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Niklas Groß, die wich­tigste Frage gleich zu Beginn: Haben Sie vor der Saison mit den Ver­ant­wort­li­chen des SC Pant­ringshof eine Tor­prämie aus­ge­han­delt?
Nein, das habe ich nicht. Zum einen bin ich gelernter Ver­tei­diger und konnte nicht ahnen, dass ich plötz­lich so oft treffen würde. Zum anderen wollte ich vor der Saison eigent­lich auf­hören mit Fuß­ball.

Wie bitte?
Ich mache im Moment eine Aus­bil­dung zum Chemie-Labo­ranten. Und in der ver­gan­genen Saison emp­fand ich es als ziem­lich anstren­gend, nach der Arbeit oder nach der Berufs­schule noch zum Trai­ning zu müssen. Des­wegen wollte ich eigent­lich etwas kürzer treten.

Jetzt sind Sie der treff­si­cherste Fuß­baller in ganz Deutsch­land.
Ich habe wei­ter­ge­macht, weil viele meiner Kum­pels geschlossen bei Pant­ringshof ange­fangen haben. Der Verein wurde im ver­gan­genen Sommer neu gegründet. Da bekam ich doch wieder Lust, ein­fach zum Spaß mit meinen Kol­legen ein biss­chen zu zocken. Eine gute Ent­schei­dung.

Im Internet findet man ver­schie­dene Zahlen zu Ihrer Fabel­saison. Wie viele Tore waren es bisher wirk­lich: 68 oder 70?
Es waren 70 Tore.

In 21 Spielen?
Genau.

Wie zur Hölle geht das?
Puh, schwer zu sagen. Es lief ein­fach gut. Und ich habe sehr gute Mann­schafts­kol­legen.

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Ihre Beschei­den­heit in allen Ehren, aber vor allem Sie selbst müssen sehr gut sein. Sind Sie mit Ihren Abschluss-Qua­li­täten in der Kreis­liga C nicht ein biss­chen ver­schenkt?
Wie gesagt: Eigent­lich wollte ich ja sogar kom­plett auf­hören. Da ist die Kreis­liga C doch ein schöner Kom­pro­miss.

Spä­tes­tens jetzt dürften sich die Ange­bote von höher­klas­sigen Ver­einen bei Ihnen auf dem Schreib­tisch sta­peln.
Ein paar Ange­bote habe ich tat­säch­lich. Aber wirk­lich Gedanken mache ich mir dar­über nicht. Zur Zeit steht wegen Corona ohnehin alles still und auch unab­hängig davon werde ich mich wei­terhin vor allem auf meine Aus­bil­dung kon­zen­trieren. Das nächste Jahr werde ich des­wegen auch ein­fach weiter mit meinen Kum­pels zocken. Wenn ich die Aus­bil­dung geschafft habe, kann ich ja immer noch angreifen und schauen, was so geht.

Haben Sie denn eine bestimmte Liga im Blick?
Ich habe mein erstes Her­ren­jahr bei Froh­linde gespielt. Da bin ich zwi­schen der ersten und zweiten Mann­schaft gepen­delt, also zwi­schen der Lan­des­liga und der Kreis­liga A. Inso­fern wäre die Lan­des­liga ein gutes Ziel. Die traue ich mir auf jeden Fall zu.

Können Sie uns erklären, was Sie als Fuß­baller aus­macht? Ihre Stärken, Ihre Schwä­chen?
Ich bin extrem schnell. Tech­nisch bin ich nicht der beste, aber zumin­dest ordent­lich. Ich kann Bälle ganz gut kon­trol­lieren und Zuspiele ver­ar­beiten. Meine größte Schwäche ist, wie soll ich das for­mu­lieren, der Kopf. Bezie­hungs­weise mein Selbst­ver­trauen. Wenn es am Anfang eines Spiels nicht läuft, lasse ich den Kopf hängen und habe mit mir selbst zu kämpfen. Andere Stürmer sagen nach einer oder zwei ver­ge­benen Chancen: pas­siert. Ich dagegen brauche eine Vier­tel­stunde, bis der Kopf wieder frei ist.

Wir würden eher sagen: Bei anderen Stür­mern dauern diese Phasen 15 Spiele und nicht 15 Minuten.
Mag sein. (Lacht.) Aber was ich damit sagen will: Ich bin ein extrem emo­tio­naler Mensch. Ich rege mich manchmal tie­risch über mich selbst auf. Dar­unter leidet die Kon­zen­tra­tion. Das kann ich mir in höheren Ligen nicht leisten.

Kommen wir zu den kri­ti­schen Fragen: Was war los in den Spielen gegen DSC Wanne-Eickel III und SuS Pöp­ping­hausen?
Wie meinen Sie das?

Wenn das Internet nicht lügt, haben Sie in diesen Spielen nur jeweils ein Tor geschossen.
Ach so. Aber das kann ich erklären. (Lacht.) Kurz vor der Win­ter­pause habe ich mir einen Mus­kel­fa­ser­riss zuge­zogen, dadurch habe ich die Vor­be­rei­tung ver­passt. Danach bin ich nicht mehr richtig fit geworden. Ich konnte nicht mit Über­zeu­gung in die Zwei­kämpfe gehen, ich konnte nicht mit voller Kraft schießen. Des­wegen war ich im ersten Moment gar nicht so böse über die Zwangs­pause.

Kommen Sie wäh­rend der Spiele manchmal durch­ein­ander? So dass Sie nicht mehr wissen, wie oft Sie schon getroffen haben?
Das pas­siert mir dau­ernd, ich zähle meine Tore eigent­lich nie mit. Wenn mich dann ein Spieler auf dem Platz fragt, wie viele ich gemacht habe, stehe ich immer doof da. Drei, vier, viel­leicht fünf? Keine Ahnung.

Ab wann zählt ein Spiel für Sie eigent­lich als ein gutes? Drei­er­pack? Vie­rer­pack?
Ich würde das gar nicht so strikt an der Anzahl der Tore fest­ma­chen. Für mich ist eher wichtig: Wie habe ich mich auf dem Platz gefühlt? Hatte ich Selbst­be­wusst­sein? Manchmal treffe ich nur einmal, habe aber gut gespielt. Manchmal mache ich vier, fünf Dinger, aber habe danach den Ein­druck, ein rich­tiges Kack­spiel abge­lie­fert zu haben. Aber klar: Ein Tor sollte ich min­des­tens gemacht haben. Abge­sehen davon ist es Gefühls­sache. Wie gesagt: Ich bin ein sehr gefühl­voller Mensch.

Tun Ihnen dann auch die Ver­tei­diger leid?
Nein. Die ver­su­chen ja mit allen Mit­teln, meine Erfolgs­er­leb­nisse zu ver­hin­dern. In der Rück­runde haben die meisten Teams gegen mich zum Bei­spiel mit Mann­de­cker gespielt. Selbst wenn die geg­ne­ri­schen Mann­schaften in Ball­be­sitz waren, standen die bei mir rum und haben ver­sucht, mich zu decken. Da ver­stehe ich es eher als Her­aus­for­de­rung, mich trotzdem durch­zu­setzen. Und wenn das klappt, macht mich das froh.

Manchmal mache ich fünf Dinger, aber habe danach den Ein­druck, ein rich­tiges Kack­spiel abge­lie­fert zu haben“

Top-Torjäger Niklas Groß

Was sagt man denn zu einem Gegen­spieler beim Hand­shake nach dem Spiel, wenn man gerade neun Hütten gemacht hat, so wie Sie gegen die SG Ste­phanus II im Herbst 2019? Gutes Spiel?
Ehr­lich gesagt waren in dieser Saison ein paar ziem­lich schlechte Ver­lierer dabei. Da kam es nach dem Spiel gar nicht erst zum Abklat­schen.

Wird es da nicht oft gefähr­lich für Sie? Die Kreis­liga C ist nicht unbe­dingt bekannt für Ver­tei­diger, die brenz­lige Situa­tionen allein durch ihr gutes Stel­lungs­spiel klären.
Meine Ver­let­zungs­his­torie spricht in der Hin­sicht leider für sich. Ich hatte in dieser Saison schon ver­stauchte Knö­chel, eine aus­ge­ku­gelte Schulter, den Mus­kel­fa­ser­riss. Aber wenn ich umge­nietet werde, sagt mein Trainer meis­tens nur: Hät­test du halt früher abge­spielt.“ Inso­fern will ich lieber gar nicht meckern.

Haben Sie einen Lieb­lings-Treffer aus dieser Saison?
Für mich per­sön­lich auf jeden Fall das Tor zum 3:1 gegen den VfR Rauxel in der Hin­runde. Der Treffer selbst war gar nicht so schön – eine nor­male Eins-gegen-Eins-Situa­tion mit dem geg­ne­ri­schen Tor­hüter. Das schöne daran: Der geg­ne­ri­sche Tor­hüter war ein Ver­wandter von mir. Ich lief auf den Mann meiner Cou­sine zu und dachte: Dem knall’ ich jetzt einen um die Ohren. Ein unbe­schreib­li­ches Gefühl.

Sie können den Mann Ihrer Cou­sine also nicht beson­ders gut leiden.
Doch, im Gegen­teil. Wir haben total viel Kon­takt. Das hat es ja so schön gemacht. Zum Glück hat das Tor nichts an unserer Freund­schaft geän­dert.

Kein Fuß­baller im Land hat in dieser Saison mehr Tore erzielt als Sie, Sie sind gewis­ser­maßen der erfolg­reichste Tor­jäger Deutsch­lands. Schon mal dar­über nach­ge­dacht, sich so auch in der Disko vor­zu­stellen?
Nein. Das erwähne ich eher nicht.

Aber das könnte doch ganz gut ankommen…
Wir reden hier über die Kreis­liga C. Das ist die elfte Liga. Manche ver­glei­chen mich ja sogar mit Lewan­dowski. Da fasse ich mir immer an den Kopf und denke: Wie zur Hölle kommt ihr auf den Schwach­sinn. Was Lewan­dowski macht, ist eine andere Sportart. Das kann man nicht ver­glei­chen.

Was tragen Sie eigent­lich für eine Rücken­nummer. Die 9 oder die 11?
Ich trage stets die 13. Weil ich das Unglück der Gegner bin. (Lacht.)

Sie haben ein­gangs erwähnt, dass Sie ursprüng­lich als Ver­tei­diger aus­ge­bildet worden sind. Gleich­zeitig ist zu lesen, dass Ihr Vater lange auch ihr Trainer war. Sind Sie sauer auf ihn, dass er nicht schon früher ihr Talent fürs Tore­schießen ent­deckt hat?
Quatsch. Ich war ja auch ein her­vor­ra­gender Ver­tei­diger. (Lacht.) Bezie­hungs­weise war ich immer eher ein All­rounder. Ich wurde in der Jugend sogar mal als bester Tor­wart der Saison aus­ge­zeichnet. In dem Jahr haben wir nur acht Gegen­tore bekommen, da habe ich noch eine Tro­phäe zu Hause rum­stehen. Inso­fern mache ich meinem Vater über­haupt keinen Vor­wurf. Nicht mal ich wusste, dass ich Tore schießen kann. In der A‑Jugend bei West­falia Herne war ich zum Bei­spiel Links­ver­tei­diger. Ein­fach, weil wir keinen anderen hatten.

Stimmt es, dass Sie in der ver­gan­genen Saison nur ein ein­ziges Tor geschossen haben?
Ja. Aller­dings lag das auch daran, dass ich in Froh­linde so meine Dif­fe­renzen mit dem Trainer der zweiten Mann­schaft hatte. Und des­wegen nur sehr selten gespielt habe.

Seit meh­reren Wochen darf kein Fuß­ball mehr gespielt werden. Wie hat sich das auf das Innen­leben Ihrer Mann­schaft aus­ge­wirkt? Ist die Whatsapp-Gruppe schon ein­ge­schlafen?
Unsere Whatsapp-Gruppe wird glaube ich nie ein­schlafen. Zumin­dest nicht die inof­fi­zi­elle.

Die inof­fi­zi­elle?
Wir haben zwei Gruppen. Eine nur für Infos. Wer da Quatsch rein­schreibt, muss Strafe zahlen. Die ist also eher ruhig. Die andere brummt dafür umso mehr. Da haben wir auch jetzt noch jeden Tag 300 oder 400 Nach­richten. Hier in der Region werfen uns ja manche Leute vor, dass wir eine Söld­ner­mann­schaft und alle nur wegen der Kohle nach Pant­ringshof gewech­selt wären. Aber daran sieht man, dass dieser Vor­wurf nicht stimmt. Wir ver­stehen uns alle privat wahn­sinnig gut. Ganz unab­hängig davon ist das Gerede eh Blöd­sinn: Hier kas­siert näm­lich nie­mand Kohle.

Haben Sie einen Lieb­lings­stürmer?
Und ob. Ciro Immo­bile.

Warum genau der?
Ich finde, er spielt total schlau. Er über­ar­beitet sich nicht, son­dern wartet auf die rich­tigen Situa­tionen. Die erkennt er genau, und wenn es so weit ist, gibt er alles und setzt sich durch. Er hat Ideen, ist explosiv, unbe­re­chenbar, er hat Zug zum Tor. Ein geiler Stürmer! Wissen Sie was: Mir hat es damals das Herz gebro­chen, dass er in Dort­mund so schlecht war. Und das, obwohl ich Schalke-Fan bin. Das sagt eigent­lich alles.

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Niklas Groß mit Beweis­ma­te­rial auf dem Rücken

Pri­vat­ar­chiv Niklas Groß