Norwegens Verband leistet sich den Luxus einer nationalen U14-Liga und schickt Toptalente in 30.000 Euro teure Einzel-Trainingslager. Experten schütteln den Kopf.
Immerhin: Die horrenden Kosten für die Eliteförderung deluxe übernehmen großteils die Verbände — klingt irgendwie fürsorglich. Doch in Wahrheit sorgt das für zusätzliche Probleme im norwegischen Fußball: Um die teuren Förderprogramme finanzieren zu können, haben Nationalverband, Regionalverbände und letztlich auch die Vereine ihre Beiträge in schwindelerregende Höhen geschraubt.
Der jährliche Vereinsbeitrag im Großraum Oslo beträgt derzeit bis zu 18.000 Kronen (rund 1.800 Euro). Viele Kinder aus sozial schwächeren Familien mussten wegen der gestiegenen Kosten mit dem organisierten Fußball aufhören — oder sie können gar nicht erst damit beginnen.
Die, die helfen könnten, bleiben außen vor
„Dieser Wahnsinn ist eine unmittelbare Folge der vermeintlichen Professionalisierung im Nachwuchsbereich“, schimpft Marianne Borgen, die Bürgermeisterin von Oslo: „Wenn man sozial Schwächere ausschließt, widerspricht das doch jeder Idee von sozialer Teilhabe und Integration.“ Und: Es schwächt den Sport statt ihn zu stärken.
Denn am Ende bleiben genau jene außen vor, die Fußball-Norwegen in den letzten Jahren noch am meisten geholfen haben: ausgewiesene Straßenkicker mit Migrationshintergrund wie die Nationalspieler Joshua King (26) vom AFC Bournemouth, Mohamed Elyounoussi (24) vom FC Basel oder Omar Elabdellaoui (26) von Olympiakos Piräus.
Eine echte Ausnahme-Erscheinung
„Omar gehörte anfangs nicht einmal zu den besten in seiner Altersklasse“, verriet ein namentlich nicht genannter Auswahltrainer unlängst der Zeitung „Aftenposten“. Doch dafür habe Elabdellaoui vielen Altersgenossen etwas ganz Entscheidendes voraus gehabt: „Er besaß diese totale Motivation und den unbändigen Willen, etwas zu erreichen. Das Lodern in seinen Augen war schon bei unserem allerersten Gespräch zu sehen.“
In der laufenden Saison kickte Omar Elabdellaoui mit Piräus in der Champions League und ist damit eine echte Ausnahme-Erscheinung unter Norwegens Fußballern.
Geht es Norwegen einfach zu gut?
Natürlich, es gibt da auch noch einen gewissen Martin Ödegaard, der bei Real Madrid unter Vertrag steht. Doch der 19-Jährige ist zurzeit an den SC Heerenveen ausgeliehen — graues Mittelfeld in der holländischen Eredivisie. „Dort lernt er wenigstens zu kämpfen und seine Ellenbogen auszufahren“, sagt Norwegens Nationalheld Ole Gunnar Solskjaer.
„Diese Fähigkeit ist doch vielen jungen Fußballern hierzulande komplett abhanden gekommen. Vielleicht geht es uns als Nation einfach zu gut.“