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Orlando Engelaar ist ein großer Spieler. Zumin­dest seine statt­li­chen 1,96 Meter machen den Nie­der­länder, der vier seiner bisher elf Län­der­spiele als Stamm­spieler bei der Euro 2008 machte, schon vor dem Sai­son­start in einer Hin­sicht zum her­aus­ra­genden Spieler der Königs­blauen. Die Ver­pflich­tung Engel­aars deu­tete sich ja bereits seit Wochen an, und nun ist es end­lich zur Eini­gung zischen Schalke und Engel­aars Ex-Verein Twente Enschede gekommen.



Schaut man sich aller­dings einmal um, im Schalker Mit­tel­feld, so wird deut­lich, dass nicht jeder so begeis­tert ist wie Trainer und Ver­eins­füh­rung. Jer­maine Jones, in der letzten Saison eine tra­gende Stütze im defen­siven Mit­tel­feld der Schalker, schimpfte Anfang der ver­gan­genen Woche öffent­lich gegen Manager Müller und sagte: »Ich habe das Gefühl, das sie mich nicht schätzen. Was Andreas Müller sagt, spricht nicht für Fabian Ernst und mich, die sich im defen­siven Mit­tel­feld auf­ge­op­fert haben.« Zu diesem Zeit­punkt befand sich Jones in Rom, um mit seinem Berater Roger Witt­mann über seine Zukunft zu spre­chen. Angeb­lich liegt ihm ein Angebot von Man­chester United vor. Der Junge aus Bonames scheint gekränkt zu sein, und auch Fabian Ernst wird sich nicht son­der­lich gefreut haben, als Andreas Müller vor zwei Wochen auf Jones Ein­wand ant­wor­tete: »Das ist Ihre Mei­nung. Wir haben eine andere!« Fabian Ernst bleibt bisher noch ruhig.

Großer Verein = großer Kon­kur­renz­kampf

Und nun kommt er also, der neue Mit­spieler ergo –kon­kur­rent. Orlando Engelaar wird am 15. Juli in das Trai­ning der Schalker ein­steigen. Eine Sache sollte dabei klar sein, eine Neu­ver­pflich­tung, die den Verein geschätzte acht Mil­lionen Euro Ablöse kostet und die dazu noch der ernannte Lieb­lings­spieler des Neu-Trai­ners Fred Rutten ist, wurde mit Sicher­heit nicht für die Bank ver­pflichtet. Damit wird es eng im Schalker Mit­tel­feld. Denn egal ob der Trainer zukünftig 4−3−3 oder 4−4−2 spielen lässt, für die maximal vier Plätze im Mit­tel­feld stehen Rutten in Zukunft neun poten­ti­elle Kan­di­daten zur Ver­fü­gung (Jones, Ernst, Engelaar, Kobi­a­sh­vili, Gross­müller, Rakitic, Streit, Zé Roberto, Varela). In Schalkes Mit­tel­feld kämpfen in der nächsten Saison also sehr viele ver­schie­dene – und vor allem auch sehr schwie­rige Cha­rak­tere um einen Platz in der ersten Elf. Manager Müller drückt es so aus: »Das ist der nächste Schritt für Schalke wie für die Spieler. Die Zeiten, dass eine Elf stand und der Rest sich fügte, sind vorbei. Bei großen Ver­einen gehört ein ent­spre­chend großer Kon­kur­renz­kampf dazu. Damit muss eben jeder klar­kommen, der hier arbeiten will.«

Wer sich aller­dings an die ver­gan­gene, gewohnt unru­hige Schalker Saison erin­nert, in der Trainer Slomka öffent­lich demon­tiert wurde, Neu­ver­pflich­tung Streit bereits nach vier Wochen unzu­frieden seine Wech­sel­ab­sichten bekräf­tigte und die Samba-Frak­tion (Raf­inha, Zé Roberto, Kuranyi) vor dem letzten Spieltag bis in die Mor­gen­stunden fei­erte, wird wissen, dass es beim FC Schalke nur eine Frage der Zeit ist, bis die Fetzen fliegen.

Kuranyi nicht mehr als ein wan­delnder Ball­ver­lust

Durch diese Kon­stel­la­tion gerät aller­dings ein anderer Brand­herd völlig außer Acht. Der Verein hat seine grund­le­gendsten Pro­bleme durch die Ver­pflich­tung von Engelaar (und auch Farfan) noch lange nicht gelöst. Man kann das Gefühl bekommen, dass der Verein mal wieder den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht hat. In der letzten Saison zeigten sich vor allem ekla­tante Mängel im krea­tiven Spiel nach vorne, das den Ansprü­chen einer Spit­zen­mann­schaft zu keinem Zeit­punkt genügen konnte. Dieses Pro­blem wird auch der defensiv ori­en­tierte Engelaar kaum lösen können, denn der Mangel im Schalker Offen­siv­spiel ist nicht aus­schließ­lich im Mit­tel­feld zu suchen. Schon im Spiel­aufbau aus der eigenen Abwehr hakte es bis­lang oft gewaltig. So wurde das Schalker Spiel bereits ver­schleppt, bevor es so richtig los­ging.

Die Ver­tei­diger Bordon und Kristajic halfen sich zu oft mit langen Bällen auf Kuranyi, der an schlechten Tagen (und davon gab es einige) nicht mehr als ein wan­delnder Ball­ver­lust ist. Die Außen­ver­tei­diger Raf­inha und Wes­ter­mann ver­suchten zwar immer wieder viel auf eigene Faust, aller­dings ging dabei auch sehr viel daneben, und so hin­ter­ließen sie nach Ball­ver­lusten immer wieder rie­sige Lücken in der Hin­ter­mann­schaft. Dass sich das nicht in ent­spre­chend viele Gegen­toren wider­spie­gelte, lag vor allem auch am her­vor­ra­genden Umschalt­spiel von Jones, Ernst und Bordon nach Ball­ver­lusten. Die Hin­ter­mann­schaft bleibt zur neuen Saison aller­dings wie sie ist. Neu­ver­pflich­tungen oder grund­le­gende Ände­rungen sind nicht geplant. Greift hier Mül­lers For­de­rung nach grö­ßerem Kon­kur­renz­kampf nicht mehr?

Schalker Defen­siv­ka­rus­sell

Ein wei­teres Pro­blem der Schalker liegt in der Ide­al­be­set­zung der Abwehr­reihe. Chris­tian Pander ist extrem ver­let­zungs­an­fällig, und die Ver­gan­gen­heit hat gezeigt, dass man sich auf seinen Körper leider nicht immer ver­lassen kann. Pander ist zwar ein über­durch­schnitt­lich guter Frei­stoß­schütze, aller­dings fehlte es ihm in der Defen­siv­ar­beit zu oft an Über­sicht und in der Offen­sive zu oft an Mut, sich in einer Eins-gegen-Eins Situa­tion durch­zu­setzen.

Umso mehr Mut hat EM-Bank­drü­cker Heiko Wes­ter­mann. Der Rechtsfuß Wes­ter­mann ist aller­dings mit seiner »Sprin­ger­rolle« in der Schalker Defen­sive unzu­frieden und kämpft des­wegen um einen Stamm­platz neben dem fest gesetzten Bordon in der Innen­ver­tei­di­gung. Mar­celo Bordon bevor­zugt eben­falls diese Vari­ante, was durch seine andau­ernde For­de­rung nach einem Rechtsfuß neben ihm in der Ver­tei­di­gung unter­stützt wird.

Mladen Kristajic, seines Zei­chens Linksfuß, stellte zwar in der ver­gan­genen Saison nach wie vor eine beein­dru­ckende Erschei­nung dar, wirkte mitt­ler­weile aller­dings oft­mals zu langsam und unge­lenk und war in vielen Situa­tionen ein ent­schei­dendes Sicher­heits­ri­siko. Sein Ein­satz steht also auf der Kippe, und wer den Ein­fluss Kristajics auf das Schalker Ver­eins­um­feld kennt, der kann erahnen, dass es auch in dieser Ange­le­gen­heit nicht lange ruhig bleiben wird.

Auf der rechten Abwehr­seite ist Raf­inha gesetzt. Aber was pas­siert, wenn Raf­inha seine aggres­sive Hal­tung gegen­über dem Verein bei­be­hält (»Wenn ich nicht zu Olympia darf, dann gibt es Ärger! Wenn ich nomi­niert werde, fliege ich auf jeden Fall nach Peking«) und so seine Wech­sel­ab­sichten for­ciert? Angeb­lich steht Liver­pool bereits mit dem Geld­beutel bereit. Auch die Been­di­gung des Dienst­leis­tungs­ver­trages mit Berater Roger Witt­mann und die über­ra­schende Prä­sen­ta­tion seines neuen Bera­ters Juan Figer wurde auf Schalke mit Arg­wohn zur Kenntnis genommen. Es ist also alles andere als sicher, wie die Schalker Defen­sive in der nächsten Saison aus­sehen wird.

Die Frage ist: Wie kann Schalke reagieren? Was pas­siert, wenn sich der Dau­er­hoff­nungs­träger Pander erneut ver­letzt? Was ist, wenn Raf­inha einen Wechsel pro­vo­ziert? Als Alter­na­tiven stehen dann der talen­tierte, aber weit­ge­hend uner­fah­rene Bene­dikt Höwedes und der 18-jäh­rige Carlos Zam­brano bereit. Im Not­fall könnte außerdem Levan Kobi­a­sh­vili auf die Außen­bahn aus­wei­chen. Ist das etwa grö­ßerer Kon­kur­renz­kampf?

Es bro­delt also an allen Ecken und Enden beim FC Schalke 04. Ob die Ver­stär­kungen auf den rich­tigen Posi­tionen statt­fanden und vor allem aus­rei­chen, um das Schalker Spiel im Ver­gleich zur ver­gan­genen Saison zu ver­bes­sern und die geplanten Ziele zu errei­chen, ist den­noch frag­lich. Viel­leicht hätten die Schalker lieber erst einmal den ersten Schritt machen sollen und die Abwehr­reihe um eine neue Vari­ante erwei­tert. Das zur neuen Saison zur Ver­fü­gung gestellte Trans­fer­budget ist aller­dings bereits auf­ge­braucht.

Die Sache ist also ins Laufen gekommen beim FC Schalke 04. Und wie die Ver­gan­gen­heit gezeigt hat, muss man auf­passen, dass man mit der fal­schen Schritt­folge nicht ins Strau­cheln gerät.