Streit mit dem Investor, Klagen gegen die eigenen Fans und die Rückkehr eines verlorenen Sohnes. Die Sommerpause bei 1860 war nicht gerade harmonisch. Nun startet der ehemalige Bundesligist in die Drittligsaison und spricht schon jetzt vom Abstiegskampf.
Während Fans das Trainingsgelände vom geschlossenen Löwenstüberl in Richtung Tanke verlassen, wird ein MINI in der Einfahrt von einem Ordner aufgehalten. „Wer is denn jetzt des?“ ruft der Ordner, um sich die Frage selbst zu beantworten „Ah, der Lauth! Darf ich dich überhaupt reinlassen?“ Benjamin Lauth, Vereinslegende ohne Anstellung bei 1860, zuckt mit den Schultern: „Ja, musst du jetzt wissen…“ Ein kurzes Zögern, ein kurzes Umschauen, ob irgendjemand da ist, der Ärger machen könnte, ein schnelles Winken. Lauth darf rein. Einmal Löwe, immer Löwe.
Mittlerweile ist der Platz vor dem Grünwalder Stadion voll mit grellblauen Trikots, sehr viele davon mit Namen wie Stevic, Max, Häßler, Bodden, Böhme, Agostino, mit Namen, die an bessere Zeiten erinnern. An Bundesliga, an Europa, an Derbysiege gegen den FC Bayern. Vorletzte Saison musste 1860 in der vierten Liga gegen die U23 des großen Rivalen antreten – und verlor beide Spiele. In dieser Saison kommt es in der 3. Liga zur Neuauflage.
„Nicht mehr Herr im eigenen Haus.“
Während sich langsam die Autos am Grünwalder Stadion vorbeischieben, stehen davor die 1860-Fans, trinken Bier, kaufen sich Stadionhefte oder die letzten Karten vom Schwarzmarkt. Das Spiel ist natürlich ausverkauft. Am Eingang verteilen Mitglieder der Initiative Löwen-Fans gegen Rechts Sticker. Seit mehr als 20 Jahren setzt sich die Initiative gegen Homophobie und Rassismus im 1860-Fanlager ein, Probleme, die dort durchaus zu finden sind. Die Initiative ist, wie fast alle aktive Fangruppen, Ismaik-kritisch und beteiligte sich im April an einer T‑Shirt-Aktion gegen den Investor. Schon damals begann ein Rechtsstreit mit der Merchandising GmbH, die der HAM International gehört.
Vor wenigen Tagen dann die nächste Eskalationsstufe: Die Merchandising GmbH des Vereins hat Klage gegen die Nutzung des 1860-Wappen auf dem Logo der Initiative eingereicht, auf dem das Zeichen des Vereins und eine Faust, die ein Hakenkreuz zerschlägt, zu sehen ist. „Wir bewerten das als Machtdemonstration, mit der kritische Fans nicht nur mundtot gemacht, sondern auch eingeschüchtert werden sollen“, sagt ein Sprecher der Initiative. Löwenfans gegen Rechts bekam 2009 vom DFB den „Julius Hirsch Preis“, von der Stadt München 2015 den „Bürgerpreis“ verliehen und wurde in der Vergangenheit von 1860 aktiv unterstützt.
„Der TSV 1860 München als eingetragener Verein macht uns keine Probleme. Mit Nicoai Walch vertritt uns sogar ein Anwalt, der gleichzeitig auch im Verwaltungsrat des e.V. sitzt. Der Verein hält aber eben nur noch 40 % der Anteile an der KGaA“, sagt der Sprecher. „Der Verein ist nicht mehr Herr im eigenen Haus. Es gab viele warnende Stimmen, die damals, beim Einstieg des sogenannten Investors, vor genau dieser Situation gewarnt hatten.“ Dennoch habe sich die Fanszene in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. Mit der Rückkehr nach Giesing hätte der Verein viel an Authentizität gewonnen und würde so auch junge Fans anziehen.