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Seite 2: „Zu einem schlechten, krummen Deal gehören immer zwei“

Im Prinzip kann jeder, der über die Lizenz ver­fügt, Spie­ler­be­rater werden. Kein Wunder also, dass es viele schwarze Schafe in der Branche gibt.
So kann man das nicht sehen. Zu einem schlechten, krummen Deal gehören immer zwei. Das schwarze Schaf ist man nie allein, son­dern stets gemeinsam mit dem jewei­ligen Sport­di­rektor oder Manager auf der anderen Seite des Ver­hand­lungs­ti­sches. Da pas­sieren oft Dinge weit jen­seits der Lega­lität. Meine Spieler wissen über jedes Ver­trags­de­tail Bescheid. Wer damit oft ein Pro­blem hat, sind die Klubs. Es ist ihnen gar nicht recht, wenn ein Spieler genau infor­miert ist. Des­halb halten 80 Pro­zent der Berater ihre Spieler absicht­lich aus den Ver­hand­lungen heraus, weil sie nicht ihren Kli­enten, son­dern nur sich selbst best­mög­lich ver­treten wollen. Zwi­schen mir und meinen Spie­lern herrscht abso­lutes Ver­trauen, des­wegen mache ich auch nie einen Ver­trag, alles läuft münd­lich. Abge­sehen davon halte ich das Berater- Li­zenz­ierungssystem der FIFA für völ­ligen Schwach­sinn. Wir sollten es abschaffen, es ist lächer­lich. Den Test besteht jeder, der dafür bezahlt. Mit Eig­nung hat das nichts zu tun.

Betrachtet man Ihr Port­folio, fällt auf, dass Sie etliche Spieler ver­treten, die für ihre Exzen­trik bekannt sind. Liegt es in Ihrem Inter­esse, wenn ein Spieler pola­ri­siert?
Nicht alle meine Spieler pola­ri­sieren. Oder ist ein Mkhi­ta­ryan etwa exzen­trisch? Ihr Jour­na­listen seid es doch, denen es gefällt, wenn sich meine Spieler exal­tiert benehmen. Über einen Bar­tosz Salamon oder meine beiden Spieler beim HSV (Ola John und Ouasim Bouy, Anm. d. Red.), einen Gre­gory van der Wiel oder Èti­enne Capoue redet ihr nie. 

Es steckt also keine Stra­tegie dahinter, wenn sich Mario Balotelli Schlag­zeilen auf seine Schuhe dru­cken lässt? Das schafft Auf­merk­sam­keit. Und mediale Auf­merk­sam­keit stei­gert sicher­lich den Wert eines Spie­lers.
Sie gehen von der Prä­misse aus, dass ich einen Transfer aus­handle, um Geld zu ver­dienen. Um ehr­lich zu sein, ist mir Geld schon lange ziem­lich egal. Ich habe Zlatan nicht wegen Geld von Inter nach Bar­ce­lona gelotst, um ihn dann zurück nach Mai­land zu bringen. Das ist Bull­shit. Wer hätte Zlatan in Bar­ce­lona ver­tei­digen sollen, wenn nicht ich? Seine Frau viel­leicht? Der ganze Klub hat ihn schlecht­ge­macht. Er war der König bei Inter, und nach seinem Wechsel war er plötz­lich nie­mand mehr. Pep Guar­diola hat ihn fallen lassen, ohne Erklä­rungen. Fragen Sie doch mal nach, was Guar­diolas Pro­blem war. Er wird nicht ant­worten, weil er nicht zugeben kann, einen Fehler gemacht zu haben. Das würde ja seine Intel­li­genz belei­digen. Wenn du für einen Spieler 79 Mil­lionen Euro hin­legst und ihn dann nicht ein­setzt, ist das nicht nur völlig bescheuert, son­dern auch finanz­schä­di­gend. Die meisten Berater würden diese Ver­eins­po­litik den­noch nie kri­ti­sieren, weil sie Angst haben, dass ihnen das große Bar­ce­lona dann nie wieder einen Spieler abkauft. Mir war das total egal. Ich habe keinen Respekt vor einem Verein, wenn der Verein keinen Respekt vor meinen Spie­lern hat.

Sie haben damals öffent­lich mas­sive Kritik geübt. Unter anderem meinten Sie, der rich­tige Platz für Pep Guar­diola sei ein Irren­haus, wo er mit Johan Cruyff Karten spielen kann“.
Ich habe in meinem Leben schon viele Dinge gesagt.

Wegen der Aus­sage, Sepp Blatter sei ein debiler Dik­tator“, standen Sie sogar vor Gericht.
Die FIFA hat mich ver­klagt. Ich musste eine Geld­strafe zahlen und wurde behan­delt wie ein Schwer­ver­bre­cher vor dem Kriegs­ge­richt. Allein das hat mich darin bestä­tigt, dass meine Aus­sage zutrifft. Schauen Sie sich doch an, was Blatter mit Cris­tiano Ronaldo gemacht hat. Ist das normal? Nein. Trotzdem gab es keine Kon­se­quenzen. Was ich nicht ertrage, ist diese Hörig­keit vor Namen und Titeln. Wenn Guar­diola oder der Papst etwas sagen, halten es die Leute für wahr, ein­fach weil es Guar­diola oder der Papst gesagt haben. Man darf nie seinen eigenen Ver­stand aus­schalten. Es wird gefähr­lich, wenn die Leute auf­hören nach­zu­denken. Wohin das führen kann, haben wir in der ersten Hälfte des 20. Jahr­hun­derts in Europa erleben dürfen.

Raiolas Telefon klin­gelt. Er wech­selt ins Hol­län­di­sche. Einer seiner Spieler ist dran. Sie spre­chen eine Weile über die Partie vom Vor­abend.

Es gibt Spieler, die rufen mich zweimal am Tag an. Andere melden sich nur einmal im Monat. So bleiben wir in Kon­takt. Ich gehe selten ins Sta­dion. Was soll ich da? Ers­tens sehe ich im Fern­sehen alles viel besser, und zwei­tens müsste ich nahezu jeden Abend im Sta­dion sitzen, wenn ich all meinen Spie­lern zusehen wollte.

Wie finden Sie Ihre Spieler?
Nicht ich finde die Spieler, son­dern die Spieler finden mich. Ich habe noch nie einen Spieler gefragt, ob er mit mir zusam­men­ar­beiten will, und würde es auch nie tun. Es ist der Spieler, der mich fragen muss, ob ich sein Agent sein will. Und dann muss es Klick machen. Die Chemie muss stimmen, sonst macht es keinen Sinn. Ich will immer die Mög­lich­keit haben, alle meine Spieler per­sön­lich zu betreuen, des­halb habe ich auch keine Agentur wie Mendes (Gesti­fute, Anm. d. Red.). Ich arbeite ledig­lich mit meinem per­sön­li­chen Assis­tenten und meiner Anwältin zusammen. Ich habe keinen Talent­späher, der für mich durch die Welt reist.

Wie muss man sich Ihr Tages­ge­schäft vor­stellen?
Mein Tages­ge­schäft ist, mich um meine Spieler zu küm­mern. Meine Spieler sind das Zen­trum, um das ich kreise. Ich rufe sie an oder sie mich. Ich muss wissen, ob es ihnen gut geht, und wenn nicht, warum. Außerdem muss ich im Auge behalten, was in der Welt des Fuß­balls so alles pas­siert. Wer braucht nächsten Sommer einen zen­tralen Mit­tel­feld­spieler? Wer einen Links­außen? Ich habe ganz ein­fach den Markt im Blick. Ich muss pro­gnos­tisch und vor­aus­schauend denken können. Ich muss wissen, was die Klubs wollen, bevor sie es selbst wissen. Ein Transfer ist meis­tens die Arbeit vieler Monate. Die Öffent­lich­keit sieht dann nur das End­ergebnis.

Ihr letzter großer Deal in der Bun­des­liga war der Transfer von Hen­rikh Mkhi­ta­ryan zu Borussia Dort­mund. Den­noch fällt auf, dass Sie in Deutsch­land lange nicht so prä­sent sind wie in Eng­land, Ita­lien, Frank­reich oder Spa­nien. Es gibt Bun­des­li­ga­ma­nager und Sport­di­rek­toren, die nicht einmal wissen, wer Sie sind. Woran liegt das?
Die Bun­des­liga ist, wie alles in Deutsch­land, per­fekt orga­ni­siert. Sie ist die Liga der Stunde, aber sie hat zwei große Defi­zite: die Aus­lands­ver­mark­tung und – dar­über bin ich immer wieder ver­blüfft – einen Mangel an Pro­fes­sio­na­lität unter den Sport­di­rek­toren. Da sind rich­tige Nichts­könner dabei, das muss man ganz ein­fach so offen sagen. Das zeigt sich schon daran, dass manche Manager Mino wer?“ fragen, wenn ich anrufe. Bei allem Respekt: Ein Sport­di­rektor, der Mino Raiola nicht kennt, der sollte sich besser nach einem anderen Job umschauen.

Würden Sie also sagen, dass Sie so wenige Trans­fers mit Bun­des­li­gisten abge­wi­ckelt haben, weil es Ihnen auf der anderen Seite an pro­fes­sio­nellen Ver­hand­lungs­part­nern fehlte?
Absolut. Ich würde sogar so weit gehen, dass nir­gendwo so viele Ama­teure in hohen Posi­tionen am Werk sind wie in der Bun­des­liga. Es gibt nur wenige posi­tive Aus­nahmen. Watzke in Dort­mund und Rum­me­nigge in Mün­chen arbeiten hoch­pro­fes­sio­nell, sie haben Sach­ver­stand und Inte­grität. Aber die Mehr­heit der deut­schen Sport­di­rek­toren hat von dem, was sie tut, ein­fach keine Ahnung. Des­halb arbeiten sie mit klub­ei­genen Bera­tern zusammen, die an ihrer Stelle für sie ver­han­deln. Wenn man nicht bereit ist, über diesen Mit­tels­mann zu kom­mu­ni­zieren, kann man mit dem Klub über­haupt keine Geschäfte machen. Ist mir bereits pas­siert bei Schalke 04.