Daniel Keita-Ruel knallte sein Leben komplett an die Wand. Doch nach vier Jahren im Knast schaffte er ein Comeback wie noch niemand vor ihm. Nahaufnahmen eines außergewöhnlichen Profis.
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Außerdem präsentieren wir euch an dieser Stelle in den kommenden Wochen weitere spektakuläre Reportagen, Interviews und Bilderserien. Heute: Wie Daniel Keita-Ruel aus dem Knast in den Profifußball stürmte.
Wenn eines Tages das Leben von Daniel Keita-Ruel verfilmt werden sollte – und Netflix hat zumindest schon mal angefragt – könnte der Film mit schweren Hip-Hop-Beats beginnen, in die sich das Geräusch eines Balls mischt, der gegen eine Wand knallt. Wenn dann die Kamera aufzieht, erkennen wir einen jungen Mann in Gefängniskleidung, der ihn gegen die Knastmauer schießt – wieder und wieder.
Dazu setzt der Rap von Jigzaw ein: „Sie warfen mich ins kalte Wasser, kein Thema, denn ich kann schwimmen / Aufgeben keine Option, bin da, nur um zu gewinnen.“ Um den Gefangenen wechseln die Jahreszeiten. Die schwache Frühlingssonne wird zum gleißenden Licht des Sommers, Herbstblätter fallen auf den Boden und bald der Schnee des Winters. Er hat sehr viel Zeit, den Ball gegen die Wand zu schießen.
Von den Stadion Katakomben in die Knast-Zelle
Diese Szene geht bald über in einen Flashback: die Erinnerung an den Verrat. Der Gefangene steht vor Gericht und wird gleich einen schicksalhaften Fehler machen. Er ahnt, dass etwas nicht stimmt. Denn als er zu sprechen beginnt, wendet der Mann, den er für seinen Freund hält, den Blick ab und starrt auf den Boden. Aber die Ahnung reicht nicht, um im letzten Moment noch das Richtige zu tun. Also wiederholt der Gefangene auf Nachfrage des Richters seine Lüge noch einmal. Nein, der andere sei nicht an den Raubüberfällen beteiligt gewesen.
Damit schnappt die Falle zu, denn der falsche Freund hat inzwischen gestanden, dass er dabei war. Für den Gefangenen ändert das alles. Eigentlich soll er in wenigen Tagen auf Bewährung gehen können, ein Fußballklub hat sogar schon die Kaution für ihn hinterlegt. Doch nun schlägt die Gefängnistür zu, und der Richter gibt ihm auf dem Weg in die Strafhaft noch mit: „Herr Keita-Ruel, ihre Fußballkarriere ist jetzt vorbei. Aber wenn sie herauskommen, können sie ja in Hollywood anfangen.“
Eine Geschichte von der man lernen kann
Keita, wie ihn alle nennen, sitzt an einem grauen Novembermorgen 2018 am Kopfende eines großen Holztisches und erzählt diese Geschichte. Er erzählt sie ohne Drama, eine größere innere Beteiligung ist ihm nicht anzumerken. Doch die Zuhörer wissen auch so, wie schnell man die falsche Abzweigung im Leben genommen hat und wie es einem dann geht. Sie haben selbst im Knast gesessen. Weil sie anschließend nicht weiter wussten, sind sie hier bei der Christlichen Initiative für Strafgefangene und Strafentlassene untergekommen, im Nürnberger Süden, gegenüber der Bahntrasse.
Als es darum ging, dass die Zweitligaprofis der SpVgg Greuther Fürth am „Sozialtag“ des Vereins zu diversen Einrichtungen ausschwärmen, hat Keita sich für diese entschieden. Seine Geschichte hat hier noch eine andere Bedeutung, geht es in ihr doch nicht nur um mangelnde Menschenkenntnis oder falsche Loyalität, sondern auch um unbeugsamen Willen und die Möglichkeit des Comebacks.