Warum sind Fußballverbände korrupt? Dr. Theo Zwanziger war Präsident des DFB und saß in der FIFA-Exekutive. Er muss es wissen. Im neuen 11FREUNDE-Spezialheft „Skandale“ (ab Donnerstag im Handel oder unserem Shop) gibt er Antworten. Hier kommen erste Auszüge.
»In der FIFA gibt es Abhängigkeitsverhältnisse in einem korruptionsgeneigten Umfeld. Vereinfacht gesagt: Wer dort von der Basis nach ganz oben kommen möchte, stellt sich gut mit seinen Vorgesetzten. Wer oben bleiben möchte, tut gut daran, seine Mitarbeiter nicht zu vergraulen. Dazu gibt es eine Tendenz zum Wegschauen, Transparenz und Kontrolle sind unzureichend.«
»Für Infantino war unvorstellbar, dass er als Präsident in die Schusslinie gerät. Also ersetzte er die beiden Juristen Cornel Borbely aus der Schweiz und Hans-Joachim Eckert aus Deutschland an der Spitze der Ethikkommission durch Verbündete und Speichellecker.«
»Ich wollte unbedingt an einer FIFA-Reform mitwirken. Wenn ich aber einen Kriegsschauplatz herbeigeführt hätte, wäre das Unverständnis bei vielen groß gewesen und meine Möglichkeiten eingeschränkt worden. Da muss man manchmal um der Sache willen mit den Wölfen heulen.«
»Wenn ein labiles System durchsetzt von charakterschwachen Menschen außer Kontrolle gerät – dann explodiert das.«
»Ich habe es schon oft gesagt, und ich stehe weiterhin dazu: Katar ist das Krebsgeschwür des Weltfußballs.«
»Wenn mich Herr Grindel fragen würde, ob er beantragen soll, Katar die WM wegzunehmen, würde ich ihm davon abraten. Es würde dem DFB nur schaden, etwa wenn es darum geht, das nächste Mal ein großes Turnier auszurichten. Denn selbst wenn der DFB der mitgliederstärkste Verband ist, hat er im FIFA-Kongress so wie alle anderen nur eine Stimme.«
»Die Fifa geht nach dem Prinzip vor: ›Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.‹ Und momentan isst die FIFA das Brot von Katar. Ein Spieler, der sich auf dem Feld brutal oder rassistisch verhält, wird hart bestraft. Gut so! Aber in den höchsten Funktionärsebenen gelten gänzlich andere Regeln.«
»Ich nehme es hin, dass der Fußball ein Stückweit zum Zirkus geworden ist. Auch ein Zirkus kann attraktiv sein, selbst wenn er in Teilen eine Illusion ist. Zweifelsohne hat sich der Fußball von seiner ethischen Grundbedeutung entfernt. Und meines Erachtens taugt er auch nicht mehr zwingend zum Vorbild.«