„Er hat sie alle verarscht“, urteilte Thomas Häßler einst über seinen Freund Pierre Littbarski. Heute hat er Geburtstag. Der größte Spaßvogel der Bundesliga über Berliner Currywurst und ein neues Leben in Japan.
Was war Ihr Plan?
Gemeinsam mit Uwe Bein wollte ich vor die Presse treten und Franz Beckenbauer an die Wand nageln.
Der ließ Sie im Finale wieder spielen. Sie wurden Weltmeister.
Und eigentlich hätte ich auch in diesem Spiel nicht auf dem Platz stehen dürfen. Mein Knie tat immer noch weh. Aber ich sagte zu unseren Physiotherapeuten Adolf Katzenmeier und Hans Montag: „Wenn ihr dem Franz was sagt, dann seid ihr für mich gestorben!“ Sie behandelten mich die ganze Nacht lang, hielten den Mund und ich spielte.
Auf den Jubelfotos sieht man Sie stets in der vordersten Reihe. Haben Sie den Pokal mit ins Bett genommen?
Erstens haben wir in dieser Nacht nicht geschlafen und zweitens war ich daran nicht unbeteiligt: Schon 1982 hatte ich zwei riesige Koffer dabei – einen mit Klamotten, einen mit meiner Soundanlage und meinem Amiga 500 mit dem Klassiker „Space Invaders“. Das wurde nächtelang gezockt. Und 1990 kümmerte ich mich als DJ um unser musikalisches Wohlergehen. Die Nacht nach dem Titelgewinn feierten wir durch und ich brachte einen Hit nach dem anderen. „The Sweet“ und „Queen“ standen ganz hoch im Kurs! Bis auf Lothar Matthäus, der sich nach jedem Glas immer schnellere Musik wünschte, gab es keine Klagen.
Nach der WM kam es zum Skandal. Sie brachten ein Foto-Tagebuch auf den Markt und mussten sich von Lothar Matthäus den Vorwurf gefallen lassen, auf Kosten der Mannschaft den großen Reibach zu machen.
Eine lächerliche Sache. Ein Kölner Fotograf hatte mir vor dem Turnier eine Kamera in die Hand gedrückt, die Idee war folgende: Ich schieße ein paar Fotos, wir lassen das drucken und verkaufen das Buch für den guten Zweck. Mein Fehler war nur, dass ich meine Mitspieler nicht um Erlaubnis gefragt hatte. Nach einem Telefonat mit Lothar war die Geschichte wieder aus der Welt.
Wenige Wochen nach der WM ließen Sie sich am Kreuzband operieren und fielen für sechs Monate aus. Im April 1991 feierten Sie im Pokal-Viertelfinale gegen den VfB Stuttgart und Ihren ehemaligen Trainer Christoph Daum das Comeback.
Das war das emotionalste Spiel meine Karriere. Gemeinsam mit Trainer Erich Rutemöller tricksten wir die Stuttgarter aus: In meinem allerersten Training mit der Mannschaft kurz vor der Partie humpelte ich mit schmerzverzerrter Miene in die Kabine. Fans und Journalisten klopften mir mitfühlend auf die Schultern. Aber ich hatte nur geblufft. Als die Aufstellung im Müngersdorfer Stadion bekannt gegeben wurde, fehlte hinter der „10“ mein Name. Das Raunen der Zuschauer hörte ich bis in die Kabine. Und kurz bevor wir auf den Rasen liefen, leuchtete hinter der Nummer plötzlich „Pierre Littbarski“ auf. Die Leute flippten aus. Ich gab die Vorlage zum entscheidenden 1:0 in der Verlängerung. Schönere 120 Minuten habe ich als Fußballer nie erlebt.
Sie gelten als einer der größten Spaßvögel der Bundesligageschichte – welche Rolle spielte Humor in Ihrem Dasein als Fußballer?
Die kleinen Gags waren zunächst einmal wesentlicher Bestandteil der psychologischen Kriegsführung. Heute würde man das „Trashtalk“ nennen. In dieser Disziplin gab es richtige Könner, die sich in der Woche vor dem Spiel durch sämtliche Klatschblätter lasen und am Spieltag dann mit pikanten Details aus dem Privatleben des Gegenspielers punkten konnten. Ich machte mich eben über die langen Beine von Guido Buchwald lustig.
Ihr gelungenster „Trashtalk“?
Die Bayern reizten wir mal vor dem Anpfiff so vehement, dass mein Nationalmannschaftskumpel Andy Brehme zu mir kam und sagte: „Litti, lass mich doch heute raus aus der Scheiße. Ich will einfach nur dieses Spiel überstehen.“ Da wusste ich: Wir hatten ihn!