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Die Älteren werden sich erin­nern. Die Bullen kommen“ lau­tete ein Slogan, mit dem der FC Bayern in den Acht­zi­gern warb. Ein Zug­ma­schinen-Her­steller war Haupt­sponsor. Die Reklame passte wie die Faust aufs Auge. Denn mächtig Pfer­de­stärken hatten nicht nur dessen LKW unter der Haube, son­dern auch die Mann­schaft, ange­trieben von der kon­ge­nialen Breitnigge“-Achse.

Pfer­de­lunge Paul Breitner, nie um einen mot­zigen Kom­mentar ver­legen, und die rot­bä­ckige Tor­ma­schine Karl-Heinz Rum­me­nigge waren die Garanten, dass der FCB langsam aber sicher ein Abon­ne­ment auf natio­nale Titel abschloss. Ent­spre­chend breit­beinig ent­wi­ckelte sich das Auf­treten der Mann­schaft auf und abseits des Rasens. Wäh­rend andere Teams noch in spe­ckigen Trai­nings­an­zügen am Spielort aus dem Bus stiegen, prä­sen­tierten sich die Bayern ganz Bullen-like in der Krach­le­dernen mit weißen Hemden mit ein­ge­sticktem Enzian.

Der auf­rei­zende Look gepaart mit dem kon­stanten Erfolg und dem stän­digen Pol­tern des aus allen Rohren feu­ernden Mar­ke­ting-Duos, Manager Uli Hoeneß und Chef Breitner, ver­fes­tigte sich in den Köpfen der dar­benden Liga-Kon­kur­renz und deren Anhang schnell zu einem Kli­schee: der sprich­wört­li­chen Bayern-Arro­ganz“.

Wer nicht für sie war, war gegen sie

Unter diesem Begriff ließ sich in den Fol­ge­jahren ganz prima alles sub­sum­mieren, was den Klub von der Säbener Straße unsym­pa­thisch machte. Die knall­rote Birne des kei­fenden Uli Hoeneß. Das Augen­thaler-Foul an Rudi Völler. Bayern vs. Werder. Bayern vs. Köln. Bayern vs. BVB – und fast immer trug der Sieger am Ende ein rotes Trikot. Der Dusel“ – so sehr dieser auch auf sport­li­cher Qua­lität und Beharr­lich­keit fußen mochte. Das ner­vige Geschäfts­ge­baren, natio­nalen Wider­sa­chern jeden auch nur halb­wegs begabten Profi weg­zu­kaufen (um diesen im Zweifel auch auf der Bank des Olym­pia­sta­dions fest­frieren zu lassen): von Kalle del Haye bis Michael Stern­kopf, von Lothar Mat­thäus bis Mario Basler. Und last but not least: der FC Hol­ly­wood.

An den Bayern konnte man sich als geg­ne­ri­scher Fan herr­lich abar­beiten. Wer nicht für sie war, war gegen sie. Es war nicht schwer, den Klub und seine oft selbst­ge­recht argu­men­tie­renden Bosse satt zu haben. Im Zweifel sogar: zu ver­ab­scheuen.

Im Cham­pions-League-Finale 1999 in Bar­ce­lona jedoch ereig­nete sich Selt­sames. Die Bayern ver­geigten in der Nach­spiel­zeit den sicher geglaubten Euro­pacup. Anfangs lachten viele noch scha­den­freudig, dass die Grals­hüter des Dusels“ nun in Man­chester United ihren Meister in Sachen Spiel­glück gefunden hatten.

Am FC Bayern konnte sich ein geg­ne­ri­scher Fan herr­lich abar­beiten

Doch als sich der Rauch ver­zogen hatte, war da in Fuß­ball­deutsch­land plötz­lich so etwas wie Nach­sicht mit dem FCB zu spüren. Zu traurig war der Blick in die leeren Gesichter von Oliver Kahn, Stefan Effen­berg, Mehmet Scholl und Ottmar Hitz­feld nach dem Schluss­pfiff gewesen. Erschüt­ternd bei­nahe die Szene des mit Fäusten auf den Rasen von Camp Nou trom­melnden Sammy Kuf­four.

Die Bayern hatten sich als ver­wundbar erwiesen – und damit bekam das zemen­tierte Bild der Rekord­meister-Arro­ganz Risse. Zumin­dest leichte. Nach der Jahr­tau­send­wende prä­sen­tierte sich der Klub plötz­lich auch als soziale Instanz. Uli Hoeneß ret­tete nicht nur den FC St. Pauli mit einem Bene­fiz­spiel vor der Pleite, son­dern struk­tu­rierte die Säbener in vielen Berei­chen zum Fami­li­en­be­trieb um. Der sucht­ge­fähr­dete Bomber der Nation“ bekam als Sturm­trainer“ eine neue Auf­gabe, Kat­sches“ Schreib­wa­ren­laden lie­ferte die Rat­ze­fummel in die Geschäfts­stelle. Aus den Bullen“ mit der dicken Leder­hose war die tutende Loko­mo­tive vor dem Bun­des­liga-Zug geworden. Immer noch der Klub, der sich als füh­rende Stimme im deut­schen Fuß­ball ver­stand, aber doch hin und wieder zu Kom­pro­missen bereit war. Und sogar Herz zeigen konnte. Auch wenn es kein geg­ne­ri­scher Fan je laut sagte: Im Zweifel konnte man den Roten sogar Erfolge gönnen. Und sei es nur auf inter­na­tio­nalem Par­kett.