Belarus ist in den letzten Wochen von Gewalt geprägt. Auch Sportler werden nicht verschont, wie die traurige Geschichte der beiden Fußballer Pavel Rassolko und Sergey Koseka zeigt.
Zwei Spieler vom FC Krumkachi wurden am Sonntag von der belarussischen Polizei festgenommen. Der Vorwurf lautet, sie hätten an einem Angriff auf einen Polizeibus teilgenommen. In der Nacht auf Montag musste einer der Spieler mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Am Sonntagnachmittag befanden sich Pavel Rassolko und Sergey Koseka, die aktuell für den belarussischen Zweitligisten FC Krumkachi spielen, auf dem Heimweg vom Training, als es auf der anderen Straßenseite zu tumultartigen Szenen kam. Männer in Zivilkleidung zerrten einen Demonstranten, der sich an den Protesten gegen den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in der Minsker Innenstadt beteiligte, in einen kleinen Bus ohne Nummernschild.
Die Männer, die den Demonstranten in den Wagen gezogen hatten, waren vom belarussischen Geheimdienst, heißt es. Eine Gruppe von Protestierern versuchte daraufhin, den Mann zu befreien. Um das Fahrzeug bildete sich eine Menschentraube. Dabei soll der Bus durch Schläge und Tritte beschädigt worden sein.
In Minsk kommt es seit der umstrittenen Wiederwahl von Präsidenten Lukaschenko Anfang August regelmäßig zu Demonstrationen. Mehrere Tausende Menschen gehen auf die Straße. Dem autoritären Präsidenten wird unter anderem Wahlmanipulation und ein falscher Umgang mit der Corona-Pandemie vorgeworfen. Während COVID-19 im März dieses Jahres die gesamte Fußballwelt lahmlegte, startete in Belarus die Saison – mit Zuschauern auf den Rängen. Lukaschenkos Rat, um sich vor Corona zu schützen, lautete: Wodka trinken. Menschenrechtler kritisieren außerdem die gewaltsamen Niederschlagungen friedlicher Proteste und Versammlungen durch die Polizei sowie die Folter politischer Gefangener.
Rassolko und Koseka wurden kurz nach dem Tumult von Polizeikräften aufgehalten. Die Polizisten unterstellten den beiden Fußballern, am Vorfall beteiligt gewesen zu sein. Die beiden verwiesen auf ihre Trainingskleidung und ihre Sporttaschen, gaben an, Spieler des FC Krumkachi zu sein. Sie gingen weiter.
Plötzlich rannten nicht uniformierte Männer auf sie zu und prügelten auf die beiden Sportler ein. Nach der Attacke wurden die 27 und 33 Jahre alten Männer auf eine Polizeiwache gebracht und dort stundenlang verhört. Ihnen wurden mehrere Straftatbestände zur Last gelegt: Der Versuch der Befreiung von Gefangenen, die Teilnahme an einer illegalen Demonstration sowie Raub.
Bis drei Uhr nachts ging das Verhör. Die beiden Mittelfeldspieler beteuerten ihre Unschuld. Unterstützt wurden sie von einem Anwalt und einem der Gründer des FC Krumkachi, Vladislav Majorowski. Parallel zu den Befragungen sammelten Angehörige des Vereins Aufzeichnungen und Fotos des Vorfalls, die beweisen sollen, dass die Spieler zu keiner Sekunde an der Befreiungsaktion mitwirkten.
Mitten in der Nacht musste ein Krankenwagen gerufen werden. Koseka hatte starke Schmerzen, konnte kaum noch sitzen. Die Sanitäter transportierten ihn in das 4. Stadtkrankenhaus der Stadt Minsk, wo die Ärzte bei ihm schwere Verletzungen an der Wirbelsäule, am unteren Rücken und an den Nieren diagnostizierten. Nach der Behandlung wurde Koseka zurück aufs Revier gebracht.
Der FC Krumkachi erwägt nun, vor Gericht zu ziehen, damit die verantwortlichen Geheimdienstmitarbeiter für den Gewaltexzess zur Verantwortung gezogen werden. Warum es die Schläger gerade auf die beiden Sportler abgesehen hatten, wurde noch nicht weiter aufgearbeitet. Auszuschließen ist nicht, dass es einen Zusammenhang mit dem vorhergegangenen Spiel gegen den FC Khimik Svetlogorsk gibt, bei dem die Krumkachi-Spieler T‑Shirts mit der Aufschrift „Wir sind mit dem Volk“ trugen. Der Schriftzug war ein Ausdruck der Solidarität mit den Demonstranten, die sich friedlich gegen das Lukaschenko-Regime zur Wehr setzen.