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Bern­hard Peters, warum haben Sie ein fast 300 Seiten langes Buch aus­schließ­lich über die 2‑gegen-1-Situa­tion im Fuß­ball geschrieben?
Weil sich alle kom­plexen tak­ti­schen Situa­tionen darauf redu­zieren. Als Spieler gibt es im 2‑gegen‑1 immer zwei Optionen: Ent­weder drib­belt man, oder man passt den Ball zu einem Mit­spieler. Es geht also um die Ent­schei­dung, ob ich alleine gehe oder mit jemandem spiele.

Aber warum ist das so wichtig?
Darin steckt der Kern des Fuß­balls und von vielen anderen Sport­spielen, ob Bas­ket­ball, Hand­ball, Hockey, Eis­ho­ckey oder Was­ser­ball. Ziel des Spiels ist es, Tore zu erzielen. Um das zu errei­chen, ist das rich­tige Ver­halten in 2‑gegen-1-Situa­tionen ent­schei­dend. Das wollen wir den Trai­nern bewusster machen.

Wie ist Ihnen selber das klar geworden?
Als ich in den 1990er- und 2000er-Jahren Bun­des­trainer des Deut­schen Hockey-Bundes war, haben wir oft gegen Indien und Paki­stan gespielt, damals mit die besten Mann­schaften. Bei diesen Spielen hatten wir mit dem deut­schen Natio­nal­team oft eine gefühlte Unter­zahl. Wir haben uns also gefragt: Warum haben wir gegen deren Spiel­kunst keine Chance? Warum können sie so sau­schnell ihr Spiel ver­la­gern? Wie werden die Ball­be­sitzer ständig durch die Mit­spieler unter­stützt?

Und welche Ant­wort darauf haben sie gefunden?
Wir haben uns immer wieder Videos ange­schaut und erkannt, dass sie mit Ball ver­su­chen, eine Über­zahl in den kleinen Räumen zu schaffen. Es war also stets ein Mit­spieler in der Nähe des ball­füh­renden Spie­lers anspielbar. Dadurch wird das Spiel viel varia­bler und für den Gegner weniger aus­re­chenbar. Sie haben uns in eine Zwick­mühle gebracht, weil der ver­tei­di­gende Spieler nur einen Weg zuma­chen kann: Wenn er den Pass zum Mit­spieler ver­hin­dert, kann er das Dribb­ling nicht ver­hin­dern und umge­kehrt.

Bern­hard Peters, 60

Nach vielen erfolg­rei­chen Jahren als Bun­des­trainer mit drei gewon­nenen Welt­meis­ter­ti­teln, wech­selte er 2006 vom Hockey zum Fuß­ball. Peters baute zunächst die Nach­wuchs­aus­bil­dung bei der TSG Hof­fen­heim aus und wurde dann Direktor Sport beim Ham­burger SV. Heute berät er Trainer, Klubs und Ver­bände.

Kurzum, die Paki­stani haben ständig 2‑gegen-1-Situa­tionen geschaffen?
Genau.

Gab es im Hockey eine Theorie dazu oder wurde das intuitiv gemacht?
Ver­mut­lich intuitiv. Wir haben dann eine sehr umfas­sende Kon­zep­tion fürs Trai­ning dazu ent­wi­ckelt, um in die Halb­s­puren hinter die Abwehr zu kommen.

Die meisten Leute kennen den Begriff nicht. Warum unter­teilen Sie das Spiel­feld im Hockey und im Fuß­ball der Länge nach in je zwei soge­nannte Außen- und Halb­s­puren, sowie eine Zen­trums­spur?
Weil man in diesen genauer defi­nierten Räumen Spiel­si­tua­tion besser ver­orten und die Spieler exakter coa­chen kann. Gerade die Halb­s­puren spielen eine große Rolle um im Straf­raum hinter die letzte Linie zu kommen. Von dort werden sta­tis­tisch die meisten Tore vor­be­reitet.

Mehr als von der Mitte aus?
Ja, durch die Über­zahl der Abwehr­spiele ist das Zen­trum oft ver­dichtet und sta­tisch. Dort ist es schwierig, einen Weg zum Tor zu finden. Es ist eine wich­tige Erkenntnis, dass man sich in den Halb­s­puren in einem Winkel von 45 Grad in Rich­tung Tor im 2‑gegen‑1 spielen sollte. Und den Ball vor dem Straf­raum von einer Halb­spur auf die andere ver­la­gert, um die geg­ne­ri­sche Abwehr­kette besser aus­ein­an­der­ziehen und in Bewe­gung zu bringen.

Pep Guar­diola hat das Spiel­feld in 20 Zonen auf­ge­teilt und seinen Spie­lern genau gesagt, wann sie wie besetzt sein sollen.
Das ist vom Gedan­ken­gang ähn­lich. Es geht nicht um Spiel­sys­teme, wir denken nur in Spiel­si­tua­tionen.

Wie stellt man 2‑gegen-1-Situa­tionen auf dem Platz her, wenn elf gegen elf Spieler antreten?
Indem man spie­le­ri­sche Lösungen trai­niert, wie man ein 2‑gegen‑2 oder 3‑gegen‑3 in engen Räumen durch die rich­tigen Lauf- und Pass­wege zu einem 2‑gegen‑1 redu­ziert. Ich muss die Ver­tei­diger in besagte Zwick­müh­len­si­tua­tionen treiben.

Julian Nagels­mann sagt im Vor­wort Ihres Buchs: Bern­hard nervt inef­fi­zi­entes Trai­ning total.“ Was ist für Sie inef­fi­zient?
Trai­ning, das am Spiel vor­bei­geht. Wenn es keine Ver­bin­dung zu dem gibt, was im Spiel pas­siert. Ich muss exakt das trai­nieren, was das Spiel for­dert. Ich muss mit den Spie­lern im Trai­ning Lösungen für die Auf­gaben erar­beiten, die Samstag um halb Vier gefor­dert sind.

Was ist denn mit dem 4‑gegen‑2 bzw. Rondos, wie Pep Guar­diola sie viel trai­nieren lässt?
Rondos sind wichtig , aber in ihrer Wer­tig­keit über­schätzt, weil es dabei meis­tens keine Ziel­rich­tung auf ein Tor hin gibt. Unsere Spiel­formen sind alle ziel­ori­en­tiert mit Abschluss. Wenn man in der Trai­nings­woche nicht genug wett­kampf­gemäß aufs Tor schießt, muss man sich nicht wun­dern, dass die Spieler am Wochen­ende dem Stress nicht gewachsen sind.

Haben Sie noch Bei­spiele für beliebte Trai­nings­formen, die Sie für inef­fektiv halten?
Da steht einer am Straf­raum­rand, dann gibt es einen Pass, einen auf­ge­legten Rück­pass, und es wird von vier Metern vor dem Straf­raum aufs Tor geschossen. Das ist armes Trai­ning, das mit dem Spiel nichts zu tun hat.

Das klingt hart. Erleben Sie bei Trai­nern, die sie mit ihren Ideen kon­fron­tieren, einen Kul­tur­schock?
Ja! Fast alle setzen sich aber mit diesen Wei­ter­ent­wick­lungen aus­ein­ander.

Weil Sie jemandem sagen, der viel­leicht schon seit zehn Jahren im Pro­fi­fuß­ball ist: Das ist ziem­lich inef­fi­zi­entes Trai­ning!
Ich würde es nicht so direkt sagen, aber es ent­spricht der Wahr­heit. Ich erlebe aber, dass die Trainer dann genau zuhören. Es geht darum mit Spaß jede Minute eines gemein­samen Trai­nings gut zu nutzen.

Warum beschäf­tigen Sie sich in Ihrem Buch nur mit dem Spiel mit dem Ball?
Weil die Trainer im Spiel gegen den Ball viele Dinge richtig gut machen. Da hat sich in der tak­ti­schen Ent­wick­lung in Deutsch­land nach der Revo­lu­tion zum ball­ori­en­tierten Pres­sing eine Menge getan. Die Trainer schauen viel von­ein­ander ab. Die Ent­wick­lung erklärt sich auch dadurch, dass Mit­tel­feld-oder Angriffs­pres­sing ein­fa­cher zu lehren ist. Es gibt schon Mann­schaften, die zwi­schen Dreier‑, Vier­kette und Fün­fer­kette wech­seln .

Sie lachen.
Das wurde im Hockey schon vor 25 Jahren gemacht. Ich würde mir viele dyna­mi­schere Wechsel zwi­schen Dreier und Vie­rer­kette wün­schen, weil dadurch die Anspiel­winkel der Innen­ver­tei­diger häu­figer wech­seln. Da wird es leichter, Anspiel­fenster ins Mit­tel­feld im Auf­bau­spiel zu finden.

Was sind denn Anspiel­winkel und ‑fenster?
Wenn ich dyna­misch von zwei auf drei Auf­bau­spieler wech­sele, gibt es gegen Spieler in ball­ori­en­tierter Deckung leichte Ver­schie­bungen. Dadurch ent­stehen neue Anspiel­fenster. Wenn ich mich also gut dahinter anbiete, kann ich wieder eine Ebene näher in Rich­tung geg­ne­ri­sches Tor kommen. Das ist auch von der Außen- in die Halb­spur ganz wichtig geworden, weil ich dann mehr Spieler in die Posi­tionen im geg­ne­ri­schen Straf­raum bekommen werde.

Warum ist das wichtig?
Wenn alle gut ver­tei­digen, stellt sich die Frage: Was mache ich, wenn der Gegner 1:0 führt? Wie komme ich hinter die sta­ti­sche tiefe Kette? Das schaffe ich selten, wenn ich von ganz Außen flanke, da mache ich ein Tor aus 400 Ver­su­chen. Da fehlen oft die Lösungen.

Wer macht es geschickt?
Bayern, Hof­fen­heim und Leipzig, wo Julian Nagels­mann genau diese Situa­tionen erkennt. Liver­pool wird in diesen Dingen immer stärker. Graham Potter, der Trainer von Brighton. Es gibt in Deutsch­land einige extrem gute Jugend­trainer, die das coa­chen können.

Wenn man sich die Trai­nings­übungen in Ihrem Buch anschaut, wirken sie oft kom­pli­ziert.
Die wei­ter­füh­renden Formen sollen auch kom­plex sein. Wenn man im Trai­ning den Stress erlebt und Lösungen erar­beitet hat, emp­findet man das im Spiel nicht so. Dann hast du eine unbe­wußte Kom­pe­tenz. Das ist die Kunst. Man muss die Spieler durch schnell wech­selnde Situa­tionen im Trai­ning ständig unter Druck setzen. Man muss sie aus der Kom­fort­zone bringen, vor neue Denk­auf­gaben stellen, denn so ist das Spiel. Selbst im Alter zwi­schen 20 und 30 Jahren lernen die Spieler noch deut­lich dazu. Und wenn sie im Trai­ning auf diese Weise gefor­dert werden, emp­finden sie das Spiel als Urlaub“ und haben freie Kapa­zi­täten für schnelle sta­bile erfolg­reiche krea­tive Ent­schei­dungen.

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Gilt das alles nur für Profis oder auch für Ama­teure?
Wir beginnen mit Spiel­formen für Kinder, die sehr ein­fach sind und wo die Spiel­fä­hig­keit durch Spielen im 3‑gegen‑3 geschult wird. Spielen lernt man durch Spielen, dabei wird nach und nach die Kom­ple­xität gestei­gert. Aber auch in der Kreis­liga redu­ziert sich das Spiel auf die Grund­si­tua­tionen 2‑gegen‑1. Die wollen wir erfolg­reich zu lösen lernen.

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Wir ver­losen drei Exem­plare des Buchs Zwei gegen Eins. Starke Ent­scheider auf dem Platz“ von Bern­hard Peters und Andreas Schu­ma­cher. Schreibt dazu eine Mail mit dem Betreff Zwei gegen Eins“ und eurer Adresse an gewinnspiel@​11freunde.​de.