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Seite 2: Qualvolle Jahre im KZ

Laut der geheimen Lage­be­richte des SS-Geheim­dienstes wurde ihm seine Mit­ar­beit bei einer Zei­tung zum Ver­hängnis. Die Whis­pe­ring Times“ ver­sorgte die unter­drückten Nor­weger mit Infor­ma­tionen aus dem Lon­doner Rund­funk. Sie wurde in einem Kel­ler­raum in Oslo pro­du­ziert, abge­rie­gelt durch eine Falltür mit elek­tro­ni­schem Schließ­me­cha­nismus.

Doch die Nazis fanden das Ver­steck und durch­suchten es. Dies führte, so die Mel­dung des SS-Sicher­heits­dienstes, zur Fest­nahme des frü­heren Vor­sit­zenden des nor­we­gi­schen Fuß­ball­bundes, des Per­so­nal­chefs eines che­mi­schen Betriebs in Oslo, Asbjörn Hal­vorsen. Er hatte vor allem vor­ge­schlagen, die Orga­ni­sa­tion der ille­galen Zei­tungen zusam­men­zu­fassen“. Der 4. August 1942 war Hal­vor­sens vor­erst letzter Tag in Frei­heit.

Ich fürchte, dass ich depor­tiert werde“

Fast ein Jahr lang blieb Hal­vorsen in Nor­wegen in Haft, zuerst im Gefängnis Møl­ler­garten, dann im Lager Grini. Er schrieb einen Brief an seinen Bruder Olaf, in dem er um But­ter­brot­pa­kete und Zahn­pasta bat. Ich habe Hunger“, betonte er. Und gegen Ende des Briefes: Ich habe die Hoff­nung, dass alles gut geht. Aber ich fürchte, dass ich nach Deutsch­land depor­tiert werde.“

Seine Familie solle ihm auf jeden Fall zurück­schreiben. Doch der Kon­takt war gekappt: Als NN-Gefan­gener“ („Nicht nament­lich“, Nacht und Nebel“) gehörte er zu jenen Wider­ständ­lern, an denen die Nazis ein abschre­ckendes Bei­spiel sta­tu­ieren wollten. In einem Geheim­erlass zu den NN-Gefan­genen“ hieß es, dass die Ange­hö­rigen und die Bevöl­ke­rung über das Schicksal des Täters im Unge­wissen bleiben“ sollten.

Hal­vor­sens Befürch­tung bewahr­hei­tete sich, am 29. Juli 1943 wurde er in das KZ Natz­weiler depor­tiert. Hier arbei­teten die Häft­linge im Stein­bruch, Stra­ßenbau und in Rüs­tungs­be­trieben. Hal­vorsen soll gewisse Pri­vi­le­gien genossen haben, weil er immer noch bekannt war und die deut­sche Sprache beherrschte. Zudem ver­brachte er den Groß­teil seiner Zeit im Kon­zen­tra­ti­ons­lager mit dem renom­mierten nor­we­gi­schen Arzt Leif Poul­sson, der sich um die Kranken küm­mern sollte.

Er soll sich gewei­gert haben, einen Mit­häft­ling zu schlagen

Arno Huth, Mit­ar­beiter der Gedenk­stätte des KZ Neckarelz, in das Hal­vorsen und Poul­sson 1944 kamen, gibt zu bedenken: Mag sein, dass ihre Ver­pfle­gung etwas besser aus­fiel, dass ihnen jene Arbeit, bei der die Ver­nich­tung der Arbei­tenden ein­kal­ku­liert war, erspart blieb. Aber auch die Fuß­baller waren ihrer Frei­heit beraubt, auch sie mussten unter unmensch­li­chen Umständen ver­su­chen zu über­leben.“ Die Auf­seher im KZ sollen Hal­vorsen zudem schlechter behan­delt haben, nachdem er sich einer Anwei­sung wider­setzt hatte. Er soll sich gewei­gert haben, einen Mit­häft­ling zu schlagen. Die Strafe: Folter.

Am 5. Januar 1945 wurden Hal­vorsen und Poul­sson nach Vai­hingen ver­legt, ein Kran­ken­lager“. Doch: Es war eigent­lich paradox, dieses Lager als Kran­ken­lager zu bezeichnen – so schmutzig, ver­laust und unhy­gie­nisch, wie es in jeder Bezie­hung war“, schrieb Kris­tian Ottosen, ein dama­liger Häft­ling. Die Läuse im Lager trugen die Krank­heits­er­reger weiter, und die meisten Insassen waren wegen der Unter­ernäh­rung zu schwach, um den Impf­raum auf­zu­su­chen.

Die Ankunft von Hal­vorsen und Poul­sson sei ein mora­li­scher Wen­de­punkt“ für die anderen Gefan­genen gewesen, weil sie über den Ver­lauf des Krieges Aus­kunft geben konnten, so Ottosen. Allein ihre Rede hob die Moral. Die Gräuel des Lagers hatten viele andere Häft­linge in ein mit­unter tage­langes Schweigen getrieben.

Überall Läuse, kein Essen, keine Klei­dung

Hal­vorsen wurde zum Revie­räl­testen ernannt und bewirkte eine Bes­se­rung der Ver­pfle­gung. Es gab nun abends andert­halb Liter Suppe – für alle Häft­linge. Auch bei Hal­vorsen und Poul­sson schwanden die Abwehr­kräfte, sie steckten sich an. Zu Mil­lionen krab­belten und wim­melten die Läuse. Es nutzte nichts, sich gegen sie zu wehren“, wird Hal­vorsen im Tage­buch des KZ-Häft­lings Odd Nansen zitiert. Es fehlten Lebens­mittel, Medi­ka­mente, Essen und Kleider, kurz alles, was ein Mensch – geschweige denn ein kranker Mensch – zum Leben nötig hat.“

Nansen sah Hal­vorsen und Poul­sson am 7. April 1945, als die beiden ins KZ Neu­en­gamme kamen. Hal­vorsen sei immer noch stark wie ein Bär, aber mit­ge­nommen durch den Fleck­ty­phus“, sein alter Bekannter Poul­sson habe sich aber zu einem nur aus Haut und Kno­chen bestehenden Greis“ gewan­delt.