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Die (Rück­runden-) Tabelle lügt nicht! Und wel­ches Team hier aktuell die Nase vorne hat, dürfte all­ge­mein bekannt sein. Doch wäh­rend der momentan form­stärksten Mann­schaft der Liga, also dem BVB, die ent­spre­chende Auf­merk­sam­keit ent­ge­gen­ge­bracht wird, über­sieht der ein oder andere schnell, dass sich der 1. FSV Mainz 05 klamm­heim­lich zur zweit­besten Mann­schaft der Liga gemau­sert hat – zumin­dest was die Punk­te­aus­beute angeht. Woher kommt der plötz­liche Auf­schwung? Und warum ist aus­ge­rechnet ein 30-jäh­riger Süd­ko­reaner, der im Winter eigent­lich schon wech­seln wollte, das Gesicht dieser Erfolgs­ge­schichte?

Der Trainer des 1. FSV Mainz 05, Bo Svensson, setzt seit seiner Ankunft im Januar 2021 auf einen enorm inten­siven Spiel­stil, bedeutet hohes Pres­sing gepaart mit schnellen Gegen­an­griffen, meist in einer 3 – 4‑2 – 1‑Grundordnung. Das inten­sive Spiel der Mainzer lässt sich auch mit Zahlen unter­mauern, so ist man in der Bun­des­liga die Mann­schaft mit der viert­höchsten Lauf­leis­tung, im Schnitt spult das Team von Bo Svensson laut dem Kicker 116,45 km pro Partie ab. Mit 13,6 abge­fan­genen Bällen, das hat die Platt­form Who­Scored her­aus­ge­funden, ist die Mann­schaft in dieser Sta­tistik sogar die beste Mann­schaft der Liga. Mainz führt auch die Sta­tistik der Fouls pro Spiel an: Im Schnitt begehen die Mainzer in einem Spiel 14 Fouls. Doch auch das ist Teil des Mainzer Spiels unter Bo Svensson, der über seinen Spiel­stil sagt: Ich möchte, dass wir aggressiv spielen und ver­su­chen, den Gegner früh unter Druck zu setzen. Wir wollen schnell umschalten und mit schnellen Angriffen zum Erfolg kommen.“ Seine Mann­schaft soll dem Gegner keinen Raum zum Atmen lassen. Der Ertrag sind vier Siege aus den ver­gan­genen fünf Bun­des­li­ga­spielen. Der ent­schei­dende Faktor im Mainzer Spiel: Jae-Sung Lee.

Lee(be) auf den zweiten Blick

Auf­grund seiner hohen Arbeits­rate ist Lee für Svens­sons Stil wie vor­ge­sehen. Der Süd­ko­reaner kam im Sommer 2021 ablö­se­frei von Hol­stein Kiel an den Bruchweg und ist spä­tes­tens seit diesem Winter so richtig in Mainz ange­kommen, was starke fünf Tore im noch jungen Jahr 2023 ein­drucks­voll belegen. Dazu gesellen sich zwei Tor­vor­lagen. Lee zeichnet, neben seinen neu ent­deckten Knip­ser­qua­li­täten, vor allem der enorme Arbeits­auf­wand aus, den er betreibt. 

In der Pres­sing­sma­schine der 05er sticht der 30-jäh­rige sogar heraus. Lees Stärken sind seine hohen Ball­ge­winne in der geg­ne­ri­schen Hälfte. Jae-Sung passt ein­fach her­vor­ra­gend zu Mainz 05, mit seiner Art zu spielen, nie auf­zu­geben, immer extrem fleißig unter­wegs zu sein“, sagte Trainer Bo Svensson in der Medi­en­runde nach dem 3:1 gegen den FC Augs­burg. Lee hatte zuvor zwei Treffer erzielt.

Neues Traumduo

Ein Grund für Lees Auf­schwung ist sicher­lich die Ver­pflich­tung von Ludovic Ajorque. Mit dem im Winter gekom­mene Stürmer wech­selte ein wasch­echter Neuner an den Bruchweg. Der Fran­zose ist stark mit dem Rücken zum Tor und besitzt mit seinen 1,96 Meter die ent­spre­chende Physis, um geg­ne­ri­sche Ver­tei­diger per­ma­nent zu beschäf­tigen. Das öffnet Räume für seine Mit­spieler, allen voran für den wen­digen Lee, der seit dem Start der Rück­runde als einer von zwei Spie­lern ein­ge­setzt wird, die zwi­schen Zeh­ner­po­si­tion und hän­gender Spitze hinter Ajorque agieren. Er genießt seither mehr Frei­heiten als noch in der Hin­runde, wo Svensson ihn meist defen­siver spielen ließ.

Noch im Winter war die Mainzer Welt gar nicht so heile, wie sie heute erscheint. Am Bruchweg machte sich Auf­ruhr breit: Jae-Sung Lee hatte in seinem auf korea­nisch gehal­tenen Inter­net­blog geschrieben, er ver­spüre den Drang etwas Neues“ machen zu wollen. Ein gefun­denes Fressen für die deut­sche Medi­en­land­schaft, so titelte etwa der Stern: Mainz-Star koket­tiert mit einem Wechsel“. Für den Trainer der Mainzer, Bo Svensson, kein Grund zur Panik. Ange­spro­chen auf die Aus­sagen von Lee sprach er von Lost in trans­la­tion“, also: ein Über­set­zungs­fehler. 

Lee selbst sagte zu der The­matik ledig­lich, dass er sehr glück­lich in Mainz sei und keine Gedanken an einen Wechsel ver­schwendet. Mitt­ler­weile befindet man sich in aus­sichts­rei­chen Gesprä­chen über eine Ver­trags­ver­län­ge­rung.

Etwa zweimal im Monat schreibt Lee in seinem Blog von seinem Leben als Fuß­baller, erzählt von mental schwie­rige Phasen, ver­gleicht seine Erfah­rungen als Stamm­spieler mit denen als Ersatz­spieler und gibt Ein­blicke in den Alltag von Mainz 05. Im Fokus stehen hier auch Lees Erfah­rungen in der Natio­nal­mann­schaft. Außerdem the­ma­ti­siert er die Schat­ten­seiten, die ein Leben als Pro­fi­fuß­baller mit sich bringt, er schreibt über ein Leben fernab der Heimat und die feh­lende Anony­mität. 

Teil des deut­schen Alb­traums

Als Jae-Sung Lee im Juli 2018 zu Hol­stein Kiel in die 2. Bun­des­liga wech­selte, war er hier­zu­lande wohl nur abso­luten Experten ein Begriff. Zwar hat sich das spä­tes­tens mit dem Wechsel nach Mainz 2021 geän­dert, den­noch ist Lees Status in Deutsch­land nicht mit dem in seiner Heimat Süd­korea zu ver­glei­chen: Er kommt auf 67 Spiele für die Natio­nal­mann­schaft, davon 6 bei Welt­meis­ter­schaften. Auch beim bla­ma­blen Vor­run­denaus der DFB-Elf 2018 in Russ­land stand Jae-Sung Lee für Süd­korea 90 Minuten auf dem Platz. In seiner Heimat ist er längst ein Star.

Er gewann 2014 die U23-Asi­en­spiele, wodurch er vom Mili­tär­dienst befreit wurde. Außerdem holte Lee in der süd­ko­rea­ni­schen Liga mit Jeonbuk Hyundai Motors dreimal die Meis­ter­schaft und 2016 die asia­ti­sche Cham­pions League. 2017 wählte eine Jury ihn zum besten Spieler der Liga.

Ich kann mir im Moment kein Mainz 05 vor­stellen ohne Jae-sung“

Bo Svensson

Sein Titel­regal wird er in Mainz wohl kaum auf­füllen können. Seinen Tore­konto in diesem Jahr womög­lich schon. Viel­leicht schon am Samstag gegen die TSG Hof­fen­heim. Der Klub, der Lee 2021 auch ver­pflichten wollte, gegen die Mainzer aber das Nach­sehen hatte. Am Bruchweg wird man es dieser Tage mit Trainer Svensson halten, der im Kicker über seinen der­zeit besten Spieler sagte: Ich kann mir im Moment kein Mainz 05 vor­stellen ohne Jae-sung.“

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