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Ich gehe gerne in Fuß­ball­kneipen. Meine Lieb­lings­kneipe ist zum Bei­spiel eine. Spielt mein Team, findet man mich fast immer dort. Mal in Beglei­tung, mal allein, aber immer im Trikot und in Dis­kus­sionen ver­wi­ckelt. Wer wird auf­ge­stellt werden? Wie werden die Jungs ver­tei­digen? Wie hat sich wer ange­stellt?

Das Pro­blem dabei ist: Ich bin eine Frau. Und ja, es ist in dem Fall ein Pro­blem. Ich bin ein mei­nungs­starker Mensch, ich dis­ku­tiere gerne, ich rede gerne. Fragt meine Freun­dinnen und Freunde, wir bekommen uns regel­mäßig in die Haare – natür­lich immer fair. In besagter Lieb­lings­kneipe ist das nor­ma­ler­weise genauso der Fall. Leider ist es so, dass das Thema Fuß­ball nicht unter normal“ fällt.

Mein Stand­punkt als Frau gilt nur dann, wenn ein Mann ihn unter­stützt. Bei meinem Gegen­über – es sind nun mal meis­tens Männer – schwingt ständig der Unterton mit: Naja, ich erklär dir mal, wie das läuft”. Meine Ein­schät­zung wird weg­ge­lä­chelt. Es sei denn, es geht darum, wer am besten aus­sieht. Klar, auch dar­über kann man reden, und ganz ehr­lich: es macht Spaß. Natür­lich rede ich mit meinen Freun­dinnen und Freunden dar­über, wel­cher Spieler wie aus­sieht. Es ist lustig, es ist ein­fa­cher. Aber wir reden eben nicht nur dar­über. Wir dis­ku­tieren genauso gut über die jüngsten Trans­fers, wer auf wel­cher Posi­tion eine bes­sere Figur machen würde, ob wir eine Dreier‑, Fünfer- oder eine Vie­rer­kette prä­fe­rieren. Stellen fest, wie krank das System Fuß­ball eigent­lich ist, nur um Sekunden später die nächsten Tipps zu plat­zieren.

Das Pro­blem dabei ist: Ich bin eine Frau. Und ja, es ist in dem Fall ein Pro­blem.“

Dar­über redet man natür­lich auch mal mit Leuten, die nicht im engsten Umfeld sind. Die man viel­leicht erst wäh­rend eines Spiels ken­nen­lernt. Sobald es aber mit ihnen zu fach­li­chen Unter­hal­tungen kommt, werde ich quasi igno­riert.

Das ist natür­lich nichts Neues. Es ist nicht so, dass man das als weib­li­cher Fuß­ballfan nicht kennt. Ich bin Fan seit ich denken kann. Seit ich fünf Jahre alt war, war ich immer das ein­zige Mäd­chen im Verein. Ich war unter 60 Kin­dern das ein­zige Mäd­chen im Kicker-Camp. Ich war immer darauf ange­wiesen, einen netten Mit­spieler zu haben, der auf den typi­schen Ruf Das Mäd­chen“ ant­wor­tete: Sie heißt Nina“. Das habe ich bis heute nicht ver­gessen und dafür bin ihm immer noch dankbar.

Nor­ma­ler­weise mache ich mich über sexis­ti­sches Ver­halten in dem Zusam­men­hang maximal lustig und ver­suche meinen Gegen­über auf­laufen zu lassen. Aber unter der Woche wurde ich zum ersten Mal richtig wütend.

Ich gehe mit meinem Vater und einem guten Freund in die Kneipe. Auf­grund der Abstands­re­ge­lungen im Zusam­men­hang mit der Sars-CoV-2-Pan­demie muss reser­viert werden, wir sitzen im hin­teren Raum mit genü­gend Abstand. Vor uns zwei Männer, wir unter­halten uns vor dem Spiel gut, sind nervös, es geht um viel. Werder gegen Frank­furt. Werder muss eigent­lich gewinnen. Ich freue mich, es sind nette Leute um uns herum. Aller­dings: Mit wem wird gespro­chen? Richtig. Mit meinem Vater und dem guten Freund. Aber wer trägt ein Trikot? Ich. Wer bringt Argu­mente, die viel­leicht nicht nur nach dem ersten Blick geäu­ßert wurden? Ich. Wer hat das brei­tere Wissen über den Verein, kennt die Spieler und ihre Ver­let­zungs­his­torie? Ich. Wer wird wei­test­ge­hend igno­riert? Ich. Weil ich eine Frau bin? Dann wird Cle­mens Fritz inter­viewt. Einer der Männer vor uns dreht sich um. Er sagt, Fritz wäre für ihn schon immer der best­aus­se­hende Werder-Spieler gewesen. Wer wird ange­schaut? Ich. Jetzt darf ich also etwas bei­steuern. Vielen Dank.