Ervin Skela spielte nur drei Jahre für Eintracht Frankfurt, dennoch war es seine schönste Station. Im Interview spricht er über seine Liebe zur SGE, den Wechsel nach Bielefeld und sein Leben als 41-jähriger Amateurfußballer.
Ervin Skela, wir sprechen uns später als erwartet.
Ich komme gerade vom Vereinsgelände der Eintracht. Als Markenbotschafter von Eintracht Frankfurt fahre ich im Mai mit zum Pokalfinale nach Berlin und da haben wir noch ein paar organisatorische Dinge besprochen. Wie das so ist, trifft man meistens auch ein paar alte Bekannte wieder und dann dauert so ein Besuch schon mal etwas länger.
Wenn Sie mit ihren alten Bekannten in Erinnerungen schwelgen, welche stechen da besonders hervor?
So viele Höhepunkte habe ich bei der Eintracht ja leider nicht erlebt. Sportlich war es eine schwierige Zeit. Aber natürlich überragt der Aufstieg von 2003 alles. Das 6:3 gegen Reutlingen, als niemand mehr damit gerechnet hat. 20.000 Menschen haben uns danach am Römer empfangen. Ich weiß gar nicht, ob ich in der Nacht überhaupt geschlafen habe. (Lacht)
Sie sagen selbst, sportlich war es eine schwierige Zeit für den Klub. In ihrer Karriere haben sie noch bei vielen anderen Vereinen gespielt. Bielefeld, Cottbus, Kaiserslautern. Warum fühlen Sie sich ausgerechnet Frankfurt so verbunden?
Der Verein hat mir extrem viel gegeben. Auch Jahre nach meiner Zeit bei der Eintracht habe ich die Wertschätzung der Fans noch gespürt. So etwas vergisst man nicht.
Trotzdem sind Sie nach dem Abstieg nach Bielefeld gewechselt.
Ich hatte Angebote von Leverkusen, Hertha und Hamburg vorliegen. Zwei davon Champions-League-Klubs. Als junger Spieler sagst du dann nicht einfach: „Mir egal, ich gehe jetzt in die 2. Bundesliga“. Aber es gab auch finanzielle Probleme bei der Eintracht, die für einen Wechsel gesprochen haben. Das wissen viele Leute nicht.
Wenn Sie Angebote aus Leverkusen und Hamburg hatten, warum dann ausgerechnet Bielefeld?
So einen Transfer wickeln nicht wir Spieler ab. Das machen die Berater. Aus Gründen, die nicht in meiner Hand lagen, ist der Wechsel zu Leverkusen geplatzt. Mit Uwe Rapolder, dem damaligen Trainer von Bielefeld, hatte ich davor schon zusammengearbeitet. Deswegen die Arminia. Aber ich wollte immer nach Frankfurt zurück. Die damaligen Entscheidungsträger im Verein haben mir diese zweite Chance leider nicht gegeben.
Sind Sie froh, jetzt wieder in anderer Funktion bei der Eintracht zu sein?
Natürlich. Aber wie gesagt, ich wäre gerne als Spieler wieder zurückgekehrt. Dass ich Frankfurt verlassen habe, würde ich zwar keinen Fehler nennen. Schließlich hing die Entscheidung nicht nur an mir. Bereut habe ich den Weggang allerdings schon. Aber das ist Vergangenheit.
Kommen wir zur Gegenwart. Wie sehen Sie den bevorstehenden Wechsel von Niko Kovac zu Bayern München?
Als Fan von Eintracht Frankfurt finde ich es schade, dass er geht. Aber Niko Kovac hat hier Großes geleistet. Für viele war die Mannschaft schon sicher abgestiegen als er 2016 in Frankfurt angefangen hat. Niemand hätte im Traum daran gedacht, zweieinhalb Jahre später zum zweiten Mal in Folge im Pokalfinale zu stehen. Dafür sollte man dankbar sein.
Im Finale trifft Frankfurt nun ausgerechnet auf Bayern München. Schweres Spiel?
Natürlich ist Frankfurt nicht gerade Favorit. (Lacht) Aber in einem Jahr, in dem der AS Rom den FC Barcelona schlagen kann, kann vielleicht auch Eintracht Frankfurt den FC Bayern schlagen.
Nun sind Sie nicht nur Fan. Sie spielen mit mittlerweile 41 Jahren immer noch selbst. Wie sind Sie beim 1. FC Hanau gelandet?
Als wir 2003 in die Bundesliga aufgestiegen sind, habe ich einen 13-jährigen Jungen mit auf den Rathausbalkon genommen, Alexander Hagikian. Seine Mutter ist die Patentante unserer Tochter. Vor sechs Jahren bin ich wieder nach Frankfurt gezogen und Alex hat mich irgendwann gefragt, ob ich nicht Lust hätte, wieder Fußball zu spielen. Jetzt sind wir Mannschaftskollegen in Hanau. In vier Jahren sind wir dreimal aufgestiegen, haben uns von der Kreisklasse in die Verbandsliga hochgearbeitet.
Als Ex-Profi erkennen ihre Gegenspieler Sie doch bestimmt wieder.
Das kommt schon mal vor. Meistens sind das sehr schöne Begegnungen. Als ich in Hanau angefangen habe, haben viele mit dem Kopf geschüttelt: „Da wirst du doch nur umgetreten“. Aber damit gab es nie Probleme. Ich bin ja nichts Besseres, weil ich irgendwann mal Profi gewesen bin und so trete ich auch auf dem Platz auf. Den Respekt kriege ich von den Gegnern zurück.
Wissen Sie schon, wann Schluss ist mit aktivem Fußball?
Was heißt aktiver Fußball? Ich stehe ja nicht mehr jedes Wochenende 90 Minuten auf dem Platz. (Lacht) Außerdem habe ich noch andere Verpflichtungen. Ich bin U17-Trainer beim SC Hessen Dreieich, arbeite für die Eintracht. Da reicht es mir, wenn ich zehn Minuten spiele oder einfach nur mit meiner Anwesenheit in der Kabine meinen Beitrag leisten kann. Meine Knie tun nicht weh, mein Rücken auch nicht. Solange das so bleibt, mache ich weiter.
Möchten Sie auch in Zukunft als Trainer arbeiten?
Dafür mache ich aktuell meine Fußballlehrer-Lizenz. Langfristig möchte ich höherklassig im Seniorenbereich trainieren.
Wie lassen Sie gerne Fußball spielen?
Ich war selbst ein offensiv ausgerichteter Fußballer. Deswegen mag ich es, das Spiel kreativ und aktiv zu gestalten. Zu meinem Glück habe ich auch eine kurze Zeit in Italien spielen dürfen. Dort wird immer zuerst gefragt: „Was macht der Gegner?“ Diese Erfahrungen versuche ich einzubringen und meinen eigenen Stil zu finden.
Der klassische Zehner, wie Sie einer waren, stirbt im modernen Fußball zunehmend aus.
Heutzutage kann man sich einen Zehner nicht mehr leisten. Aber das betrifft ja nicht nur den Spielmacher. Diese klar abgesteckten Rollen auf dem Platz gibt es nicht mehr. Ein Abwehrspieler muss nicht nur Tore verhindern, sondern auch das Spiel eröffnen können. Das Spiel ist zu schnell und zu taktisch geworden, um einen Spieler auf dem Platz zu haben, der Freistöße schießt und Tore vorbereitet, aber sonst nur vorne rumsteht.
Hätte der Trainer Ervin Skela gerne den Spieler Ervin Skela in seiner Mannschaft gehabt?
Den jungen Ervin Skela, der noch frisch und spritzig war, hätte ich gerne gehabt. Der Ervin Skela von heute ist mir zu langsam. (Lacht)
Als Spieler waren sie Kapitän der albanischen Nationalmannschaft. Sind Sie häufig in Albanien?
So oft bin ich ehrlicherweise nicht dort. 2014 habe ich als WM-Experte für das albanische Fernsehen gearbeitet. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. 2016 bin ich auch da gewesen, als Albanien zum ersten Mal nach 1964 an einer Europameisterschaft teilgenommen hat. Für das Land war das eine großartige Erfahrung.
Werden Sie in Albanien anders wahrgenommen als in Deutschland?
In meiner Heimatstadt kennen die Leute mich natürlich. Auch sonst ist es normal, dass mich schon mal jemand nach einem Foto oder einem Autogramm fragt. Es ist aber nicht so als könnte ich in Albanien nicht über die Straße gehen. (Lacht) Mir persönlich ist das auch nicht so wichtig. Es freut mich zwar, wenn mir jemand sagt: „Du warst ein guter Fußballer“. Viel wichtiger ist allerdings, dass die Menschen, die mich kennen sagen: „Du bist ein guter Mensch.“