70 Tore in 21 Spielen: Niklas Groß ist ligaübergreifend der erfolgreichste Torjäger Deutschlands. Dabei wollte der 20-Jährige im Sommer eigentlich aufhören mit Fußball. Ein Gespräch über frustrierte Verteidiger, gefährliche Zweikämpfe und Neunerpacks.
Niklas Groß, die wichtigste Frage gleich zu Beginn: Haben Sie vor der Saison mit den Verantwortlichen des SC Pantringshof eine Torprämie ausgehandelt?
Nein, das habe ich nicht. Zum einen bin ich gelernter Verteidiger und konnte nicht ahnen, dass ich plötzlich so oft treffen würde. Zum anderen wollte ich vor der Saison eigentlich aufhören mit Fußball.
Wie bitte?
Ich mache im Moment eine Ausbildung zum Chemie-Laboranten. Und in der vergangenen Saison empfand ich es als ziemlich anstrengend, nach der Arbeit oder nach der Berufsschule noch zum Training zu müssen. Deswegen wollte ich eigentlich etwas kürzer treten.
Jetzt sind Sie der treffsicherste Fußballer in ganz Deutschland.
Ich habe weitergemacht, weil viele meiner Kumpels geschlossen bei Pantringshof angefangen haben. Der Verein wurde im vergangenen Sommer neu gegründet. Da bekam ich doch wieder Lust, einfach zum Spaß mit meinen Kollegen ein bisschen zu zocken. Eine gute Entscheidung.
Im Internet findet man verschiedene Zahlen zu Ihrer Fabelsaison. Wie viele Tore waren es bisher wirklich: 68 oder 70?
Es waren 70 Tore.
In 21 Spielen?
Genau.
Wie zur Hölle geht das?
Puh, schwer zu sagen. Es lief einfach gut. Und ich habe sehr gute Mannschaftskollegen.
Ihre Bescheidenheit in allen Ehren, aber vor allem Sie selbst müssen sehr gut sein. Sind Sie mit Ihren Abschluss-Qualitäten in der Kreisliga C nicht ein bisschen verschenkt?
Wie gesagt: Eigentlich wollte ich ja sogar komplett aufhören. Da ist die Kreisliga C doch ein schöner Kompromiss.
Spätestens jetzt dürften sich die Angebote von höherklassigen Vereinen bei Ihnen auf dem Schreibtisch stapeln.
Ein paar Angebote habe ich tatsächlich. Aber wirklich Gedanken mache ich mir darüber nicht. Zur Zeit steht wegen Corona ohnehin alles still und auch unabhängig davon werde ich mich weiterhin vor allem auf meine Ausbildung konzentrieren. Das nächste Jahr werde ich deswegen auch einfach weiter mit meinen Kumpels zocken. Wenn ich die Ausbildung geschafft habe, kann ich ja immer noch angreifen und schauen, was so geht.
Haben Sie denn eine bestimmte Liga im Blick?
Ich habe mein erstes Herrenjahr bei Frohlinde gespielt. Da bin ich zwischen der ersten und zweiten Mannschaft gependelt, also zwischen der Landesliga und der Kreisliga A. Insofern wäre die Landesliga ein gutes Ziel. Die traue ich mir auf jeden Fall zu.
Können Sie uns erklären, was Sie als Fußballer ausmacht? Ihre Stärken, Ihre Schwächen?
Ich bin extrem schnell. Technisch bin ich nicht der beste, aber zumindest ordentlich. Ich kann Bälle ganz gut kontrollieren und Zuspiele verarbeiten. Meine größte Schwäche ist, wie soll ich das formulieren, der Kopf. Beziehungsweise mein Selbstvertrauen. Wenn es am Anfang eines Spiels nicht läuft, lasse ich den Kopf hängen und habe mit mir selbst zu kämpfen. Andere Stürmer sagen nach einer oder zwei vergebenen Chancen: passiert. Ich dagegen brauche eine Viertelstunde, bis der Kopf wieder frei ist.
Wir würden eher sagen: Bei anderen Stürmern dauern diese Phasen 15 Spiele und nicht 15 Minuten.
Mag sein. (Lacht.) Aber was ich damit sagen will: Ich bin ein extrem emotionaler Mensch. Ich rege mich manchmal tierisch über mich selbst auf. Darunter leidet die Konzentration. Das kann ich mir in höheren Ligen nicht leisten.