Der 1. FC Germania Egestorf/Langreder spielt eigentlich in der Regionalliga. In Sachen eSports will der Klub aber zu den ganz Großen aufschließen. Die Verantwortlichen erklären uns, wie das klappen soll.
Ralf Dismer und Fabian Miszczyk, Sie sind Präsident des 1. FC Germania Egestorf/Langreder sowie verantwortlicher Leiter der eSports-Sparte. Wie kommt man auf die Idee, plötzlich im eSports einzusteigen?
Ralf Dismer: Die Idee ist im Spielerkreis entstanden, weil die Jungs durch ihre Fußball-Leidenschaft auch privat gerne FIFA spielen. Mit unserer ersten Mannschaft haben wir vor kurzem an einem Turnier teilgenommen, bei dem auch eSports angeboten wurde. Da haben sich kurzerhand zwei unserer Fußballspieler angemeldet. Leider lief es für die nicht so gut, wir sind in der Vorrunde rausgeflogen, aber das war ja auch unser erster Auftritt. Jetzt sind wir gerade mit dem Aufbau dieser neuen Sparte beschäftigt. Nach einem Facebook-Post haben wir schon unheimlich viele Anfragen bekommen, die wir jetzt auswerten.
Fabian Miszczyk: Wir wollen das einerseits für die breite Masse anbieten. Wir nehmen jeden auf, um eine Community entstehen zu lassen, in der Freunde und Vereinsmitglieder zum gemeinsamen Spielen gefunden werden können. Langfristig wollen wir andererseits auch wettbewerbsfähig sein. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber es ist das Ziel, bei Turnieren und Veranstaltungen mitzuspielen. Dabei bekommen wir Hilfe unter anderem von einem FIFA- und einem Rocket-League-Profi.
Wie gründet man eigentlich eine eSports-Sparte?
Fabian Miszczyk: Im Prinzip läuft das nicht anders als bei einer Tischtennissparte.
Ralf Dismer: Wir müssen ja auch ein Backup haben, wenn es sportlich nicht so läuft. Nein, das ist natürlich Spaß! Wir haben gemerkt, dass die private Leidenschaft der Spieler in diese Richtung geht. Zum einen muss man natürlich Gemeinschaft auf dem Platz abrufen, zum anderen gibt es einen Freundeskreis innerhalb der Mannschaft, der Zeit miteinander verbringt und diesen Hobbys nachgeht. Das finden wir als Verein absolut cool!
Haben Sie schon einen Kader zusammenstellen können?
Fabian Miszczyk: Nein, so weit sind wir noch nicht, planen aber ein recht großes Turnier hier in der Region. Wir wollen sehen, wie das angenommen wird und ob sich Talente herauskristallisieren. Die werden dann von uns sicherlich anders unterstützt als solche, die einfach nur mit ihren Freunden hier in Barsinghausen oder Egestorf FIFA spielen.
Wie groß ist denn der finanzielle Aufwand? Kann sich ein Regionalligist mal eben einen Satz Playstations leisten?
Fabian Miszczyk: Das kann ich noch nicht beziffern. Wir sind jetzt auf der Suche nach Partnern und haben schon einige Anfragen. Für die eSports-Sparte gibt es natürlich andere Sponsoren als für Fußball.
Was verspricht sich der Gesamtverein davon?
Fabian Miszczyk: Für den Verein kann das ein Aushängeschild sein. Vor allem wollen wir aber erst einmal einen Ausgleich für die Freizeit stellen. Wenn aber Leute in der Region, die mit Fußball eigentlich nicht viel am Hut haben, gerne wettbewerbsorientiert eSports betreiben wollen, möchten wir mit denen gemeinsam etwas aufbauen.
Wie steht es denn um die Ambitionen im Konzert der Großen mitzuspielen – etwa in der virtuellen Bundesliga?
Fabian Miszczyk: Auf lange Sicht wollen wir sicher in der virtuellen Bundesliga und auch bei internationalen Turnieren mitreden. Wir hätten gerne ein, zwei Spieler in unseren Reihen, die sich dafür qualifizieren können und uns vertreten. Am Wochenende war zum Beispiel die FIFA-Europameisterschaft in Barcelona – das wär nicht schlecht, wenn da mal jemand im Germania-Trikot rumläuft.
Wo wird die Sparte ihren Platz finden? Wird der Bälle-Raum im Stadion leergeräumt?
Fabian Miszczyk: Nein, hauptsächlich wird das ja virtuell stattfinden. Aber klar werden wir das Vereinshaus nutzen, um mal eine Trainingssession mit den Profis oder Turniere zu veranstalten.
Sind sonstige Auswirkungen auf das fußballerische Tagesgeschäft zu erwarten? Findet die Taktikbesprechung jetzt auf der Konsole statt?
Fabian Miszczyk: Nein, auf den Fußball wird das keinen Einfluss nehmen. Es werden aber sicherlich auch Spieler der eSports-Sparte beitreten, die bisher nur Fußball spielen. Wir haben auch schon solche Anfragen bekommen.
Ralf Dismer, Sie sind seit 1980 schon im Verein. Kommen Sie sich manchmal auch albern dabei vor, über eSports zu reden?
Ralf Dismer: Nein, absolut nicht. Ich bin selbst Vater von zwei Söhnen, wir haben früher schon FIFA gezockt. Ich konnte eine Zeitlang nicht begreifen, dass es so eine Nachfrage bis hin zu Bundesliga-Finals und Weltmeisterschaften gibt. Für mich war das immer eine stationäre Geschichte, aber ich finde, das ist eine sehr coole Entwicklung. Wir sind ja wirklich ein kleiner Dorfverein, bei einigen Auswärtsspielen werden wir mit ›Kühe, Schweine, Langreder‹ begrüßt. Aber was wir bisher erfolgreich in der Regionalliga umsetzen, wollen wir auch weitergeben. Und sicherlich versprechen wir uns von unseren Fans und der Gemeinschaft in Barsinghausen ein bisschen mehr Input. Vielleicht finden manche über diesen Weg zum Verein, die unsere moderne Ausrichtung interessant finden. Das sind mögliche Synergie-Effekte.