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Zu Beginn ein kleines Quiz: Wie heißt der­zeit die Arena des Ham­burger SV offi­ziell? Wel­cher Sponsor ergänzt den Namen Rhein-Neckar Arena der TSG Hof­fen­heim? Han­nover 96 spielt in der … Arena? Wie heißt das Sta­dion des SC Frei­burg in dieser Saison? Auf­lö­sung später.

Johannes Rapp weiß, wie sein Sta­dion heißt, und wie es heißen sollte. Für Ein­tracht-Fans ist und bleibt es das Wald­sta­dion“, sagt Rapp. Frank­furt spielt aber offi­ziell in der Com­merz­bank-Arena, Rupps Verein Nord­west­kurve würde es gerne wieder umbe­nennen. Der Fan­klub sam­melte Mitte Sep­tember gut 250 Lot­to­scheine, um mit dem Gewinn die Namens­rechte zurück­zu­kaufen. Die Fans erspielten mit der Aktion: 384,20 Euro. Ein Angebot gaben sie trotzdem ab, 384,20 Euro für einen Spieltag Wald­sta­dion. Es könnte nicht ganz rei­chen.

Und doch ver­än­dert sich gerade etwas an den Let­tern auf den Sta­di­on­dä­chern. Nach einem Bericht der Zei­tung Marca“ will Real die Namens­rechte am Sta­dion Sant­iago Ber­nabéu für eine halbe Mil­li­arde Euro an das Emirat Abu Dhabi ver­kaufen. Eine bemer­kens­werte Summe, wenn man bedenkt, dass es nur ein halber Sta­di­on­name wäre: Abu Dhabi Sant­iago Ber­nabeu“. Eine ver­wir­rende Bezeich­nung für einen Bau in Madrid, aber es würde den Ver­eins­pa­tron nur halb ent­ehren. Der SC Frei­burg, um gleich eine Quiz­frage zu klären, ist da geo­gra­fisch geschickter und nennt sein Sta­dion künftig: Schwarz­wald­sta­dion. Was nach Hei­mat­ver­bun­den­heit klingt, ist in Wirk­lich­keit etwas kom­plexer.

Früher war es ein­fach. Sta­dien waren meist geo­gra­phisch benannt, nach Straßen, Parks, Flüssen oder his­to­risch. Das sym­bo­li­sierte Ver­bun­den­heit zur Region, war aber neu­tral genug, um es mit mit eigenen Erleb­nissen und Emo­tionen zu füllen. Dass Sport­arenen nach Spon­soren benannt werden, gibt es in USA seit den Drei­ßi­ger­jahren. In Deutsch­land war die Umset­zung zag­haft, für Auf­sehen sorgte erst der Ham­burger SV, als der Klub 2001 das umge­baute Volks­park­sta­dion AOL-Arena taufte. Mitt­ler­weile ist die Bun­des­liga im Namens­spon­so­ring euro­pa­weit füh­rend, 14 der 18 Erst­li­ga­sta­dien tragen Unter­neh­mens­namen. 2012/13 nahm die Bun­des­liga 45,8 Mil­lionen Euro für Sta­di­on­namen ein, mehr als dop­pelt so viel wie Pre­mier League (19,5 Mil­lionen Euro).
In den Volks­mund sind Namen wie HDI-Arena in Han­nover oder Wirsol Rhein-Neckar Arena aber nicht ein­ge­gangen. Fuß­ball­fans, nicht nur Ultras, ver­meiden die neuen Namen oft. Fern­seh­sender wie Sky ver­wenden sie, auch wenn es da keine Ver­pflich­tung gebe, wie der Sender sagt. Die meisten Print­me­dien ver­wenden sie nicht in ihrer Bericht­erstat­tung, um Wer­bung vom redak­tio­nellen Teil zu trennen.

Auch in Frank­furt spricht die Mehr­heit der Fans weiter vom Wald­sta­dion. Der Name ist ein Stück Iden­tität, auch für Frank­furter, die sich gar nicht für Fuß­ball inter­es­sieren“, sagt Johannes Rapp vom Verein Nord­west­kurve, es fühlt sich komisch an, da ein neues Eti­kett drauf­zu­kleben, der gelb leuch­tende Schriftzug auf dem Dach ist fast schon unwirk­lich.“

Für die Ver­eine ist die Zusatz­ein­nahme natür­lich will­kommen, zumal man sie später nicht an Banken zurück­zahlen muss“, sagt Andreas Ull­mann. Er arbeitet für die Agentur Repucom, ehe­mals Sport + Markt, die über 50 euro­päi­sche Arenen bewertet und 20 Klubs bei Ver­trags­ab­schlüssen beraten hat. Gerade deut­sche Ver­eine benutzten Sta­di­on­spon­soren, um die vielen Arenen abzu­be­zahlen, die rund um die WM 2006 gebaut oder umge­rüstet wurden. Ein will­kom­mener Zuschuss in Zeiten, in denen Kom­munen kaum noch mit­fi­nan­zieren und als Kre­dite teuer waren.

Aber was haben Unter­nehmen davon, einen Sta­di­on­namen zu kaufen, den keiner benutzt? Vielen Unter­nehmen geht es primär gar nicht darum, die natio­nale oder inter­na­tio­nale Bekannt­heit zu stei­gern“, sagt Ull­mann. Da seien Trikot- oder Ban­den­wer­bung weitaus effek­tiver. Sie wollen viel­mehr Com­mit­ment in ihrer Region zeigen“. Über 85 Pro­zent der Rech­te­inhaber kämen aus der Region. Medial mag der Sta­di­on­name unter­gehen, aber nicht vor Ort. Da ist Leucht­schrift auf einem Wahr­zei­chen am Auto­bahn­kreuz ein sicht­barer Vor­teil. Leb­lose Pro­dukte wie Ver­si­che­rungen sollen emo­tional auf­ge­laden werden. Aber viele Firmen wollen auch nur Geschäfts­kon­takte im Logen­be­reich pflegen. Am besten funk­tio­niert es aber, wenn Unter­nehmen im Sta­dion ihr Know-How vor­führen können“, sagt Ull­mann. Des­wegen lie­fern viele Energie-Unter­nehmen auch gleich den Sta­di­on­strom. Echte Unter­stüt­zung bei neuen teuren Arenen akzep­tieren Fans leichter. Die Allianz Arena in Mün­chen hieß eben nie anders. Die Ver­si­che­rung über­weist dafür bis 2021 jähr­lich sechs Mil­lionen Euro an den Best­ver­diener FC Bayern. Schwierig wird es, wenn sich ein Name über Jahr­zehnte ein­ge­brannt hat und Tra­di­tio­na­listen das Gefühl haben, ihnen wird etwas weg­ge­nommen“, sagt Ull­mann. Vor allem wenn gar kein Neubau finan­ziert wird und der Name alle paar Jahre wech­selt. Namens­rechte-Part­ner­schaften tragen sich oft­mals erst nach drei bis fünf Jahren und ent­falten dann ihre Wir­kung“, sagt Ull­mann.
 
Der HSV hat schon den dritten Are­nen­titel mon­tiert, auf HSH Nord­bank folgte Imtech Arena, um eine wei­tere Quiz­frage zu beant­worten. In der Aus­tausch­bar­keit scheint sich die sport­liche Kon­zept­lo­sig­keit des HSV zu spie­geln. Auch wenn ein Mäd­chen damals in einem Fern­seh­bei­trag bekannte: Für mich wird es immer die AOL-Arena bleiben.“

Die Spon­so­ren­namen kommen nicht bei allen Fans so gut an, in Umfragen ist stets eine Mehr­heit dagegen. Beson­ders wenn der Name unglück­lich gewählt ist. Play­mobil-Sta­dion oder Trolli-Arena, das demü­tigte Für­ther Fans eher. Glücksgas-Sta­dion in Dresden, das war eher heikel. Mitt­ler­weile tragen beide Arenen die Platz­hal­ter­namen Sta­dion am Lau­benweg und Sta­dion Dresden, bis ein neuer Sponsor gefunden ist. Der 1. FC Nürn­berg, wo Fans den Namen Max-Mor­lock-Sta­dion for­dern, ent­schied sich gerade so gegen Hoch­tief als Namens­sponsor, was bei einem Fahr­stuhl­klub ungute Asso­zia­tionen aus­ge­löst hätte. Doch mitt­ler­weile hat ein Umdenken statt­ge­funden, bei Ver­einen und Unter­nehmen. Er stelle in Gesprä­chen fest, dass die Unter­nehmen keine Nega­tiv­be­richt­erstat­tung mehr wollten, die Fans ein­binden möchten, berichtet Ull­mann. Da hätten auch die sozialen Netz­werke und Shit­s­torms in den letzten Jahren viel geän­dert. Ein Trend gehe zu sof­teren Vari­anten wie Misch­namen oder gespon­serten Tri­bünen. Siehe Abu Dhabi Sant­iago Ber­nabeu. Die Frank­furter Fans ver­weisen auf den SV Darm­stadt 98, dessen Sta­dion nun Merck-Sta­dion am Böl­len­falltor heißt. XY-Arena im Wald­sta­dion würde posi­tiver wahr­ge­nommen“, glaubt Rapp. Dass ein Sponsor im Namen fast unver­meid­lich ist, damit hat er sich wie viele Fans abge­funden. Das Rad lässt sich leider nur noch schwer zurück­drehen.“

Oder doch? In Braun­schweig geben fünf Unter­nehmen Geld, damit die Fans weiter ins Ein­tracht-Sta­dion gehen können. Hinter dem neuen Namen Schwarz­wald-Sta­dion in Frei­burg ver­birgt sich die Schwarz­wald Tou­rismus GmbH, die zusammen mit wei­teren Spon­soren aus der Region einen Namen finan­ziert, der zumin­dest gut klingt.

Der ein­zige Bun­des­li­gist, der der­zeit keine Gedan­ken­spiele für einen Sta­di­on­sponsor hegt, ist Hertha BSC. Das Ber­liner Olym­pia­sta­dion ist ein Son­der­fall, weil es unter Denk­mal­schutz steht und dem Land gehört. Das Olym­pia­sta­dion ist eine eigene Marke von hoher Qua­lität“, sagt Sta­di­on­ge­schäfts­führer Joa­chim Thomas. Auch die His­torie des Sta­dions macht eine Umbe­nen­nung schwierig, zieht aber auch eine Menge Tou­risten an. Ein Sta­di­on­name ist selbst eine Marke, die oft mehr wert ist als ein paar Hun­dert­tau­send Euro Spon­sor­geld im Jahr.
Auf das Angebot über 384,20 Euro haben die Frank­furter Fans noch keine Ant­wort erhalten. Auf­merk­sam­keit gab es, der Sta­di­on­be­treiber hat sie zum Gespräch geladen, aber der Rech­te­inhaber Com­merz­bank will es nicht kom­men­tieren. Ein Jackpot hätte die Türen viel­leicht geöffnet. Beim Sta­di­onquiz gewinnt man eben doch noch leichter als beim Lotto.