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Seite 2: Wir können das alles noch ändern!

In diesem Set­ting also ist Alfred Draxler der neue Experte. Er teilt sich die Rolle mit Mario Basler, Stefan Effen­berg und Marcel Reif.

Draxler, das muss man wissen, macht gerne Stim­mung und liebt Alt­her­ge­brachtes. Er schießt scharf gegen Fans, die Ver­än­de­rungen for­dern, und er kum­pelt mit Profis, Funk­tio­nären und Mäch­tigen. Kaum einer klebte so sehr an der Seite von Franz Becken­bauer oder Lothar Mat­thäus wie er. Vor der WM 2006 war er daher sehr irri­tiert dar­über, dass Jürgen Klins­mann ihm den exklu­siven Zutritt zur DFB-Elf ver­wei­gerte. In der Bild“ hieß der Team­chef fortan Grinsi-Klinsi“. Später stritt Draxler vehe­ment ab, dass es vor der Ver­gabe der WM 2006 Schmier­geld­zah­lungen gegeben habe. Er stellte sogar eine Inten­siv­re­cherche“ an, die auf langen und inten­siven” Gesprä­chen mit seinen Freunden beim DFB basierte. Das Ergebnis prä­sen­tierte er in einem Artikel, den der vorab zum Gegen­lesen an den amtie­renden DFB-Prä­si­denten Wolf­gang Niers­bach schickte. Betreff­zeile: Ich kann noch alles ändern.“ 

Kurzum: Nie­mand passt so gut zu einen Fuß­ball­stamm­tisch wie dieser Mann.

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Alfred Draxler mit seinen Freunden Roger Witt­mann, Horst Heldt und Cle­mens Tön­nies auf Inten­siv­re­cherche.

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Also noch mal: Warum stört man sich daran? Man stellt sich doch auch nicht an die Schin­ken­straße in El Arenal und nör­gelt über das Unter­hal­tungs­pro­gramm. Spielt doch mal John Col­trane im Bier­könig“! Macht mal eine Tomas-Tran­strömer-Lesung im Ober­bayern“!

Viel­leicht liegt es daran, dass der Dop­pel­pass“ viele der Kri­tiker seit ihrer Jugend begleitet. Er war immer da. Eine Helmut-Kohl-Erschei­nung. Er war eine Instanz. Wäh­rend sie aber den Fuß­ball im Laufe der Jahre dif­fe­ren­zierter betrach­teten oder eine gesunde Distanz auf­bauten, blieb der Dop­pel­pass“ immer nur der Dop­pel­pass“: ein­fältig, mono­kausal, rück­wärts­ge­wandt und vor allem dicker Kumpel mit dem Fuß­ball­ge­schäft. 

Nun sah man in den ver­gan­genen Wochen manchmal neue Gesichter in der Runde. Eine Jour­na­listin aus Mainz zum Bei­spiel, ein Pod­caster aus Frank­furt und ein ehe­ma­liger Teil­zeit-Ober­lip­pen­bart­träger von 11Freunde. U40-Jäh­rige, die nicht in Ver­dacht stehen, sich von Titeln, einer Sport­bild-Visi­ten­karte oder einem Pro­mi­nen­ten­status beein­dru­cken oder gar ein­schüch­tern zu lassen. So wie der erwähnte Max-Jacob Ost, der vor einem Monat Uli Hoeneß gegen­über saß. Ein Bayern-Anhänger wohl­ge­merkt, der klug die Ent­wick­lungen in der Liga und bei seinem Lieb­lings­verein hin­ter­fragte. Als er von einer Monopol-Stel­lung des FC Bayern sprach, schaute Hoeneß ihn an, als würde vor ihm ein rosa Ele­fant sitzen und Luft­bal­lons auf­blasen. Wieso, Him­mel­herr­schafts­zeiten, kri­ti­siert ein Bayern-Fan die Bayern? 

Draxler zu einem der vier Weisen der Sen­dung zu erheben, schwingt also auch eine Ent­täu­schung mit. Schließ­lich hätten die Doppelpass“-Macher mit ihren neuen jungen Gästen aus der Kurve einen Kurs­wechsel sug­ge­riert. Weg vom Bou­le­vard, hin zum lite­ra­ri­schen Fuß­ball­quar­tett. Oder zumin­dest hin zu einer modernen Dis­kus­sion. Weniger Popu­lismus, weniger Hys­terie, weniger Ich-sach-mal-Rhe­torik, dafür mehr Hin­ter­gründe.

Aber mal ehr­lich: Wer will das in dieser Sen­dung über­haupt? Man stelle sich eine Doppelpass“-Runde vor, in der Max-Jacob Ost, Klaas Reese, Philipp Köster von 11FREUNDE und Nicole Selmer vom Bal­les­terer über die Zukunft des Fuß­balls spre­chen und sich gegen­seitig zumin­dest ganz okay finden. Dazu noch Thomas Hitzl­sperger und als Funk­tionär Oke Gött­lich. Erin­nert an eine Zeit, als Kir­chen ver­suchten, den Got­tes­dienst moderner und offener zu machen. Mit Gitarre spie­lenden Pfar­rern, die ihre Pre­digten in Jugend­sprache hielten. Das mag in einem anderen Rahmen inter­es­sant sein, nur im Dop­pel­pass“ wäre es gro­tesk. Im Dop­pel­pass“ sitzen eben Mario Basler, Stefan Effen­berg und Alfred Draxler.

Wie auch immer: die erste Draxler-Folge ver­lief exakt so, wie man es erwartet hatte. Es ging um den Spieltag, um Neuz­gänge, Trans­fers, aber auch um die Zukunft des Fuß­balls und eine neu gegrün­dete Taskforce, die sich fragt, wie der Fuß­ball sich ver­än­dern sollte. Wie er gerechter werden kann, sozialer, nach­hal­tiger. Grünen-Poli­tiker Cem Özd­emir war zu Gast, als Quasi-Gegen­spieler der alten Fuß­ball­herren, und sprach einige wich­tige Punkte an: Gehälter, Bera­ter­ho­no­rare, Fern­seh­gelder, die Schere, die immer größer werde. Und Draxler? Der inten­siv­re­cher­chierte spontan: Alles gut, wie es ist, die Taskforce werde nichts ver­än­dern, sie sei eine reine Ali­bi­ver­an­stal­tung“. Und sowieso: Man sollte doch eher über Anfein­dungen gegen­über Dietmar Hopp und andere dis­kri­mi­nierte Mil­li­ar­däre spre­chen. 

Es folgte das Übliche: Feuer frei auf Twitter. Hass, Spott, Ironie. Und gegen 13 Uhr fragte man sich, wie lange es noch dauert, bis der Tatort“ beginnt. Ein rundum gelun­gener Sonntag also. Hal­le­luja.

Anmer­kung: In einer vorigen Fas­sung stand, dass eine Pod­cas­terin aus Mainz zu Gast im Dop­pel­pass“ war. Sie ist aller­dings haupt­be­ruf­lich Jour­na­listin. Wir haben das geän­dert.