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Rafael Benitez, der dama­lige Trainer des FC Liver­pool (Pro­to­koll: Dirk Gie­sel­mann)

Wenn man gegen den AC Mai­land zur Halb­zeit 0:3 hinten liegt, doch noch den Aus­gleich schafft und schließ­lich im Elf­me­ter­schießen gewinnt – dann sieht das, von außen betrachtet, viel­leicht so aus, als hätte eine höhere Macht Ein­fluss genommen. Ich danke dem lieben Gott natür­lich für diesen Titel. Aber er hat ver­mut­lich Wich­ti­geres zu tun, als sich aktiv in Fuß­ball­spiele ein­zu­mi­schen. Nicht er hat Schewtschenkos Elf­meter gehalten. Es war Jerzy Dudek.

Doch zurück zum Anfang: Paolo Mal­dini traf gleich in der ersten Minute dieses End­spiels nach einer Standardsitua­tion, und das warf alles, was wir uns für dieses Finale zurecht­ge­legt hatten, über den Haufen. Vom Spiel­feld­rand aus, bei dem infer­na­li­schen Lärm im Istan­buler Ata­türk-Sta­dion, konnte ich das, was dann pas­sierte, kaum noch beein­flussen. Erst in der Halb­zeit war es wieder mög­lich, auf meine Mann­schaft ein­zu­wirken. Dass da plötz­lich zwölf Spieler auf meiner Tak­tik­tafel gestanden haben sollen, gehört inzwi­schen ja schon zur Fuß­ball-Folk­lore. Ich kann das erklären: Ich hatte unseren linken Ver­tei­diger Djimi Traore aus­ge­wech­selt, er stand schon unter der Dusche. Aber dann sagte unser rechter Ver­tei­diger Steve Finnan plötz­lich, er könne nicht wei­ter­ma­chen. Also musste sich Djimi wieder abtrocknen und sein Trikot anziehen. Wahr­schein­lich standen des­wegen für einen Moment zwölf Namen da, aber ich habe das schnell kor­ri­giert.

Es galt, das Ver­trauen zurück­zu­zahlen

Meinen elf Jungs, die raus­gingen, um das Unmög­lich doch noch mög­lich zu machen, habe ich neben der tak­ti­schen Neu­aus­rich­tung vor allem zwei Dinge mit auf den Weg gegeben. Ers­tens: Egal wie das hier endet, wir sind es unseren Fans schuldig, dass wir kämpfen bis zum Umfallen. Mir haben immer der Kampf­geist und die Loya­lität der Leute aus Liver­pool immer impo­niert. Sie bestehen här­tere Prü­fungen als ein 0:3 zur Halb­zeit – und das jeden Tag. Wenn du auch kämpfst und loyal bist, wirst du ganz auto­ma­tisch einer von ihnen, unab­hängig von deiner Her­kunft. Da spreche ich aus eigener Erfah­rung: Ich durfte als Spa­nier einer von ihnen werden, ein Scouser, wie auch viele meiner Spieler, die aus aller Herren Län­dern nach Liver­pool kamen. Dieses Ver­trauen galt es nun zurück­zu­zahlen.

Zwei­tens: Wenn wir gleich nach Wie­der­an­pfiff das 1:3 schießen, können wir noch einmal zurück­kommen. Ja, ich war tat­säch­lich noch immer hoff­nungs­froh. Ohnehin ver­stelle ich mich nie und tue nie opti­mis­ti­scher, als ich in diesem Moment wirk­lich bin. Viele denken, ein Trainer sei ein ver­kappter Schau­spieler. Das ist voll­kommen falsch. Natür­lich muss er seine Bot­schaft mit Lei­den­schaft rüber­bringen, aber diese Bot­schaft muss authen­tisch sein. Wenn er Durch­hal­te­pa­rolen von sich gibt, aber inner­lich längst auf­ge­geben hat, spüren die Spieler das sehr genau.