Inter Mailand steht vor Umwälzungen: Das Logo, das Stadion, der Besitzer, ja sogar der Name soll sich ändern. Was passiert da?
Es läuft bei Inter Mailand so gut, wie seit Jahren nicht mehr: In der Liga wurde der zweite Tabellenrang gefestigt; der Rückstand auf den Tabellenführer AC Mailand, der am Wochenende gegen Atalanta Bergamo verlor, auf zwei Zähler verkürzt werden. Als wäre das nicht schon schön genug, machte Inter dann am Dienstag auch noch den Einzug ins Halbfinale des Coppa Italia klar – mit einem Sieg über den Stadtrivalen AC. Für die Schwarz-Blauen geht es sportlich also wieder aufwärts. Doch die neue Konstanz auf dem Platz ist trügerisch, denn im Hintergrund herrscht Unruhe: Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll es ein neues Logo, einen neuen Sponsor, einen neuen Besitzer, ein neues Stadion geben und es könnte sogar sein, dass der Verein einen neuen Namen erhält.
Der Verein selbst hat zu den Meldungen zwar noch keine Stellung bezogen, doch laut „Gazzetta Dello Sport“ soll Inter bald im Rahmen einer größeren Kampagne die ersten Neuerungen vorstellen. Als mögliches Datum für die Verkündung wird der 9. März gehandelt; da feiert der Klub sein 113-jähriges Jubiläum. Aktuell tragen die Inter-Profis noch das markante Wappen aus dem Jahr 1908, das damals von Inter-Mitbegründer Giorgio Muggiani, der hauptberuflich als Maler tätig war, entworfen wurde. Bald weichen dürfte es für ein neues, moderneres Logo in dem nicht mehr die Buchstaben F, C, I und M, sondern nur noch die zwei Buchstaben I und M zu sehen sind. Das würde jedenfalls Sinn ergeben, wenn man noch an die geplante Namensänderung denkt: Denn das sperrige „FC Internazionale Milano“ soll zu „Inter Milano“ verknappt werden; das bestätigen die „Gazzetta dello Sport“ sowie der „Corriere della Sera“. Das Markenpotential des Vereins, der ohnehin auch im deutschsprachigen Raum meist Inter Mailand genannt wird, soll durch den neuen Namen gestärkt werden.
Widersprochen wurde der Änderung hingegen durch die Zeitung „La Repubblica“. Das alles erinnert jedoch sehr an den Serie-A-Rivalen Juventus Turin, der schon 2017 sein Logo erneuert und seitdem auf ein schlichtes Design aus den zwei Buchstaben J und T setzt. Der Schritt war beispiellos, wurde von vielen Seiten kritisiert, aber vielerorts auch aufgrund des konsequenten Redesigns des Klubs bewundert.
Und das Logo dürfte nicht das Einzige sein, das sich auf den Inter-Trikots ändert: Nach einem Vierteljahrhundert soll der Reifenhersteller „Pirelli“ als Trikotsponsor vor dem Absprung stehen. Mit „Evergrande“ könnte ein chinesischer Sponsor folgen. Obendrein ist noch ein Stadionumbau in Planung – und zwar gemeinsam mit dem Stadtrivalen AC Mailand. Ein Abriss des altehrwürdigen Giuseppe-Meazza-Stadions, das sich Inter und der AC ohnehin schon teilen, ist bereits genehmigt. Der Neubau soll 1,2 Milliarden Euro kosten und irgendwann an selber Stelle wie das einstige „San Siro“ stehen.
Die größte Änderung steht offenbar im Hintergrund bevor: Bereits seit Monaten machen Meldungen die Runde, dass die chinesische „Suning Holdings Group“, aktueller Hauptanteilseigner von Inter, den Klub zum Verkauf anbieten möchte. Als möglicher Interessent wird das in London ansässige Beteiligungsunternehmen „BC Partners Limited“ gehandelt.
Derlei Änderungen kommen nicht von ungefähr, waren die letzten zehn Jahre für den Mailänder Klub unstet: Zwar beendete Inter die Saison 2019/20 auf dem zweiten Rang der Serie A, erreichte zudem das Finale der Europa League und fuhr damit die besten Ergebnisse seit Jahren ein. Dennoch reichte es für den Verein, der 2010 noch das Triple holte, wieder nicht zu Titeln. Der letzte Erfolg der Vereinsgeschichte datiert aus dem Jahr 2011, damals holte Inter die Coppa Italia. Schlagzeilen machte Inter in den letzten Jahren eher durch personelle Rochaden: Ob im Kader, auf der Trainerbank, oder auch in der Führungsetage. Besonders pikant: Die wechselhafte Investorengeschichte, die im August 2012 begann, als bekannt wurde, dass der langjährige Vorstandsvorsitzende Massimo Moratti Anteile an ein Konsortium aus chinesischen Investoren verkaufen und diese somit zum zweitgrößten Anteilseigner von Inter machen würde. Schon im Oktober 2013 übernahm dann wiederum die indonesische Gruppe „International Sports Capital“ gleich 70 Prozent der Anteile des Vereins, wurde somit Hauptanteilseigner und stellte mit dem indonesischen Geschäftsmann Erick Thohir den neuen Vorstandsvorsitzenden. Moratti blieb Ehrenpräsident.
Im Juni 2016, stieg dann die „Suning Holdings Group“ ein und investierte 270 Millionen Euro für 68,55 Prozent des Klubs. Somit stellten die neuen, chinesischen Hauptanteilgseigner auch den Präsidenten, der zunächst Zhang Jidong hieß. Am 28. Oktober 2018 wurde wiederum dessen Sohn Steven Zhang Nachfolger im Präsidentenamt. Steven Zhang erhoffte sich, dass der Milliardenkonzern durch die Investition in Inter bekannter werden würde.
Doch Inter geriet zuletzt in eine finanzielle Schieflage: Mehrere Medien berichten, dass der Klub im November und Dezember keine Gehaltszahlungen getätigt habe. Laut „Gazzetta dello Sport“ soll den Inter-Kickern in vier Monaten kein Salär überwiesen worden sein. Von Alessandro Antonello, Finanzchef bei Inter, sowie Sportdirektor Giuseppe Marotta soll es Zusagen an die Spieler gegeben haben, dass sie die Löhne für die Monate Juli und August spätestens zum 16. Februar erhalten. Sollten die Spieler auch bis dahin nicht entlohnt worden sein, müsste Inter mit einem Punktabzug rechnen. Hinzu kommt, dass Inter im Fall von Achraf Hakimi den Transferpartner Real Madrid um Aufschub bei einer ausstehenden Rate bat. Im Dezember erfolgte die Zahlung der ersten von vier Raten nicht; Inter soll erst im März fähig sein, zu zahlen. Berichten des „Corriere Dello Sport“ zufolge möchte Real nun konkrete Garantien über die Finanzkraft von Inter haben. Sollte der Klub aus Mailand keine vorlegen können, bestünde für Real sogar die Möglichkeit, den 40-Millionen-Mann Hakimi gegebenenfalls zurückzufordern.
Grund für die Schulden in der aktuellen, sportlich erfolgreichen Zeit, sind vor allem die hohen Spielergehälter von angeblich 280 Millionen Euro pro Jahr. Zudem sind durch die Corona-Pandemie die Umsätze eingebrochen. Die Nettoverschuldung soll sich auf 350 Millionen Euro belaufen. Dass das europäische Beteiligungsunternehmen „BC Partners Limited“, das als kommender Abnehmer gehandelt wird, den Verein für 500 Millionen übernehmen möchte, ist somit erstmal nur für einen profitabel: Für die „Suning Holdings Group“, die sich anno 2016 für etwas mehr als die Hälfte der kolportierten Summe den Hauptanteil an Inter sicherte. Die chinesische Firma würde einen gewaltigen Gewinn einfahren – und dennoch einen verschuldeten Verein hinterlassen.
Mittlerweile bestätigte Inters CEO Giuseppe Marotta das Interesse von „BC Partners Limited“; bereits seit Dezember kursiert deren Kaufinteresse als Gerücht. Zuvor hatte Zhang, der lange davon sprach, dass es keinen Verkauf geben würde, derlei Berichten widersprochen. Es zeichnet sich ab, dass Inter nach fünf Jahren in chinesischer Hand bald wieder den Besitzer wechseln dürfte. Und das auch sonst wenig gleich bleibt, bei den Schwarz-Blauen aus Mailand.