70 Tore in 21 Spielen: Niklas Groß ist ligaübergreifend der erfolgreichste Torjäger Deutschlands. Dabei wollte der 20-Jährige im Sommer eigentlich aufhören mit Fußball. Ein Gespräch über frustrierte Verteidiger, gefährliche Zweikämpfe und Neunerpacks.
Kommen wir zu den kritischen Fragen: Was war los in den Spielen gegen DSC Wanne-Eickel III und SuS Pöppinghausen?
Wie meinen Sie das?
Wenn das Internet nicht lügt, haben Sie in diesen Spielen nur jeweils ein Tor geschossen.
Ach so. Aber das kann ich erklären. (Lacht.) Kurz vor der Winterpause habe ich mir einen Muskelfaserriss zugezogen, dadurch habe ich die Vorbereitung verpasst. Danach bin ich nicht mehr richtig fit geworden. Ich konnte nicht mit Überzeugung in die Zweikämpfe gehen, ich konnte nicht mit voller Kraft schießen. Deswegen war ich im ersten Moment gar nicht so böse über die Zwangspause.
Kommen Sie während der Spiele manchmal durcheinander? So dass Sie nicht mehr wissen, wie oft Sie schon getroffen haben?
Das passiert mir dauernd, ich zähle meine Tore eigentlich nie mit. Wenn mich dann ein Spieler auf dem Platz fragt, wie viele ich gemacht habe, stehe ich immer doof da. Drei, vier, vielleicht fünf? Keine Ahnung.
Ab wann zählt ein Spiel für Sie eigentlich als ein gutes? Dreierpack? Viererpack?
Ich würde das gar nicht so strikt an der Anzahl der Tore festmachen. Für mich ist eher wichtig: Wie habe ich mich auf dem Platz gefühlt? Hatte ich Selbstbewusstsein? Manchmal treffe ich nur einmal, habe aber gut gespielt. Manchmal mache ich vier, fünf Dinger, aber habe danach den Eindruck, ein richtiges Kackspiel abgeliefert zu haben. Aber klar: Ein Tor sollte ich mindestens gemacht haben. Abgesehen davon ist es Gefühlssache. Wie gesagt: Ich bin ein sehr gefühlvoller Mensch.
Tun Ihnen dann auch die Verteidiger leid?
Nein. Die versuchen ja mit allen Mitteln, meine Erfolgserlebnisse zu verhindern. In der Rückrunde haben die meisten Teams gegen mich zum Beispiel mit Manndecker gespielt. Selbst wenn die gegnerischen Mannschaften in Ballbesitz waren, standen die bei mir rum und haben versucht, mich zu decken. Da verstehe ich es eher als Herausforderung, mich trotzdem durchzusetzen. Und wenn das klappt, macht mich das froh.
„Manchmal mache ich fünf Dinger, aber habe danach den Eindruck, ein richtiges Kackspiel abgeliefert zu haben“
Was sagt man denn zu einem Gegenspieler beim Handshake nach dem Spiel, wenn man gerade neun Hütten gemacht hat, so wie Sie gegen die SG Stephanus II im Herbst 2019? Gutes Spiel?
Ehrlich gesagt waren in dieser Saison ein paar ziemlich schlechte Verlierer dabei. Da kam es nach dem Spiel gar nicht erst zum Abklatschen.
Wird es da nicht oft gefährlich für Sie? Die Kreisliga C ist nicht unbedingt bekannt für Verteidiger, die brenzlige Situationen allein durch ihr gutes Stellungsspiel klären.
Meine Verletzungshistorie spricht in der Hinsicht leider für sich. Ich hatte in dieser Saison schon verstauchte Knöchel, eine ausgekugelte Schulter, den Muskelfaserriss. Aber wenn ich umgenietet werde, sagt mein Trainer meistens nur: „Hättest du halt früher abgespielt.“ Insofern will ich lieber gar nicht meckern.
Haben Sie einen Lieblings-Treffer aus dieser Saison?
Für mich persönlich auf jeden Fall das Tor zum 3:1 gegen den VfR Rauxel in der Hinrunde. Der Treffer selbst war gar nicht so schön – eine normale Eins-gegen-Eins-Situation mit dem gegnerischen Torhüter. Das schöne daran: Der gegnerische Torhüter war ein Verwandter von mir. Ich lief auf den Mann meiner Cousine zu und dachte: Dem knall’ ich jetzt einen um die Ohren. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Sie können den Mann Ihrer Cousine also nicht besonders gut leiden.
Doch, im Gegenteil. Wir haben total viel Kontakt. Das hat es ja so schön gemacht. Zum Glück hat das Tor nichts an unserer Freundschaft geändert.