Dortmund an Bebeto dran! Was läuft da mit Fortuna Düsseldorf und Maradona? Eric Cantona und Zvonimir Boban zum KFC Uerdingen! Funktionäre erzählen von den Beinahe-Transfers ihres Lebens.
Heute wird Bebeto 60 Jahre alt. Dieser Text erschien erstmals in Ausgabe #230. Das Heft ist im Shop erhältlich.
„Bebeto unterschrieb einen Vertrag, der Deal für acht Millionen war fix!“
1992 kam Bebeto gerade aus einer Verletzungspause zurück. Er spielte damals bei Vasco da Gama, hatte einen Kreuzbandriss auskuriert, und aus Beraterkreisen hörte ich, dass er unbedingt nach Europa wechseln wollte. Das war natürlich interessant, Bebeto war ein Weltklassestürmer. Also nahmen wir die Verhandlungen mit seinen Beratern auf und einigten uns auch. Für acht Millionen Mark war der Deal fix. Und damit meine ich fix, denn Bebeto unterschrieb einen Vertrag. Dem Kicker sagte ich damals: „Der Wechsel kann eigentlich nicht mehr scheitern.“ Dumm nur: Ohne das Wissen seiner Berater verhandelte Bebeto parallel mit Deportivo La Coruna und unterschrieb auch dort einen Vertrag. Weswegen wir die Fifa einschalteten. Die sprach uns zwar eine Entschädigung zu, Bebeto ging aber nach La Coruna, wo er groß aufspielte. Schade drum, Bebeto in der Bundesliga wäre sensationell gewesen. Jahre später kreuzten sich unsere Wege dann noch einmal. Für das Weltpokalfinale 1997 verpflichtete unser Gegner Cruzeiro noch rasch drei Spieler, unter anderem Bebeto. Er war ja ein melancholischer Spielertyp, der mit Härte nicht gut umgehen konnte. Das wussten wir, vor allem Stefan Reuter, der Bebeto 90 Minuten lang bearbeitete. Das Ergebnis ist bekannt, wir gewannen den Pokal. Das Wiedersehen mit Bebeto verlief also sehr zu unserer Freude. Zu unserer Schadenfreude.
Michael Meier war von 1989 bis 2005 im Vorstand des BVB. Bebeto ging 1992 nach La Coruna und schoss in 159 Spielen 102 Tore. 1994 wurde er Weltmeister.
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„Der Manager sagte: Mit dem Exoten können wir nichts anfangen!“
Ich war zum Scouting in Kiew. Eigentlich für ein Spiel der A‑Nationalmannschaft, aber vorher spielte die U21, also sah ich mir die auch an. Und sah den blutjungen Andrij Schewtschenko. Ich wusste sofort: Das ist eines der größten Stürmertalente überhaupt, ein potentieller Weltstar. Unglaublich dynamisch, beidfüßig, technisch großartig. Keine Kante, im Gegenteil, aber dennoch unfassbar durchsetzungsstark. Und dann dieser Torabschluss. Ich sprach ihn nach dem Spiel an, er war ein verschüchterter Junge, der mit dem Westen nichts zu tun hatte. Aber er war sehr angetan davon, geradezu freudig erregt, zum 1. FC Köln zu wechseln. Also handelte ich noch in Kiew den Deal aus, mit Walerij Lobanowskyj, der damals in der Ukraine quasi für alles zuständig war. Die Ablösesumme war lächerlich, wir hätten 150 000 Mark bezahlt. Ich rief den damaligen Präsidenten Klaus Hartmann an und sagte ihm, dass ich einen Spieler an der Angel habe, den ich für einen kommenden absoluten Superstar halte. Hartmann gab das weiter an den damaligen Manager Karl-Heinz Rühl. Der sagte sinngemäß: „Mit diesen Exoten vom Neururer können wir nichts anfangen.“ Und holte dann Goran Vucevic. Na, Glückwunsch. Den konnte ich höchstens fürs Fußballtennis gebrauchen. Wenig später bezahlte der AC Milan fast 40 Millionen Mark für Andrij Schewtschenko. Während der 1. FC Köln abstieg. Ich habe Schewtschenko nie wiedergesehen. Außer im Fernsehen, in der Champions League.
Peter Neururer rettete den FC 1996 vor dem Abstieg, 1997 wurde er entlassen. Schewtschenko wechselte 1999 zu Milan und machte 175 Tore in 322 Spielen.
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„Cantona bei Bayer Uerdingen? Wir entschieden uns, das nicht zu verfolgen.“
Als ich 1990 Cheftrainer in Uerdingen war, suchten wir Verstärkung für die Offensive. Zum Scouting fuhr ich nach Zagreb und sah mir ein Spiel von Dinamo an. Dreh- und Angelpunkt: Zvonimir Boban. Ein Riesenfußballer, Typ Spielmacher, aber auch selbst extrem torgefährlich. Er war erst 21 Jahre alt, aber strahlte eine unglaubliche Gelassenheit auf dem Platz aus. Nach dem Spiel lernten wir uns kennen und gingen in ein Restaurant, um über einen möglichen Wechsel zu sprechen. Auch sein Berater und ein, zwei andere Spieler, die für uns interessant waren, waren dabei. Neben dem Platz war Boban genau wie auf dem Platz: sehr gelassen, sehr locker. Ich hatte allerdings gleich das Gefühl, dass sein Berater ihn lieber nach Italien bringen wollte, und so kam es später dann ja auch. Man muss sagen, dass wir als Bayer Uerdingen eine Nummer zu klein waren. Da half es auch nichts, dass ich Boban erzählte, die Bundesliga sei eine der stärksten Ligen der Welt. Wir waren halt nicht Bayern München. Trotzdem blieben wir noch ein paar Wochen in Kontakt und versuchten alles, wir wollten ihn unbedingt, und zwischenzeitlich dachten wir auch, es klappt. Aber letztlich ließ es sich nicht realisieren. Als Trainer blutet dir da das Herz, wenn du so nah dran bist, so einen Spieler zu bekommen. Genauso wie bei einem anderen Star, der mir zu der Zeit angeboten wurde: ein gewisser Eric Cantona. Eines Tages klingelte mein Telefon und ein Berater war am Apparat. Ob der Cantona nicht einer für Bayer Uerdingen wäre, fragte er mich. Cantona war damals bei Marseille und hatte in Frankreich schon diverse Skandale hinter sich, aber mit schwierigen Typen kannte ich mich aus. Ich weiß aber bis heute nicht, wie ernsthaft dieses Angebot war. Wir entschieden uns, das nicht zu verfolgen, weil wir von vornherein dachten, dass Cantona eine Nummer zu groß für uns ist.
Horst Wohlers war 1989/90 Trainer bei Uerdingen. Boban holte mit Milan die Champions League, Cantona gewann mit Man United viermal die Premier League.
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„Ralf Rangnick flog nach Brasilien und überreichte Ronaldo ein VfB-Trikot.“
Ich hatte sehr gute Kontakte nach Brasilien, eines Tages bekam ich einen Anruf. Da gebe es einen 17-jährigen Mittelstürmer, der für Furore sorgt und den wir uns unbedingt anschauen müssten. Ein Riesentalent, und für 3,5 Millionen Dollar zu haben. Ich sah mir, wie es damals üblich war, ein paar Videokassetten des Jungen an. Mir war schnell klar: Wenn sich nur die Hälfte dessen, was auf den Kassetten zu sehen war, live bestätigte, redeten wir hier über einen kommenden Weltstar. Weil ich selbst verhindert war, bat ich Ralf Rangnick, nach Brasilien zu fliegen, um sich live ein Bild von Ronaldo zu machen. Rangnick war damals unser Jugendkoordinator, und ich wusste, dass er ein gutes Auge für Spieler hatte. Er rief mich direkt nach dem Spiel an: „Dieter, wir müssen den holen. Sofort. Wir dürfen keinen Moment zögern.“ Ich hatte Ralf ein VfB-Trikot mitgegeben, das er Ronaldo nach dem Spiel überreichte. Und auch Ronaldo konnte sich einen Wechsel zum VfB Stuttgart vorstellen. Also ging ich zu Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder und sagte ihm: „Wir haben einen Ausnahmestürmer an der Angel und können ihn haben. Er kostet allerdings 3,5 Millionen Dollar.“ Das war damals viel Geld, insbesondere für einen 17-jährigen Brasilianer, der Europa noch nicht kannte. Mayer-Vorfelder hatte schon eine gewisse Risikobereitschaft, aber bei Ronaldo konnte er nicht über seinen Schatten springen. Auch nach einigen Gesprächen nicht. Ich konnte das auch verstehen, der VfB schwamm damals nicht im Geld und der Transfer war trotz allem mit Risiko behaftet. Aber natürlich habe ich Ronaldo eine kleine Träne nachgeweint. Wenige Monate später ging er zu PSV Eindhoven, der Rest ist bekannt. Wir haben für den Sturm weitergesucht und waren auch kurz an Ivan Zamorano dran. Aber auch da scheiterte der Wechsel am Geld. Wir holten dann Giovane Elber, und das war ja auch ein phantastischer Transfer. Wobei ich ein Magisches Dreieck mit Ronaldo gern gesehen hätte. Übrigens: Wir scouteten neben Ronaldo damals noch einen anderen Spieler in Brasilien, einen jungen Spielmacher namens Dener. Dener war ebenfalls ein Ausnahmetalent und eine ganz tragische Geschichte. Nach dem Spiel, in dem ihn Ralf Rangnick beobachtet hatte, fuhr er mit einem Freund nach Hause. Und kam bei einem Autounfall ums Leben.
Dieter Hoeneß arbeitete von 1990 bis 1995 im Vorstand des VfB Stuttgart. Ronaldo wurde Weltmeister und dreimal Weltfußballer des Jahres.
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„Wir suchten schon ein Haus für Gullit am Starnberger See.“
Ruud Gullit war 1988 das, was Cristiano Ronaldo heute ist. Ein absoluter Superstar, Spielmacher beim AC Mailand, amtierender Weltfußballer. Und es war alles klar mit ihm. Der Vertrag war vereinbart, Gullit hatte die medizinische Untersuchung bei Dr. Müller-Wohlfahrt hinter sich und die Zehn als Trikotnummer war festgelegt. Wir suchten sogar schon ein Haus für ihn am Starnberger See. Um 14 Uhr sollte er zur Vertragsunterzeichnung auf die Geschäftsstelle kommen. Es waren alle da: Beckenbauer, Rummenigge, Hoeneß, Scherer. Ich hatte die Pressemitteilung fertig: „Ruud Gullit ist Spieler des FC Bayern München“. Um 14 Uhr kam er dann und sagte, er müsse noch einmal mit seiner Frau telefonieren. Er ging aus dem Raum, kam wenig später wieder und sagte: „Ich werde diesen Vertrag nicht unterschreiben“. Wir waren fix und fertig. Anscheinend hatte seine Frau Bedenken wegen Rassismus in Deutschland. Wir konnten nichts machen.
Markus Hörwick war von 1983 bis 2016 Pressesprecher der Bayern. Gullit gewann 1988 die EM mit Holland und 1989 und 1990 den Landesmeistercup mit Milan.
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„Maradona wollte 15 000 Dollar pro Spiel – das habe ich mich nicht getraut.“
Ein Freund sagte mal: „Betrachte Fußball wie Kunst. Maradona für Fortuna!“ Das gefiel mir, also sollte unsere Manager Frank Mill im Sommer 1997 herausfinden, ob wir Maradona kriegen können. Nach ein paar Wochen kam er zu mir und sagte: „Jetzt habe ich ihn. Wir können ihn kriegen.“ Maradona war damals schon 37 und wollte 15 000 Dollar pro Spiel plus Handgeld. Das habe ich hochgerechnet – und habe mich dann nicht getraut, das Ding durchzuziehen. Im Nachhinein totaler Wahnsinn. Maradona im eiskalten Rheinstadion, das wäre toll gewesen. Als er jetzt starb, habe ich wirklich eine Träne verdrückt.
Helge Achenbach war ab 1997 fünf Jahre Präsident der Fortuna. Diego Maradona bestritt am 25. Oktober 1997 sein letztes Profispiel: River Plate – Boca Juniors 1:2.