Bei einem Amateurmatch in Dundee landet der Spielball in einem nahegelegenen Fluss. Zwei Wochen später taucht die Kugel an der niederländischen Küste wieder auf – und beschert den Schotten neue Fans.
Die niederländische Insel Vlieland ist ein idyllisches Fleckchen Erde. Knapp 1.200 Menschen nennen das Eiland ihre Heimat. Auch Esther Verhees, eine niederländische Psychotherapeutin, wollte sich in dieser Ruhe Anfang Dezember ein wenig erholen. Dass sie während ihres Urlaubs aber Fan eines schottischen Amateurvereins werden würde, damit hatte sie sicherlich nicht gerechnet.
Die Geschichte beginnt zwei Wochen zuvor in Dundee. Fußballerisch ist die Küstenstadt vor allem für die Premiership-Klubs Dundee United und den FC Dundee bekannt. Eine übermotivierte Aktion eines Verteidigers katapultierte nun aber den Amateurklub Dundee Athletic in die öffentliche Wahrnehmung. Denn der Defensivmann bolzte bei einem Spiel seines Teams den Ball nicht nur vom Platz, sondern auch gleich noch in den nahegelegenen Fluss Tay. Dort versank das Spielgerät in den Wellen und ward nicht mehr gesehen – zumindest vorerst.
Was keiner zu diesem Zeitpunkt ahnen konnte: Die Reise der Kugel hatte damit gerade erst begonnen. Der Ball schipperte einmal quer durch die Nordsee, bevor er schlussendlich am Strand von Vlieland angespült wurde. Mehr als 600 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Spielort des schottischen Amateurklubs und der niederländischen Insel. Rund zwei Wochen nach dem Malheur von Dundee ging Esther Verhees mit ihrem Partner Paul van Aken an der Küste spazieren, als den beiden das weiße Spielgerät im Sand auffiel.
Den Ball nahmen die Urlaubenden daraufhin genau unter die Lupe und entdeckten auf dessen Oberfläche den rosafarbenen Schriftzug „Dundee Athletic“. So richtig wussten sie damit aber erstmal nichts anzufangen. Also fragten Esther Verhees und Paul van Aken im Freundeskreis um Rat und konnten die Besitzer des Balles schlussendlich über Facebook ausfindig machen.
„Vermisst ihr einen Fußball?“, fragte die Niederländerin daraufhin in einem an den Amateurverein gerichteten Post. „Wir haben einen am Strand von Vlieland gefunden, er ist weit gereist.“ Dazu schickte sie dem Klub Fotos von dem bereits verloren geglaubten Leder. Der Verein reagierte mit einem eigenen Post und begrüßte Esther Verhees als neuen Fan aus den Niederlanden. Die Freude bei den Amateuren über diese skurrile Geschichte war also groß. Beim ursprünglichen Ballverlust hatte es danach noch gar nicht ausgesehen.
Denn Matt Smith, Teammanager bei Dundee Athletic, hatte sich während der Partie seiner Mannschaft zunächst wenig begeistert über das Verschwinden des Balles gezeigt. Schließlich hatte der Verein das Spielgerät gerade erst neu erstanden. Nachdem aber mehrere britische Medien über die Geschichte berichteten, ist der Schotte mittlerweile durchaus glücklich darüber, dass der Ball in den Fluten des Tay verschwand – beziehungsweise, dass Esther Verhees ihn am Strand von Vlieland entdeckte und an sich nahm. „Dem Klub hat das eine Menge positive Aufmerksamkeit beschert“, betonte der Teammanager im Gespräch mit dem Lokalsender Radio Tay News und ergänzte: „Es haut mich um, wie weit der Ball gereist ist, und vor allem auch noch so schnell.“
Dass ein Ball bei Spielen in Dundee mal im Fluss lande, sei laut Smith gang und gäbe. Schon sein ganzes Leben spielt Athletics Teammanager in der schottischen Küstenstadt Fußball. Er selbst habe des Öfteren die Pille unabsichtlich im Fluss versenkt. Im Normalfall spült die Strömung die Kugel schlussendlich in Broughty Ferry, einem Vorort von Dundee an, wo die dort lebenden Kinder sich dann über einen neuen Ball freuen. Dass die Pille dieses Mal aber in einem anderen Land wieder zum Vorschein kam, ist für den heimatverbundenen Matt Smith ein Novum.
Als wäre die Odyssee des Balles noch nicht außergewöhnlich genug, verleiht der Zufall dieser Geschichte noch eine letzte Pointe. An dem Wochenende, an dem Esther Verhees und Paul van Aken das Spielgerät am Strand von Vlieland fanden, wollten sie eigentlich am liebsten gerade ganz woanders sein – nämlich in Schottland. Dort lebt die Tochter des Paares. Die aktuell kursierende Corona-Variante Omikron führte aber kurzfristig zu neuen Reisebeschränkungen. Statt eines Trips nach Edinburgh buchten die beiden daraufhin einen Urlaub auf Vlieland. „Wir sind nicht nach Schottland gekommen – aber Schottland kam zu uns“, erklärte die Niederländerin der britischen Presse nach dem Fund des Balles.
In der schottischen Küstenstadt möchte man Esther Verhees nun mit einem Trikot des Amateurvereins ausstatten. Fans aus den Niederlanden hat es bei Dundee Athletic noch nicht gegeben. Und als solche bezeichnen Esther Verhees und ihr Partner sich mittlerweile auch. Doch was passiert jetzt eigentlich mit dem verloren geglaubten Spielgerät, das sich einmal komplett durch die Nordsee gekämpft hat? „Wir haben uns dazu entschieden, dass wir den Ball an den Klub zurückgeben möchten, wahrscheinlich per Post“, erklärt Esther Verhees. In Dundee dürften sie sich über dieses Paket sicher freuen und in Zukunft vielleicht auch nicht mehr allzu genervt sein, sollte die Pille mal wieder in den Wellen des Tay verschwinden. Denn möglicherweise spült die Strömung den Ball erneut an die europäische Nordseeküste – und Dundee Athletic gewinnt weitere internationale Fans dazu.