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Herr Del­zepich, Sie sind 1,91 Meter groß und wogen zu Ihrer aktiven Zeit über 100 Kilo­gramm. Gab es Spieler, die Angst davor hatten, gegen Sie zu anzu­treten?

Nee, kann ich mir nicht vor­stellen. Zumin­dest hat es mir keiner gesagt. Warum auch? Viel­leicht war es mal unan­ge­nehm, in der Mauer zu stehen, aber Angst davor gegen mich zu spielen? Ne, das glaube ich nicht.



Da gibt da diese Anek­dote mit dem Medi­zin­ball, Herr Del­zepich. Was geschah wirk­lich?


Wir haben Kraft­trai­ning mit Medi­zin­bällen gemacht und aus irgend­einem Grund lag der Ball dann einmal am 16er. Dann habe ich gesagt: »Ich mach’ ihn rein.« Die anderen wet­teten dagegen. Naja, ich habe ihn drüber geschossen. So ist das ganze ent­standen. Das war ein­fach so ein Jux.

Und Sie haben es auch nie mehr pro­biert? Oder war es nicht mehr inter­es­sant, weil es ohnehin klar war, dass Sie es schaffen?


Ins Tor war sowieso kein Pro­blem, drüber zu schießen hat mich selber etwas gewun­dert, so leicht ist ein Medi­zin­ball ja nicht. (lacht) Aber das geht schon.

Pas­sierte es, dass Sie manchmal wegen ihrer kör­per­li­chen Vor­teile jemanden umrannten obwohl Sie es gar nicht wollten?

Das pas­sierte schon des Öfteren, ja.

Aber Sie blieben immer fair?


Ja, sogar zu fair. (lacht)

Wirk­lich?


Ja. (lacht wieder) Och, ich glaube, aus diesem Körper hätte man noch mehr machen können, aber das war nicht meine Men­ta­lität, inso­fern bin ich an sich immer fair gewesen.

Welche Posi­tion haben Sie eigent­lich genau gespielt?


Am Anfang war ich im Sturm, dann im Mit­tel­feld.

Wären Sie nicht geeig­neter gewesen für das Tor oder als Ver­tei­diger?


Nachher, gegen Ende, spielt man dann natür­lich ein biss­chen mehr hinten, als Libero zum Bei­spiel, den es damals ja noch gab. Aber an und für sich habe ich mich Mit­tel­feld ganz wohl gefühlt.

Wäre nicht Bas­ket­ball eine gute Option neben dem Fuß­ball gewesen?

Mit 191 cm ist man kein Großer. Die Breite war eher da, die Höhe nicht so (lacht).

Aber als Zehn­kämpfer hätte man sich Sie auch vor­stellen können.


Ja, das schon eher.

Sie waren in Deutsch­land immer nur bei Ale­mannia Aachen in der zweiten Liga. War es damals gemüt­li­cher, weniger pro­fes­sio­nell?

Es war alles weniger öffent­lich als heute. Es wurde nicht jedes Spiel über­tragen, da war man froh, wenn ein kleiner Bericht in der Sport­schau kam. Aber von Live-Über­tra­gung aus der zweiten Liga, vor allem von der Ale­mannia, war da noch keine Rede.

Und die Stim­mung auf den Rängen?


Die Zuschauer waren nicht so ver­wöhnt, wie sie es heute durch das Fern­sehen sind. Dem­entspre­chend war damals auch eine ganz andere Stim­mung. Heute herrscht viel Zirkus, damals waren viele Fuß­ball­fans da. Des­wegen war die Stim­mung auch ganz gut.

War diese Stim­mung geprägt durch den Aachener Kampf­fuß­ball, der damals berühmt und berüch­tigt war?

Ja. Zumin­dest zu Hause hatten wir schon diesen Spiel­stil hau­ruck und drauf“. Das war nun mal Tivoli-Atmo­sphäre und wurde auch von den Zuschauern ver­langt. Da wurde man dazu getrieben, ein biss­chen mehr zu tun als nor­ma­ler­weise.

Und Sie waren einer der Publi­kums­lieb­linge?

Ich hoffe doch!

In der Saison 1986/87 wech­selten Sie zu Sturm Graz. Ein kurzes Inter­mezzo im Aus­land. Wie kam es dazu?

Ich hatte hier ein paar Pro­bleme mit dem Trainer, dann kam ein Spiel­ver­mittler, der meinte in Graz suchen sie einen. Da habe ich dann ein Pro­be­trai­ning gemacht. Die machten zufällig Tor­schuss­trai­ning und dann hatte sich das ganze schon erle­digt. War ein tolles Jahr.

Waren Sie in Öster­reich mit ihrer Größe, der Kon­sti­tu­tion und dem harten Schuss eine Attrak­tion?


Das war kurz­zeitig einmal, aber das hatte sich schnell gelegt.

Warum blieben Sie nur ein Jahr?


Ich wäre prin­zi­piell gerne länger unten geblieben, und die Mög­lich­keiten waren auch da: Der Verein wollte, ich wollte. Aber meine Frau hatte Heimweh, des­wegen ging es leider nicht mehr.

In Deutsch­land hatte man sich wahr­schein­lich schon auf ihren Spiel­stil ein­ge­stellt. Wie reagierte man in Öster­reich?

Die ersten Press­schläge wurden gleich abge­pfiffen, aber auch die gewöhnten sich relativ schnell daran. Es war ja alles mit Ball, es war ja kein Foul. Mit mir war halt nur einer da, der ein biss­chen kräf­tiger war als die anderen. Die Schieds­richter in meiner Zeit bei Sturm Graz emp­fand ich dann sogar ange­nehmer als in Deutsch­land. Es war ohnehin ein robus­teres und kör­per­be­ton­teres Spiel in Öster­reich. Das kam mir sehr ent­gegen.

Wie kam es eigent­lich zu Ihrem Spitz­namen »Press­schlag«?


Naja, ich machte und mache es heute immer noch ganz gerne, dass ich mir den Ball mal absicht­lich etwas weiter vor­lege und dann warte bis der andere tritt. So dürfte das dann auch mit dem Spitz­namen ent­standen sein.

Im Internet kur­siert noch ein anderer Spitz­name: »Schnauz­bart­wucht­brumme«. Schon mal gehört?


(lacht) Neee! Der Name ist mir selbst noch neu.

Sie haben 1991, mit 33 Jahren bei Ale­mannia Aachen ihre aktive Profi-Kar­riere beendet. Warum so früh, lag es am Abstieg?

Wir sind zwar abge­stiegen ja, aber es hing mehr mit meinem Beruf (Beamter bei der Stadt­ver­wal­tung Aachen; Anm. d. Red.) zusammen. Ich war nur beur­laubt, und mein Stu­dium konnte ich nur bis zum Alter von 35 Jahren fort­setzen. Tja, dann sind wir abge­stiegen, und dann muss man sich ent­scheiden: Ris­kiert man es? Oder sagt man: Die beruf­liche Kar­riere geht vor? Und dann habe ich mich eben für den Beruf ent­schieden.

In einem Inter­view gaben Sie einmal an, Sie seien Fan von Bayern Mün­chen.


Ja, in der Bun­des­liga ist Bayern Mün­chen mein Verein. Außerdem war damals, zum Zeit­punkt des Inter­views, an Bun­des­liga in Aachen noch gar nicht zu denken. Ich bin trotzdem rich­tiger Ale­manne. Wenn Aachen auch Bun­des­liga spielt, stehen die stehen schon über den Bayern.

Sie hätten wahr­schein­lich auch gerne mit der Ale­mannia Bun­des­liga gespielt.

Wenn man heute die Arenen und das Ganze sieht, dann denkt man sich schon: Oh, das wär’ schon noch mal schön.“ Aber ich trauere der Zeit nicht nach. Ich habe genauso eine schöne Zeit erlebt. Die Kame­rad­schaft und das Mit­ein­ander waren damals sicher noch besser. Der Neid und der Druck waren ein­fach noch nicht so groß wie heute.

Sie begannen nach Ihrer Zeit als Profi gleich bei der Tra­di­ti­ons­mann­schaft zu spielen. Sind Sie heut noch aktiv?


Ja, ich spiele heute noch in diesem Team, und das macht richtig Spaß, mit den Alten zusam­men­spielen. Wir machen fast 50 Spiele im Jahr.

Und ihr Kampf­ge­wicht haben Sie gehalten?

Bis auf 15 Kilo so – eigent­lich ja. (lacht) Ich war auch fast ein­ein­halb Jahre am Knie ver­letzt und kam eine Zeit lang nicht mehr so richtig auf die Beine. Da hat man ganz schnell ein paar Kilos zuge­nommen.

Gibt es heute noch Typen wie Sie?

(über­legt) Hm. Denke nicht.

Gibt es irgendwen, den Sie mit ihrem dama­ligen Spiel­stil ver­glei­chen können?

Nicht mehr. Und ich weiß auch nicht, ob so was heute noch mal gefragt wäre. Viel­leicht ist ein Carsten Jan­cker mir von der Figur her ähn­lich, aber der ist halt Stürmer und hat es mehr in der Birne als im Fuß.


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