Erst waren es Frankfurt-Fans in Marseille, dann Kölner in Nizza. Jetzt Unions Anhänger in Malmö: Die Fan-Krawallen nehmen zu. Für Union Berlin war der gestrige Abend ein trauriger Höhepunkt.
Aus Age Hareide sprach nach der Niederlage seiner Mannschaft die Enttäuschung und vermutlich war der Trainer von Malmö FF kurz nach dem Spiel auch noch nicht umfassend informiert, doch seine Worte waren deutlich. „Wir hatten noch nie solche Probleme mit einem anderen Team in Europa. Wenn sie Fans haben, die solche Dinge tun, können sie nicht im Europapokal spielen“, sagte der Norweger in Richtung 1. FC Union.
Beim Gruppenspiel der beiden Mannschaften am Donnerstagabend in Malmö war es in der zweiten Halbzeit zu schweren Fanausschreitungen gekommen. Nachdem mehrere Raketen auf den Rasen und auf die Tribünen geschossen wurden und es nahe dem Gästeblock eine heftige Explosion gegeben hatte, stand die Begegnung kurz vor dem Abbruch. Erst nach einer 27-minütigen Unterbrechung konnte wieder Fußball gespielt werden.
Die Schuldfrage war allerdings deutlich schwieriger zu beantworten, als es bei Hareide klang. Denn auch Malmö-Fans sowie eine Gruppe schwarz gekleideter Krawallmacher im Heimbereich neben dem Gästeblock, die zunächst keinem der beiden Vereine zugeordnet werden konnte, waren an den Ausschreitungen beteiligt. Mit einer Sache hatte der Trainer der Schweden aber zweifellos recht. „Ich bin seit 50 Jahren im Fußball und habe viele europäische Spiele gemacht, aber das zerstört den Spaß am Spiel.“
Richtig freuen konnten sich eigentlich nur die Berliner Profis, die nach zwei Niederlagen zum Start die ersten Punkte in der Europa League holten und ihre Chancen auf das internationale Überwintern deutlich verbesserten. Doch das war am Donnerstag Nebensache. „Heute sind Grenzen überschritten worden und das akzeptiere ich nicht“, sagte Unions Präsident Dirk Zingler und kündigte eine Aufarbeitung der Vorgänge im Gästeblock an.
Auch wenn die Lage sehr unübersichtlich war, deutet vieles darauf hin, dass vor allem zwei Faktoren maßgeblich waren für die Eskalation auf den Tribünen: Die Beteiligung von mehreren dritten Parteien und das Sicherheitskonzept, das die Brisanz des Spiels offensichtlich unterschätzt hatte. „Jeder lädt sich Gäste ein, aber hat sie dann nicht im Griff. Das ärgert mich total“, sagte Zingler.
Dass die schwedischen Anhänger eine Fanfreundschaft mit Unions Stadtrivalen pflegen, war im Vorfeld bekannt gewesen und am Donnerstag sollen auch Herthaner im Stadion gewesen sein. Im Malmö-Fanblock war schon vor den Ausschreitungen eine Hertha-Fahne zu sehen, während der Unterbrechung wurde dort auch ein Banner mit der Aufschrift „Berlin ist blau-weiß“ präsentiert. Es gab auch Gerüchte über Anhänger des BFC Dynamo, die zum Spiel angereist sein sollen. Doch auch ohne externe „Unterstützung“ existiert in Malmös Fanszene ein nicht zu unterschätzendes Gewaltpotenzial. Erst vor wenigen Tagen hatte es beim Ligaduell mit Hammarby Ausschreitungen im Stadion gegeben.
Auch aus diesem Grund hatte Malmö den Kartenverkauf außerhalb des Gästeblocks für Berliner Fans gesperrt und nur das Minimalkontingent von 1.200 Tickets zur Verfügung gestellt. Einige von diesen reichten Union-Fans allerdings an vereinsfremde Personen weiter. Dabei handelte es sich offenbar um Anhänger von Energie Cottbus und Borussia Mönchengladbach. Darauf deuten zumindest eine Zaunfahne der mit Unions Ultras befreundeten Gladbacher Gruppierung „Sottocultura“ sowie Fotos in den Sozialen Medien hin. Auf einem ist ein weitgehend vermummter Mann mit dem Cottbuser Vereinslogo auf der Maske zu sehen.