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Sie waren beim Pokal-Spiel Union Berlin gegen Ein­tracht Frank­furt im Publikum. War es eine zweite Nie­der­lage für Sie?

Irgendwo schon, ja. Denn ich bin dem Verein Union Berlin immer noch sehr ver­bunden.

Die Erst­runden-Nie­der­lage mit Energie Cottbus am Tag zuvor in Essen war aber sicher­lich schmerz­hafter?

Natür­lich. Gerade unter den Umständen: Im Elf­me­ter­schießen lagen wir ja vorne und hatten alles selbst in der Hand. Dann noch zu ver­lieren, ist sehr ärger­lich.

Wurde der Sieg leicht­fertig ver­spielt?

Nein. Es ist ja nicht so, dass wir dahin fahren und nicht gewinnen wollen. Wir hätten vor der Pause das 2:0 machen müssen, und dann brennt da auch nichts mehr an. Nach unserem 1:0 haben wir den Gegner durch indi­vi­du­elle Fehler wieder stark gemacht. Aber wenn wir keinen Willen gehabt hätten, wären wir in der Ver­län­ge­rung nach 1:2‑Rückstand nicht mehr zum Aus­gleich gekommen. Diese Dar­stel­lung, dass Essen uns an die Wand gespielt hätte, stimmt ein­fach nicht. Die haben in 120 Minuten drei mal auf unser Tor geschossen. Essen hat gut gespielt, aber nur, weil wir es zuge­lassen haben.

Fällt es Energie leichter, wenn sie nicht das Spiel machen müssen?

Das ist eine typi­sche Vor­ge­hens­weise klei­nerer Ver­eine. Gegen Essen fehlten uns die Mittel, um sie spie­le­risch zu besiegen. Wir haben andere Tugenden, die uns stark machen. Wir sind keine Mann­schaft, die eine andere spie­le­risch beherrscht. Ich fahre ja nicht zu Bayern Mün­chen und sage: Die spielen wir an die Wand.“ Man muss den Gegner erst bekämpfen, ihn auf das eigene Niveau run­ter­holen und dann im rich­tigen Moment zuschlagen.

Passt Cottbus somit per­fekt zu ihrer Art, Fuß­ball zu arbeiten? Sie sagen von sich selbst, dass es viele andere mit mehr Talent gab, und Sie kein großer Fuß­baller seien.

So ein Spie­lertyp wie ich passt in jeden Verein. Ich hatte und habe wesent­lich mehr Biss als andere. Es gab Trainer, die mir zu ver­stehen gegeben haben, dass ich es nie packen werde. Aber ich habe mich nie hin­ge­setzt und gesagt ihr habt Recht“, son­dern ihr könnt mich alle mal“.

Sergiu Radu und Vlad Mun­teanu, die letzte Saison zusammen auf 25 Tore und elf Assists kamen, haben den Verein ver­lassen. Wer kann dieses Loch stopfen?

Radu und Mun­teanu haben das nicht alleine geschafft. Sie konnten sich auf ihre Offen­siv­auf­gaben kon­zen­trieren, weil wir die Abwehr­ar­beit ver­richtet und lange das 0:0 gehalten haben. Wir waren alle froh, dass das so gut funk­tio­niert hat. Dieses Jahr müssen wir es anders ver­su­chen und die Last des Tore­schie­ßens auf meh­rere Schul­tern ver­teilen.

Was trauen Sie den beiden in Wolfs­burg zu?

Ein Spieler wie Radu passt durch seine Schnel­lig­keit in jede Mann­schaft. Er wird auch in Wolfs­burg zehn bis 15 Tore schießen. Bei Mun­teanu muss man erstmal abwarten, bis er wieder fit ist.

Trauern Sie den Abgängen nach?

Mund abputzen und weiter. Cottbus hätte die beiden sowieso nicht halten können. Man muss die wirt­schaft­lich posi­tive Seite sehen: Energie hat für beide Spieler zusammen 300.000 Euro bezahlt und jetzt 4,5 Mil­lionen kas­siert. Das ist ein Rie­sen­ge­winn. So sind wir jetzt einer der wenigen Ver­eine, die fast keine Schulden haben. Wir können darauf stolz sein, das mit guter Ein­kaufs­po­litik erreicht zu haben. Außerdem ist es Sergiu Radu nach zwei Jahren, in denen er außer­ge­wöhn­liche Leis­tungen gezeigt hat, zu gönnen, etwas mehr Geld zu ver­dienen. Er kann nun woan­ders zu zeigen, was für ein guter Stürmer er ist. Man muss dem Verein und den Spie­lern gra­tu­lieren.

Ver­trauen Sie darauf, dass die Ein­kaufs­po­litik auch dieses Jahr so gut ist?

Man braucht dabei immer ein wenig Glück. Am Anfang der letzten Saison wusste zunächst auch keiner, dass es so gut laufen würde. Aber ich bin ein Teil dieser Mann­schaft und absolut über­zeugt davon, dass wir die Klasse halten. Auch wenn es schwie­riger wird als im letzten Jahr, in dem wir nur einmal auf einem Abstiegs­platz standen. Unser Ziel lautet Platz 15. Ob der am Ende mit 33 oder 42 Punkten erreicht wird, ist mir egal.

Was macht den Spieler Baum­gart aus?

Es gibt in jedem Verein Künstler und Arbeiter. Ich bin Letz­teres. Es gibt meh­rere Arbeiter, die in ihren Ver­einen eine ganz wich­tige Rolle spielen.

An wen denken Sie dabei?

An Rüdiger Kauf von Bie­le­feld bei­spiels­weise. Das ist eine reine Kampfsau. Der gibt immer Gas und reißt damit auch andere mit. Solche Spieler braucht jeder Verein. Auch Mark van Bommel setzt mit seiner Aggres­si­vität auf dem Platz Aus­ru­fe­zei­chen. Und ein Thomas Gra­vesen spielte schließ­lich auch nicht bei Real Madrid, weil er so gut aus­sieht. Die brauchten einen, der dazwi­schen haut. Auf dem Spiel­feld zeigt sich der Wille eines Spie­lers.

Hatten Sie schon immer diesen Willen?

Ich war schon immer ein ath­le­ti­scher Typ, der über Eigen­schaften wie Kampf und Wille ins Spiel gekommen ist. Dazu habe ich meine Grund­schnel­lig­keit und Kopf­ball­stärke in die Waag­schale geworfen.

Ist dieser Spie­lertyp vom Aus­sterben bedroht?

Ja, aber das ist ein gesell­schaft­li­ches Pro­blem: Heute muss sich doch keiner mehr hoch­ar­beiten. Heute haben alle Kinder ihre Com­puter, Game­boys und wahr­schein­lich eine Maschine, die ihnen den Hin­tern abwischt. Denen wird alles abge­nommen.

Sehen Sie das auch bei jungen Fuß­bal­lern?

Auf jeden Fall. Hertha BSC ist das beste Bei­spiel. Dort for­dern junge Spieler mit gerade einmal drei Bun­des­li­ga­ein­sätzen Respekt ein, den man sich eigent­lich erst erar­beiten muss. Ich bewun­dere Leute, die über Jahre Leis­tung gebracht und immer gekämpft haben. Junge Spieler, die nur wegen ihrer Tat­toos, Mode oder Fri­suren in den Zei­tungen stehen, respek­tiere ich nicht.

Wen aus dem aktu­ellen Fuß­ball­ge­schäft respek­tieren Sie?

Oliver Kahn hat immer super Leis­tungen gebracht und ver­sucht, das Opti­male aus sich her­aus­zu­holen. Oder Miroslav Klose, der in der letzten Saison trotz der Kritik unei­gen­nützig viele Tore vor­be­reitet hat.

Sie sind in Cottbus ein Publi­kums­lieb­ling, waren dies auch bei Hansa Ros­tock und vor allem bei Union Berlin. Sind Sie so ein netter Kerl?

Ich bin mit meiner Art Fuß­ball zu spielen bei den Leuten immer gut ange­kommen. Nicht als Künstler, son­dern als ein Spieler, der jedem ver­lo­renen Ball hin­terher geht und nie auf­steckt. Für mich ist Fuß­ball nach wie vor ein Kampf­sport, in dem es Mann gegen Mann geht. Man kann nur bestehen, wenn man immer an seine Grenzen geht.

22 ihrer 36 Zweit­li­ga­tore haben Sie für Union geschossen. Was lief da besser als bei anderen Ver­einen?

Ehr­lich gesagt, sind elf Tore pro Saison für einen Stürmer nicht son­der­lich viel. Aber Union war sicher meine geilste Zeit. Ich passte zu dem Verein wie die Faust aufs Auge. Das war Fuß­ball, wie ich ihn liebe. Ich wurde aller­dings auch kri­tisch beäugt. Die Anhänger dachten, dass da einer käme, der mit 30 Jahren eine ruhige Kugel schieben und ein biss­chen Geld ver­dienen will. Doch ich habe schnell gezeigt, dass ich mehr wollte. Das haben die Zuschauer erkannt und mir gezeigt, dass sie das aner­kennen – trotz des Abstiegs. Diese Ach­tung der Fans mir gegen­über habe ich nie ver­gessen. Hinzu kamen die beson­deren Umstände, über die ich zum Verein gelangte.

Was waren diese beson­deren Umstände?

Ich war vorher drei Monate arbeitslos. Union hat mir die Chance geboten, weiter meinem Beruf nach­zu­gehen. Nor­ma­ler­weise ist die Geschichte doch gegessen, wenn du mit 30 arbeitslos wirst.

Lässt Sie diese Erfah­rung gelas­sener in die Zukunft bli­cken?

Ich weiß heute, dass mein Leben ein Traum ist, den ich jeden Tag genießen muss. Ich bin jetzt seit über 12 Jahren Pro­fi­fuß­baller, hatte erst zwei ernst­hafte Ver­let­zungen und habe im Durch­schnitt jede Saison 25 Spiele gemacht. Heute ist mir bewusst, wie schnell das vorbei sein kann. Ich nehme das Ganze nicht mehr als selbst­ver­ständ­lich hin.

Wie darf man sich die Job­suche eines Fuß­ball­profis vor­stellen?

Ich hatte einen Berater, der über viele Kon­takte ver­fügte und bei etli­chen Ver­einen nach­ge­fragt hat, ob die auf meiner Posi­tion noch einen suchen. Ich war dann bei vielen im Gespräch, aber 2002 war es im Zuge der Kirch-Krise für viele Ver­eine nicht so ein­fach, mal eben einen Spieler zu ver­pflichten.

Mussten Sie auch von Gehalts­vor­stel­lungen abrü­cken?

Die hatte ich am Ende meiner Suche eigent­lich gar nicht mehr. Union hatte Inter­esse bekundet. Dann hat man sich unter­halten und die haben mir ein Angebot unter­breitet. Man hat noch mal nach­ge­fragt, und dann wurde unter­schrieben. Die Ver­hand­lungen dau­erten höchs­tens eine halbe Stunde. Kom­pli­zierte Ver­hand­lungen über fünf Wochen gab es bei mir nie. Wenn ich lese, wie lange ander­orts gefeilscht wird, frage ich mich, welche Klau­seln in sol­chen Papieren drin stehen.

Ist es auch ein Pro­blem für junge Spieler, dass ihnen von Bera­ter­seite von Anfang an ein­ge­bläut wird, dass es nur um das große Geld geht?

Wir brau­chen die Augen nicht davor zu ver­schließen, dass es in diesem Geschäft nun einmal um Geld geht. Die Ver­eine haben selbst Schuld, wenn sie Spie­lern, die erst ein paar Bun­des­li­ga­spiele gemacht haben, Gehälter zahlen, bei denen ich mit den Ohren schla­ckere. Wenn die Klubs meinen, dass sich das ren­tiert, ist das in Ord­nung. Aber sie sollen nicht anfangen rum­zu­jam­mern, wenn ihnen das Geld aus­geht.