchel, der das Ganze zunächst nicht zu hoch hängen wollte, den Stürmer aber letztendlich doch für das Spitzenspiel gegen den FC Liverpool am vergangenen Sonntag aus dem Kader strich. „Am Freitag dachten wir noch, wir können die Situation gut handhaben, am Samstag gab es aber wieder neue Aussagen und es wurde zu laut. Es war zu viel Lärm und wir haben uns nicht mehr auf das Spiel konzentriert“, begründete Tuchel seine Entscheidung. Anfang der Woche folgte nun das klärende Gespräch zwischen Spieler und Trainer, das laut italienischen Medienberichten in einer Geldstrafe von rund 500.000 Euro und der öffentlichen Entschuldigung Lukakus mündete.
Lukaku gehört nun wieder zum Kader des FC Chelsea. „Das Wichtigste war für mich, dass es nicht beabsichtigt war, diese große Unruhe vor einem wichtigen Spiel zu entfachen“, blickt sein Coach auf den internen Austausch mit dem Belgier zurück. „Zudem war es sein erstes Fehlverhalten gegenüber der Mannschaft.“
Auf Lukakus halbes Jahr bei den Londonern mag Tuchels Aussage durchaus zutreffen. Bei Betrachtung seiner gesamten Karriere fällt allerdings auf, dass das Interview keineswegs die erste unglückliche Handlung des mittlerweile 28-Jährigen darstellt. Als Lukaku im Oktober 2018 noch bei Chelseas Ligarivalen Manchester United unter Vertrag stand, wurde er gefragt, ob er in Zukunft offen für einen Wechsel nach Italien wäre. Der Belgier antwortete: „Warum nicht? Ich hoffe, es passiert.“ Zu diesem Zeitpunkt war Lukaku gerade einmal etwas mehr als ein Jahr bei den Red Devils. Im Sommer zuvor hatte er einen Vertrag über fünf Jahre unterschrieben – genauso wie vor einem halben Jahr bei Chelsea. Im darauffolgenden Sommer verabschiedete sich Lukaku dann tatsächlich nach Italien.
Auch sein Abgang aus Mailand verlief alles andere ruhig. Nachdem Lukakus Rückkehr auf die Insel feststand, verschafften die Inter-Fans ihrem Ärger Luft. Ein zur Meisterschaft angefertigtes Wandgemälde des Stürmers am Giuseppe-Meazza-Stadion wurde von den Tifosi beschmiert. Die Ultra-Gruppe Curva Nord Milano verbreitete zudem ein Statement über die Sozialen Medien. „Wir hätten von dir ehrliches und transparentes Verhalten erwartet“, schrieben die Fans. „Obwohl wir dich wie einen Sohn willkommen geheißen und wie einen von uns beschützt haben, hast du bewiesen, dass du wie alle anderen vor dem Geld auf die Knie fällst.“ Wenige Wochen zuvor hatten sowohl Inter als auch Lukaku noch kundgetan, dass der Stürmer beim Meister bleiben würde.
Im Interview Ende Dezember bei Sky Italia sprach Lukaku davon, dass er durchaus bei Inter hätte weiterspielen wollen, der Klub aber nicht die finanziellen Mittel besaß, um seinen Starstürmer zu halten. Er sei im letzten Sommer zu den Verantwortlich gegangen und habe nach einem neuen Vertrag gefragt, doch hätte eine Absage kassiert. Das sei für ihn schwer zu akzeptieren gewesen. Über einen Wechsel zu Chelsea habe er zudem auch erst nachgedacht, als das Angebot auf dem Tisch lag. „Ich bin ein Fan von Chelsea, seit ich ein Kind bin. Das ist mein Lieblingsverein. Als ich 18 wurde, bin ich hier her gewechselt und es hat nicht funktioniert“, fasste Lukaku seine erste Zeit an der Stamford Bridge zusammen und ergänzte: „Deswegen hatte ich die Mission und Herausforderung mit Chelsea immer im Kopf.“
Einen Großteil seines Kredits bei den Chelsea-Anhängern dürfte der 1,91-Hüne aber trotzdem vorerst verspielt haben. Der Verein gibt ihm jetzt jedoch die Möglichkeit, sich zu rehabilitieren. Im League Cup gegen Tottenham Hotspur stellte ihn Thomas Tuchel direkt wieder in die Startelf. Lukaku hatte zwischenzeitlich die Chance aufs 3:0, vergab aber. Der Belgier wirkte über die kompletten 90 Minuten bemüht, agierte aber letztlich glücklos.
Am Samstag trifft Chelsea in der dritten Runde des FA Cups auf den FC Chesterfield. Wenn sein Trainer erneut auf ihn setzt, wird Romelu Lukaku sich gegen den Fünftligisten wieder in die Torschützenliste eintragen wollen. Denn nichts wird die Chelsea-Fans mehr beruhigen als Treffer ihres Mittelstürmers. Dass er sich dieser Tatsache bewusst ist, hatte Lukaku bei seiner Entschuldigung bereits durchklingen lassen: „Es liegt an mir, euer Vertrauen zurückzugewinnen.“