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Der November ist ein fieser Monat, grau, ver­regnet und dunkel. Und eigent­lich ver­län­gert er nur unnötig die Zeit, bis end­lich Weih­nachten ist. Da hilft es, wenn man etwas hat, an das man sich klam­mern kann. Wie die Men­schen in Köln, die sich jedes Jahr aufs Neue auf den Start der neuen Kar­ne­vals­ses­sion am 11.11. freuen und so etwas Farbe und Froh­sinn in die Trüb­se­lig­keit bringen. Dass sich ihr 1. FC Köln aus­ge­rechnet zu dieser Zeit in angst­ein­flö­ßender Regel­mä­ßig­keit kopflos ins Ver­derben stürzt, ist man da schon gewohnt. Der FC schlüpft dann eben in sein Para­de­kostüm: Das des Kar­ne­vals­ver­eins.

Zwei Jahre ist es erst her, dass der Verein plötz­lich ohne Geschäfts­führer und ohne Trainer da stand und auf sport­li­cher Ebene hand­lungs­un­fähig war. Das Ergebnis einer kata­stro­phalen Saison ist bekannt: Vom Euro­pa­pokal in die Zweit­klas­sig­keit und auf dem Weg dahin jenes trau­rige Ende der bis dahin so erfolg­rei­chen Ära Schmadtke/​Stöger.

Ver­gan­genes Jahr musste der seitdem ver­ant­wort­liche Geschäfts­führer Armin Veh den mah­nenden Zei­ge­finger heben, als nach sechs Spielen ohne Sieg der direkte Wie­der­auf­stieg gefährdet war. Und heute wird fest­ge­stellt, trotz erreichtem Ziel sowie im Sep­tember neu gewähltem Vor­stand: An der Hand­lungs­un­fä­hig­keit hat sich nichts geän­dert.

Eigent­lich gäbe es genug zu tun

Nach ver­korkstem Sai­son­start mit sieben Punkten aus zehn Spielen, zwei Der­by­nie­der­lagen und dem pein­li­chen Pokalaus gegen Viert­li­gist Saar­brü­cken steht Trainer Achim Bei­er­lorzer, der im Sommer als gebo­rener Opti­mist und Strah­le­mann noch eine kleine Eupho­rie­welle aus­ge­löst hatte, vor dem Aus. Doch weil im Geiß­bock­heim erneut Macht­spiele, Inter­es­sens­kon­flikte und ver­wor­rene Ver­eins­struk­turen statt Einig­keit, Zusam­men­halt und gegen­sei­tige Rücken­de­ckung auf dem Tages­pro­gramm stehen, wird nichts unter­nommen. Wie konnte es so weit kommen?

Der Anfang vom sich anbah­nenden Ende begann im Früh­jahr dieses Jahres. Im März trat Werner Spinner nach sie­ben­jäh­riger, erfolg­rei­cher Amts­zeit als Prä­si­dent zurück, weil er einen Macht­kampf mit Geschäfts­führer Veh verlor. Toni Schu­ma­cher und Markus Rit­ter­bach blieben als Vize-Prä­si­denten im Vor­stand zurück. Der Vor­sit­zende des Mit­glie­der­rates, Stefan Müller-Römer, über­nahm inte­rims­weise als Prä­si­dent und wurde ihnen an die Seite gestellt.

Weil sich Schumacher/​Ritterbach und Müller-Römer aber über­haupt nicht grün sind und in kind­li­cher Bockig­keit die Zusam­men­ar­beit ver­wei­gerten, lag der Verein sechs Monate lang brach. Die Dis­kus­sion über einen Sta­di­on­ausbau oder ‑neubau, Pläne über ein erwei­tertes Trai­nings­ge­lände im Kölner Grün­gürtel, Expan­si­ons­ideen, aus­lau­fende Ver­träge, das Formen einer Bun­des­li­ga­mann­schaft. Es gab genug zu tun.

Schei­tert Bei­er­lorzer, schei­tert auch Veh

Seit Anfang Sep­tember ist das höchste Ver­eins­gre­mium mit den Wirt­schafts­größen um Prä­si­dent Werner Wolf, Eck­hard Sauren und Jürgen Sieger neu besetzt. Doch auch den drei neuen, ver­meint­lich starken Män­nern sind die Hände bezüg­lich sport­li­cher Ent­schei­dungen gebunden. Denn Veh, nach gewon­nenem Macht­kampf gegen Spinner der alles kon­trol­lie­rende Mann und im Sommer dafür ver­ant­wort­lich, die Mann­schaft für die Bun­des­liga fit zu machen, hat sich mitt­ler­weile ent­schieden, seinen 2020 aus­lau­fenden Ver­trag nicht zu ver­län­gern.

Und jener Veh legte sein mäch­tiges Veto ein, als er vom Vor­stand Anfang der Woche nach dem farb­losen 0:2 gegen ein kei­nes­falls über­mäch­tiges Düs­sel­dorf damit beauf­tragt wurde, Bei­er­lorzer zu ent­lassen. Nach Markus Anfang, an dem Veh in der Vor­saison eben­falls schon zu lang fest­hielt, um ihm dann drei Spiel­tage vor Schluss doch noch die bevor­ste­hende Auf­stiegs­party zu ver­wehren, wäre Bei­er­lorzer der zweite geschei­terte Coach, der auf die Kappe des Geschäfts­führer ginge – in zwei Jahren. Untragbar für Veh, der sich bei einer Aus­boo­tung des Trai­ners eben­falls vor­zeitig zurück­ziehen würde. 

Und damit alles wieder wie 2017? Bitte nicht. Also ent­schieden Vor­stand und Gemein­samer Aus­schuss lieber, nichts zu tun. Trainer und Geschäfts­führer blieben im Amt, statt­dessen wurde eine Erklä­rung raus­ge­schickt, mit der Bei­er­lorzer in einer erstaun­li­chen Deut­lich­keit in ein per­sön­li­ches End­spiel am Frei­tag­abend zu Hause gegen Hof­fen­heim geschickt wird.

Gemeinsam sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir unserem Chef­trainer Achim Bei­er­lorzer das Ver­trauen aus­spre­chen“, heißt es da. Nur um wenig später anzu­fügen: Dass es im Fuß­ball am Ende auf Ergeb­nisse ankommt, ist den­noch jedem klar.“ Außerdem ist deut­lich her­aus­zu­lesen, dass ledig­lich Geschäfts­füh­rung und das den Vor­stand bera­tende Sport­kom­pe­tenz­team vom Trainer über­zeugt sind. Vor­stand und Mit­glie­derrat offenbar nicht.

Es rächt sich, dass sich Spinner und Veh nach ihrem Streit nicht zusam­men­raufen konnten. Oder dass der pro­vi­so­ri­sche Vor­stand die Zusam­men­ar­beit ver­wei­gerte. Was zur Folge hatte, dass keiner mit Veh früh­zeitig über dessen Zukunft reden konnte und alles auf den neuen Vor­stand war­tete. Und Veh trotzdem in der Mann­schafts­ge­stal­tung freie Hand gewährt wurde, weil keiner mehr die Traute hatte, Kontra zu geben. Die Geld­scha­tulle wurde weit geöffnet, Trans­fers abge­nickt, das Budget groß­zügig erwei­tert, kein anderer Trainer als Bei­er­lorzer wurde in Betracht gezogen.

Ich bin im Hier und Jetzt unter­wegs“

Her­aus­ge­kommen ist eine massiv ver­un­si­cherte Mann­schaft, der dieses pein­liche wer-ver­traut-wem-Schau­spiel ebenso wenig hilft wie dem Trainer, dessen Job nun an einem ein­zigen Spiel hängt. So bleibt dem bemit­lei­dens­werten Bei­er­lorzer auch nichts anderes übrig, als sich auf der Spiel­tags-Pres­se­kon­fe­renz in Durch­hal­te­pa­rolen zu flüchten. Ich bin im Hier und Jetzt unter­wegs und lege all meine Energie in das, was ich beein­flussen kann.“

Und am Ende der Fah­nen­stange stehen die Fans, von denen am Freitag 50.000 ins Sta­dion gehen werden. Diesmal aber mit dem beklem­menden und miesen Gefühl, dass das nächste Heim­spiel gegen einen form­starken Gegner schon im Voraus auf­grund interner Que­relen und der dadurch ent­stan­denen Ohn­macht her­ge­schenkt wird. Der Glaube an einen Sieg, geschweige denn die Kehrt­wende unter Bei­er­lorzer ist gering.

Was würde ein Sieg ver­än­dern?

Wie sollte die auch aus­sehen? Gewinnt Bei­er­lorzer mit einem ein­zigen Sieg so viel Ver­trauen zurück, dass er den gesamten Verein wieder hinter sich weiß? Und was ändert sich bei einer wei­teren Nie­der­lage an der Aus­gangs­lage? Schwer vor­stellbar, dass Veh dann doch sein Ein­ver­ständnis abgibt, Bei­er­lorzer zu ent­lassen, ohne auch selber seinen Hut zu nehmen.

Es bleibt die Hoff­nung auf den Faktor Zeit. Sich in die Län­der­spiel­pause retten. Und dort dann einen neuen Geschäfts­führer Sport zu finden, der neu und unvor­ein­ge­nommen bewertet, was mit dem Trainer pas­siert. Der Verein wäre dann nicht nur im Vor­stand, son­dern auch in der sport­li­chen Füh­rung erneuert. Sodass Einig­keit herrscht – und der Verein end­lich wieder hand­lungs­fähig ist. Viel­leicht ja im Dezember.