Heute empfängt der VfB Stuttgart den Karlsruher SC zum Derby. Beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Klubs geriet der Youtuber Conner Sullivan in den irren KSC-Block. Im Interview erzählt der US-Amerikaner, wie das passieren konnte.
Conner Sullivan, haben Sie sich von Ihrem ersten Besuch in einem deutschen Fußballstadion erholt?
Ja, so gerade (lacht). Ich plane auch schon meinen nächsten Trip. Viele Leute haben mir auf Facebook Nachrichten geschrieben und mich zu Spielen eingeladen. Dieses Wochenende möchte ich zu Hannover gegen Braunschweig – das ist doch auch ein Derby, oder? Am Sonntag gehe ich vielleicht zu Werder Bremen gegen Hamburg. Und ein Typ hat mir eine Karte für Dortmund gegen Frankfurt angeboten.
Dortmund gegen Frankfurt klingt nicht verkehrt. Sagt Ihnen die „Süd“ etwas? Das ist die Heimtribüne des BVB.
Den Namen kannte ich nicht, aber ich habe schon gehört, dass auch dort ordentlich Stimmung ist. Ich kenne sogar zwei Spieler vom BVB: Mario Götze und Christian Pulisic. Vielleicht fahre ich wirklich dieses Wochenende dorthin. Und filme es natürlich.
Warum hatten Sie sich ursprünglich dazu entschieden, Ihren Besuch beim Spiel zwischen dem VfB Stuttgart und dem KSC zu filmen?
Ich filme eigentlich alles was ich mache. Wenn etwas ansteht, dann nehme ich meine Kamera mit und hoffe, gutes Material zu bekommen. Einer meiner Abonnenten schrieb mir auf YouTube, ich müsse zu dem Spiel. Ich hatte Zeit und dachte: „Gut, dann fährst du da jetzt hin.“ Ich hatte mir vorher schon Videos auf YouTube von den Fans angesehen und wusste, dass es aufregend wird. Aber dass es so verrückt wird, hätte ich nicht gedacht.
Hätten Sie denn gedacht, dass ihr Video zum viralen Hit wird?
Nein, auch das habe ich nicht erwartet. Ich dachte, das Video sehen vielleicht so tausend Leute. Das ist die Zahl, die normalerweise meine Clips schauen. Und gestern Morgen ging es dann so richtig mit den Reposts los. Da wusste ich, dass ich irgendwas sehr richtig gemacht haben muss.
Was viele an ihrem Video lieben ist, dass Sie sich sehr unbefangen ins Geschehen gestürzt haben.
Das war auch meine Intention. Ich wollte einfach einen Besuch im deutschen Fußballstadion festhalten. Ganz neutral und so roh wie es da eben zu geht. Mein Ziel war es nicht, irgendwen zu verärgern oder so. Ich trug kein Trikot und wanderte einfach mit meiner Kamera umher. Dabei habe ich Leute von beiden Seiten, Stuttgart und dem KSC, kennengelernt – und sie waren alle sehr nett zu mir.
Außer einem Stuttgart-Fan, der Sie vor dem Stadion ermahnt hat, mit dem Filmen aufzuhören. Wussten Sie, dass Kameras in Fußballstadien bei manchen Fans nicht gerne gesehen sind?
Nein, ich hatte keine Ahnung. Der Typ hat mich auf Deutsch angeschrien und gegen den Zaun geschlagen, an dem ich stand. Ich hatte echt Angst, dass er mich jetzt verprügelt.
Warum haben Sie trotzdem weitergefilmt?
Die Polizei kam recht schnell und sagte mir, ich solle keine Ultras oder Hooligans filmen. Also habe ich weitergemacht und darauf geachtet, dass ich niemanden spezielles, sondern nur die große Gruppe filme. Dann gab es auch keinen Ärger mehr. Selbst ein Typ im KSC-Block sah mich drehen und kam zu mir. Wir haben uns gut unterhalten. Er hat mir erzählt, dass er ein eingefleischter Fan sei und auch seine Kinder zu treuen KSC-Fans erziehe. Lustiger Kerl, man sieht ihn auch im Video: Er hält sein Rücken-Tattoo mit dem „Karlsruhe“-Schriftzug in die Kamera.
Haben Sie viel mit den KSC-Fans gesprochen?
Nein, überhaupt nicht. Ich war total nervös. Als ich reinkam, dachte ich nur: Oh Gott, ich bin eingekesselt. Ich habe vor dem Stadion ein Ticket für den Gästeblock gekauft. In Amerika sind die Stadien allerdings offen, man kann mit jeder Karte überall hin. Ich hatte nicht geahnt, dass ich nun zwischen zwei Zäunen eingezwängt sein werde. Ich wusste, wo ich war und dass ich nicht hierher gehöre. Aber als dann alle aufstanden und gesungen haben, war mir klar, dass das ein guter Tag wird.
Als die KSC-Fans Pyros zündeten, sagen Sie in Ihrem Video „It’s a good time“.
Das war einfach ein geiles Gefühl. Fankultur ist auf jeden Fall leidenschaftlicher in Deutschland als in Amerika. Ich glaube, das liegt auch an den harschen Security-Kontrollen in den USA. Wenn du dich prügelst oder Pyros zünden willst, wirst du direkt verhaftet. Deswegen war es schon beeindruckend, als die KSC-Fans so richtig losgelegt haben.
Sie fühlten sich also wohl im Stadion?
Total. Aber ich bin halt auch 24 Jahre alt und somit vielleicht genau in der „Zielgruppe“, wenn man das so nennen mag. So etwas wie Pyro pusht mich total, das macht einfach gute Stimmung. Ich kann aber auch Menschen verstehen, die das nicht gut oder beängstigend finden. Auch deren Meinung muss man respektieren.
Wie geht es jetzt für Sie weiter?
Ich spiele erst einmal ein halbes Jahr Football. Ich bin Quarterback bei den Stuttgart Scorpions. Und nebenbei drehe ich so viele YouTube-Videos, wie es geht. Das würde ich gerne zu meinem Full-Time-Job machen. Ich überlege gerade eine Serie zu starten, bei der ich durch ganz Deutschland reise und versuche, alle Fußballstadien zu besuchen. Ich glaube das könnte den Leuten gefallen.
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