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„Ihr bringt die Politik in den Fuß­ball!“

  Die zweite Geburt des FC St. Pauli

In den Acht­zi­gern tum­melten sich auch am Mil­l­erntor Rechts­ra­di­kale – bis Linke und Punks den Klub für sich ent­deckten und ein legen­däres Fan­zine grün­deten. Heute wäre es 30 Jahre alt geworden.

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29.7.2019

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Ein Urknall der deut­schen Fan­zine-Szene, eine Zei­ten­wende im deut­schen Fuß­ball. Vor exakt 30 Jahren erschien die Null­nummer des Fan­zines »Mil­l­erntor Roar«, und plötz­lich war alles anders: Fans mischten sich in die Ver­eins­po­litik ein; sie standen auf gegen die Ras­sisten in der Kurve; sie grün­deten Fan­pro­jekte, Fan­läden und andere Fan­zines; sie machten sich stark für Steh­plätze oder Gleich­be­rech­ti­gung in der Kurve. Sie waren nicht mehr nur die zah­lenden Kunden, son­dern nahmen aktiv an einer sich wan­delnden Fuß­ball­kultur teil. In unserem Bun­des­liga-Son­der­heft lest ihr ein großes Inter­view mit den »Millerntor-Roar«-Gründern Giulia, Sven und Olav. Vorab hier eine kleine Retro­spek­tive.

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Die Null­aus­gabe des »Mil­l­erntor Roar« wurde erst­mals beim Abschluss­trai­ning vor dem 1. Spieltag der Saison 1989/90 ver­kauft. Als die Macher mit den Heften am Trai­nings­platz auf­tauchten, wollte sie Geschäfts­führer Man­fred Campe davon­jagen. Ein paar Rentner schritten ein. »Lass die Jungs doch machen«, riefen sie. »Oder wollt ihr mit allem Geld ver­dienen?« MR-Gründer Sven erin­nert sich: »Danach durften wir wei­ter­ver­kaufen, und wir rea­li­sierten: Der Verein ist lern­willig.«

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Noch Mitte der Acht­ziger war am Mil­l­erntor vieles anders. Zu den Spielen kamen selten mehr als 6000 Zuschauer. »Der FC St. Pauli war ein alter Schnarch­sack-Klub mit rechten Ten­denzen«, erin­nerte sich Dirk Jora, Sänger der Band Slime und eben­falls Autor beim »Mil­l­erntor Roar«, in einem Inter­view mit 11FREUNDE.

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Als Fan­ar­tikel wurden Auf­näher mit der Auf­schrift »Ich bin stolz, ein Deut­scher zu sein« ver­kauft, in der Nord­kurve machte sich der rechte Fan­klub »United« breit, und auch sonst unter­schied den Klub nicht son­der­lich viel von anderen Ver­einen…

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In den Halb­zeit­pausen gab es Mitte der Acht­ziger auch am Mil­l­erntor das übliche Hal­li­galli-Pro­gramm: Men­schen, Tiere, Sen­sa­tionen. Und manchmal traten sogar Mili­tär­ka­pellen auf.

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Ippig

Ende der Acht­ziger wurde es voller am Mil­l­erntor. Ein Grund war natür­lich der Bun­des­li­ga­auf­stieg 1989. Ein anderer Tor­hüter Volker Ippig, der von 1983 bis 1986 Auf­bau­helfer in Nica­ragua gewesen war und nun in der umkämpften Hafen­straße wohnte. Frei­tags saß man zusammen, sams­tags ging man gemeinsam zum Fuß­ball – die einen stellten sich auf die Gegen­ge­rade, der andere ins Tor. MR-Grün­derin Giulia: »Viele sind erst zum FC St. Pauli gekommen, weil er einer von ihnen war: ein Mit­be­wohner aus der Hafen­straße, der nebenbei ganz gut Fuß­ball spielte.«

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Sport­studio-Mode­rator Bernd Heller war mit diesem aty­pi­schen Profi kom­plett über­for­dert: »Nica­ragua, Hafen­straße, Fuß­ball­profi – da habe ich ein biss­chen Schwie­rig­keiten, das alles auf die Reihe zu bekommen.« Ippig ant­wor­tete: »Also, hab ich nicht die Schwie­rig­keiten, muss ich ganz ehr­lich sagen.«

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Die Acht­ziger waren in Ham­burg hoch­po­li­tisch: Das Flo­ra­theater und elf Hafen­stra­ßen­häuser sollten abge­rissen werden, um Platz für Luxus­im­mo­bi­lien zu schaffen. Akti­visten und Bewohner besetzten die Gebäude und lie­ferten sich Kämpfe mit der Polizei. In jener Zeit träumte auch Klub-Prä­si­dent Heinz Wei­sener von einem Vor­zei­ge­ob­jekt auf St. Pauli: der Mega-Arena »Sports Dome«. Er hatte die Rech­nung aber nicht mit den Anwoh­nern im Viertel und Fans des Kiez­klubs gemacht, die wochen­lang gegen die Bau­pläne demons­trierten.

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»Irgend­wann wurde das Bau­vor­haben (des Sports Dome, d. Red.) für geschei­tert erklärt, und wir Fans spürten zum ersten Mal, dass wir etwas bewegen können«, sagt »Millerntor-Roar«-Gründer Sven im Inter­view. Kurz darauf schrieben er und seine Freunde einen Bericht über eine Aus­wärts­fahrt für das Sta­di­on­ma­gazin, der abge­lehnt wurde, weil er zu kri­tisch war. »Da sagten wir uns: Lass es uns doch selbst machen! Das war die Geburt des Mil­l­erntor Roar!«

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»Es war die Inkar­na­tion einer neuen Szene«, sagt Sven. Eine aktu­elle (sehr sehens­werte!) Aus­stel­lung im Ver­ein­suseum nennt diese Zeit »Die zweite Geburt des FC St. Pauli« und stellt u.a. den Ori­gi­nal­schreib­tisch aus, an dem der »Mil­l­erntor Roar« ent­standen ist.

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»Die Themen lagen alle vor uns«, erin­nert sich Sven. »Wir kri­ti­sierten Manager Georg Vol­kert, der ein Anti-Ras­sismus-Spiel bei Tür­ki­y­em­spor abge­sagt hatte, weil es ihm zu poli­tisch war. An anderer Stelle machten wir uns stark dafür, dass die Karten für Arbeits­lose güns­tiger gemacht werden.« Außerdem befindet sich in der Null­aus­gabe ein Inter­view mit einem zum FC St. Pauli kon­ver­tierten HSV-Fan und natür­lich der angeb­lich zu kri­ti­sche Bericht über die Aus­wärts­fahrt nach Mün­chen.

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In der ersten Bun­des­li­ga­saison nach der zweiten Geburt wurde der FC St. Pauli Zehnter. Das Mil­l­erntor-Sta­dion war nun oft aus­ver­kauft.

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Die Fan­lieb­linge hießen Ivo Kno­f­licek oder…

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Leo Manzi.

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Irgend­wann in dieser Zeit brachte ein Hafen­straßen-Punk, der sich »Doc Mabuse« nannte, die erste Toten­kopf-Flagge mit ans Mil­l­erntor.

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Dirk Jora, »Millerntor-Roar«-Autor und Slime-Sänger, sagte im 11FREUNDE-Inter­view: »Die haben wir auf dem Dom gekauft, an einen Besen­stil gehackt und dann ab ins Sta­dion. In der Kurve alle so: ›Wow, Alter!‹ Heute ist das Symbol der Kas­sen­schlager. Hätte Mabuse sich das mal sichern lassen, dann würde er nicht von Hartz IV leben.«

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Das Mer­chan­dise mit rechts­ra­di­kalen Motiven ver­schwanden bald aus dem Sta­dion. Und auch der rechte Fan­klub »United« strich die Segel. »Millerntor-Roar«-Gründer Sven: »Nach dem WM-Halb­fi­nale 1990 haben die mit anderen natio­na­lis­ti­schen Hools unsere Kneipe ange­griffen. Da war es für die vorbei. Wir haben dann deren Kneipe auf­ge­sucht und sind zu denen in die Nord­kurve. Sagen wir so: Wir waren in der Über­zahl.«

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Der Verein war aller­dings auch nach der »zweiten Geburt« nicht so lern­willig, wie es sich die Fans erhofft hatten. 1991 tapste zum Bei­spiel ein Mas­kott­chen namens »Wumbo« aufs Feld und machte Wer­bung für einen Frei­zeit­park. Die kom­merz­kri­ti­schen Fans reagierten mit Pfiffen und bewarfen den Bär »Wumbo« mit Gegen­ständen. Er traute sich nie wieder ans Mil­l­erntor.

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Die Macher des »Mil­l­erntor Roar« ver­öf­fent­lichten in unre­gel­mä­ßigen Abständen neue Aus­gaben. Bald erschien die Nummer 1. Natür­lich mit einem Inter­view mit Volker Ippig.

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Die Aus­gabe 11 mit Coverboy Sou­ley­mane Sané, der damals in fast allen Bun­des­li­ga­sta­dien ras­sis­ti­schen Anfein­dungen aus­ge­setzt war. (Für die Jün­geren: Sou­ley­mane Sané ist der Vater von Leroy Sané!)

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In der deut­schen Fuß­ball-Fan­zine-Land­schaft stieß der »Mil­l­erntor Roar« anfangs auf Skepsis. MR-Gründer Sven erin­nert sich: »Die wenigen Fan­zines, die es vorher gab, gli­chen Rund­briefen. Es ging ums Saufen, Kotzen und Prü­geln. Und wenn es poli­tisch wurde, dann drif­tete es weit nach rechts. Einmal sind wir zu einem Fan­zine­ma­cher­treffen nach NRW gereist. Es waren wirk­lich alle gegen uns. Der Vor­wurf lau­tete: ›Ihr bringt die Politik in den Fuß­ball!‹ Was absurd war, denn die war ja längst da. Die Nazis standen in allen deut­schen Fan­kurven.«

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Viele andere Fan­zines, etwa das Offen­ba­cher »Erwin« oder das »Schalke Unser«, grün­deten sich in den frühen Neun­zi­gern und ließen sich teil­weise vom »Mil­l­erntor Roar« inspi­rieren. Der vom »Mil­l­erntor Roar« gedruckte Auf­kleber und Auf­näher »St. Pauli Fans gegen Rechts« (der hier auf der Uni­form eines Poli­zisten klebt) wurde eben­falls oft adap­tiert.

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Und dann war Schluss: Das »Mil­l­erntor Roar« wurde 1993 nach 28 Aus­gaben ein­ge­stellt. Es gab aller­dings zwei direkte Nach­folger den »Über­steiger« und das »Unhaltbar«. Ers­teren gibt es heute immer noch. Und sogar HSV-Fans lesen ihn.

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Im Bun­des­liga-Son­der­heft von 11FREUNDE erin­nern sich die Gründer des »Mil­l­erntor Roar« noch einmal an die acht­ziger Jahre auf St. Pauli und das, was die Null­nummer, von der nur 1000 Exem­plare gedruckt wurden, aus­löste. Und ja, das ist Gregor Gysi auf dem Bild. Kurz nach der Wende besuchte er mehr­mals die Redak­tion des »Mil­l­erntor Roar«. Ein Spiel am Mil­l­erntor schaute er sich auch an. Im »Spiegel« erklärte er mal, dass er danach »Schwin­del­ge­fühle« gespürt habe – vom pas­siven Haschi­schrauchen.

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Das Son­der­heft findet ihr jetzt am Kiosk und bei uns im Shop. Und wie schon erwähnt: Besucht die Aus­stel­lung »Kiez­beben – Die zweite Geburt des FC St. Pauli« im Ver­eins­mu­seum direkt unter der Gegen­ge­raden. Sie läuft noch bis Mitte August. Ein paar High­lights habt ihr in dieser Bil­der­strecke gesehen. Und als Zugabe noch vier wei­tere…

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Sofa, so good: Foto-Shoo­ting 1991/92.

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Spieler und Fans im Ver­eins­heim. Oder auch: Feiern bis kein Arzt kommt.

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Bevor der »Mil­l­erntor Roar« über St. Pauli fegte: Fans am Mil­l­erntor in den acht­ziger Jahren.

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