Zum ersten Mal seit 15 Jahren findet das Champions-League-Viertelfinale ohne Lionel Messi und Cristiano Ronaldo statt. Warum deshalb eine Ära endet und das trotzdem Quatsch ist.
Den Misserfolg mit ihren absurd hohen Gehältern zu erklären, das wäre zu simpel, und trotzdem ist ein Blick interessant. Lionel Messi soll mit dem alten Barca-Präsidenten Josep Bartomeu einen Vertrag ausgehandelt haben, der ihm in den vergangenen vier Jahren 745 Millionen Euro einbrachte – die Zeit der heftigen Niederlagen auf internationaler Ebene ließ sich Barcelonas Kapitän also ordentlich bezahlen. In Turin soll das Basishonorar von Cristiano Ronaldo so hoch sein wie die Summe der vier bestbezahltesten Spieler nach ihm im Kader. Viel Geld für einen, der sich im entscheidenden Moment in der Mauer stehend zu früh wegdreht.
Auffällig ist, dass die Werte der beiden Superstars seitdem drastisch gesunken sind. Nicht unbedingt gemessen an Toren, aber anhand von Statistiken, die ihren Wert für eine Mannschaft darstellen: Beide gewinnen seit geraumer Zeit kaum noch Bälle für ihr Team. Wie zwei Herren im Pflegeheim werden sie stattdessen von unterbezahlten Zivildienstleistenden gefüttert.
Weshalb der Independent am Morgen nach Turins Niederlage dem Präsidenten Agnelli empfahl: „Wenn Andrea Agnelli den europäischen Fußball neu ordnen will, um sicherzustellen, dass sein Verein nicht so viel verliert, sollte er vielleicht damit beginnen, worum es bei dem Spiel und seiner Aufgabe gehen soll: überhaupt eine richtige Mannschaft aufzubauen.“
Solche richtigen Mannschaften haben in den letzten Jahren die Champions League wohlgeformte Kader in München, Liverpool und Madrid. Keine überraschende Erkenntnis, dass noch immer die besten Mannschaften Titel gewinnen und Fußball eben Mannschaftssport ist. Aber das ist auch nicht weniger vereinfacht, als die Annahme, dass mit dem Aus der Einzelkönner Messi und Ronaldo eine Ära enden würde. Denn haben sie das getan? Haben sie je einen solchen Titel im Alleingang gewonnen? Wer das bejaht, verkennt den Einfluss der anderen. Verkennt das perfekte Spiel um Iniesta, Xavi, Carles Puyol. Verkennt die neuen Galaktischen um Sergio Ramos, Luka Modric, Toni Kroos. Es war nie die Ära dieser Spieler, es waren die Ären solcher Teams.
Ach ja, es gilt noch den Fehler aufzulösen: Denn die eingangs erwähnte Statistik stimmt überhaupt nicht. Auch 2005/06 erreichten weder Lionel Messi noch Cristiano Ronaldo das Champions-League-Viertelfinale. Manchester United mit Ronaldo schied als Letzter schon in der Gruppenphase aus. Und Messi? Der fiel in der K.O.-Phase mit einem Muskelbündelriss aus. Davon nahmen nur die wenigsten Notiz, Barcelona gewann die Champions League auch ohne ihn. Wahrscheinlich war die Mannschaft von Frank Rijkaard ganz ordentlich zusammengestellt.