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Seite 2: Der Sumpf als Privatparadies

Über die Anfänge von Bag­gios Kar­riere las ich nur retro­per­spektiv, davon, wie sein Stern bei der Fio­ren­tina auf­ging und das Knie früh kaputt. Wie er 1990 in das Pie­mont wech­selte und die Flo­renzer Tifosi aus Pro­test die Alt­stadt zer­legten. Wie Baggio nach dem Spiel gegen seinen alten Klub in die Mikro­fone lärmte, er werde im Herzen immer lila tragen.

Und davon, wie er 1993 zum besten Spieler Europas und des Pla­neten wurde, Welt­fuß­baller, vor Romario noch, weil er Juve den UEFA-Cup geholt hatte. Gigi Mai­fredi, früher Bag­gios Trainer bei der alten Dame, schwärmte: Er kann Fuß­ball spielen wie noch nicht mal die Hei­ligen im Para­dies.“ 

Ohne Baggio? Ohne mich!

Dabei wollte Baggio gar nicht ins Para­dies. Die Sumpf­land­schaften des hei­mat­li­chen Veneto waren ihm oft schon genug, ihret- und der Familie wegen schlug Baggio inter­na­tio­nale Ange­bote aus und heu­erte bei Bre­scia Calcio an, 2000 war das. Kurz vorher hatte die Cor­riere dello Sport mal wieder eine Kam­pagne gestartet, mit der sie ihren geal­terten Helden doch noch in den EM-Kader zu hieven ver­suchte.

Auch ich wollte mich soli­da­ri­sieren, wollte einen Brief schreiben. Leider war ich des Ita­lie­ni­schen nicht mächtig. Die Squadra Azzurra unterlag Frank­reich im Finale. Ohne Baggio. Ich habe es mir nicht ange­schaut.

Abschied am 16. Mai 2004

Das letzte Mal am Ball sah ich Roberto Baggio dann in seinem Abschieds­match. Vier Sai­sons in Folge hatte er Bre­scia Calcio in der Serie A gehalten, den poma­digen Klub mit seinen Soli, seinen Frei­stößen, Elf­me­tern und Pässen gerettet. Am 16. Mai 2004 war es vorbei. Baggio ging – und schaffte es doch nochmal, mich zu bannen. Es war gar nicht sein Wirken auf dem Rasen an jenem Tag, auch nicht sein demü­tiger Abgang oder die 80.000 im San Siro, die sich kol­lektiv erhoben für den schei­denden Kapitän des Geg­ners.

Es war etwas anderes: Roberto Baggio trug, mit 37 Jahren und kom­plett ergraut, noch immer seinen Zopf. Ich ging schon lange nicht mehr in den Kin­der­garten. Aber wäre in diesem Moment Fri­seurtag gewesen, ich hätte mir sofort wieder drei Strähnen ins Haar knüpfen lassen.