Natürlich folgt ManCitys sommerliche China-Visite nur einem Motiv: Geld. Dass der Klub daraus kein Hehl macht, ist irgendwo ehrlich – aber auch unfassbar dämlich. Finden inzwischen auch die Chinesen.
Spätestens nach der Ankunft in Hongkong brach hektische Betriebsamkeit aus bei der Medien- und Marketing-Abteilung von Manchester City. Doch da war es längst zu spät. Die vorangegangenen Tage hatten den PR-Trip des englischen Meisters durch das Reich der Mitte zu einem absoluten Desaster werden lassen. Anstatt die „Citizens“ und ihre Superstars brav abzufeiern, interessiert die chinesischen Medien nur noch ein Thema: der Hochmut des Scheich-Klubs und seine offenkundige Geldgier.
Chinas staatliche Nachrichtenagentur „Xinhua“, die sämtliche Medien des Landes bespielt, hatte den Himmelblauen im Anschluss an den „Premier League Asia Cup“ (mit ManCity, West Ham, Newcastle und den Wolverhampton Wanderers) einen Verriss ins Stammbuch geschrieben, der dem Verein noch lange Zeit weh tun wird. Die vielsagende Überschrift: „Liebe der chinesischen Fans für City bleibt unerwidert“. Während andere Klubs China „mit neu gewonnenem Respekt und neuen Fans verlassen“ hätten, so „Xinhua“, habe „Manchester City weder das eine noch das andere erreicht“.
Unmut durch Unnahbarkeit
Grund für dieses gewaltige PR-Desaster waren nicht so sehr die mauen fußballerischen Darbietungen von De Bruyne, Sané & Co., die das Finale des „Premier League Asia Cups“ gegen Wolverhampton im Elfmeterschießen verloren hatten. Unmut riefen vor allem ihre Auftritte abseits des Rasens hervor. Besser gesagt: ihre äußerst karge Präsenz in der Öffentlichkeit und die völlige Unnahbarkeit.
Nach einem kurzen Show-Training in Shanghai etwa hatten die Herren Stars für die Fans nicht viel mehr übrig als ein kurzes, beiläufiges Winken in die Menge. Autogramme gab es während des gesamten PR-Trips nur für ausgewählte VIP-Zuschauer, die das Vielfache eines durchschnittlichen chinesischen Monatsgehalts für ein Ticket hingeblättert hatten. Zeit ist schließlich Geld.
Einer der wenigen, die in intensiven Kontakt mit den Einheimischen traten, war Citys „CEO“ Ferran Soriano. Der Spanier hielt einen 90-minütigen Vortrag vor Fachbesuchern. Der Titel: „City Football Group: Die Schaffung eines wahrhaft globalen Fußball-Fußabdrucks“. Der Inhalt: Wie Manchester City den chinesischen Sponsoren und (VIP-)Fans künftig auf möglichst einfache Weise möglichst viel Geld aus den Taschen zu ziehen gedenke. Dass die Zuhörer – vorrangig chinesische Sponsoren und (VIP-)Fans – am Ende eher nachdenklich dreinblickten, wen wundert’s?
Die Arroganz und die Ignoranz dieses Auftritts dürfte manch einen Chinesen mit Geschichtsbildung an die Zeiten der europäischen Kolonialherrschaft über Teile des fernöstlichen Reichs erinnert haben. Auch damals ging es den Fremdlingen aus England, Frankreich oder Deutschland nicht um zwischenmenschliche Beziehungen auf Augenhöhe oder um kulturellen Austausch – sondern einzig darum, die Ostasiaten und ihr weites Land wirtschaftlich abzumelken.
Einheimische Journalisten? Nein, danke
Dass rund 150 Jahre später chinesische Sportreporter in Shanghai und andernorts von ManCity wie Medienpartner zweiter Klasse behandelt wurden, erwies sich jedoch als Eigentor. Als die einheimische Journaille vor Interview-Sessions mit den City-Assen Rodri und Oleksandr Zinchenko jeweils aus dem Raum komplimentiert wurde, damit die mitgereisten britischen Kollegen ungestört ihre Fragen stellen konnten, sorgte sogar für einen offenen Eklat. Citys Pressemann begründete die Ungleichbehandlung etwas unbeholfen mit Anweisungen von „oberhalb meiner Ebene“.
Schon der Start von Citys China-Mission war gründlich in die Hose gegangen – auch wenn niemand bei Manchester City etwas dafür konnte. Gleich zweimal musste der Flug in einer noblen Privatmaschine abgesagt werden. Grund waren internationale Kompetenzstreitigkeiten über die Regulierung des ausufernden sommerlichen Flugverkehrs weltweit. Letztlich musste Pep Guardiola sein Team auf zwei Linienmaschinen umbuchen, um dann mit 48-stündiger Verspätung, leicht roten Augen und äußerst mürrischem Gesicht am Zielort Shanghai einzutreffen.
Dass der eigenwillige City-Coach nach dem 4:1‑Sieg über West Ham am vergangenen Mittwoch in Nanjing Hunderte von wartenden chinesischen Fans wort- und grußlos stehen ließ, war auch dem anwesenden Reporter von „Xinhua“ nicht entgangen: Als Pep, flankiert von zwei schwergewichtigen Wachleuten, die kreischende Menge passierte, richtete er seinen Blick stur in Richtung Boden, wie die einflussreiche Nachrichtenagentur detailliert schilderte. Kein Autogramm, kein Selfie, keine Regung. Dabei hatten die Fans teils mehrere Tausend Kilometer Anreise durch das riesige Land auf sich genommen.
„Dieser Vorfall für sich genommen, hätte ja noch als einmaliger Ausrutscher gelten können, verursacht durch den Jetlag oder durch das dicht gestaffelte Programm“, schrieb Xinhua. „Doch zum Leidwesen der chinesischen Fans und der Medien sollte sich herausstellen, dass dies nur eines von mehreren Beispielen war für die Respektlosigkeit, die Manchester City während seiner Tour durch China an den Tag gelegt hat.“
Die Nachrichtenagentur ätzt
Damit nicht genug: „Für den Meister der Premier League war dieser Auftritt in China nichts weiter als eine kommerzielle Verpflichtung“, ätzte die Nachrichtenagentur, „und dieser Mangel an Begeisterung und das irritierende Benehmen gegenüber den Gastgebern vor Ort stand in starkem Kontrast zu den Vertretern an derer Vereine.“ Die Wolverhampton Wanderers etwa hätten sich volksnah und freundlich gezeigt – bei gleich mehreren Autogramm- und Foto-Sessions.
Und Manchester City? Am Samstag gastiert der englische Meister zum Abschluss seiner Asien-Tournee in Japan, beim Schwesterklub Yokohama F Marinos, der ebenfalls der „City Football Group“ von Klubchef Scheich Mansour gehört. Vielleicht sollten die Herren Stars dort zumindest so tun, als bereite ihnen der Aufenthalt Spaß. Ein paar nette Plaudereien und Selfies mit den Einheimischen können kaum schaden, wenn man diesen schon das Geld aus der Tasche ziehen will.