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Alan Shearer, der glück­lose eng­li­sche Natio­nal­trainer, Steve McClaren, wollte Sie in sein Team holen. Sie lehnten ab. Glück­wunsch!
 
Vielen Dank! (lacht) Aber ich habe ehr­lich gesagt nicht geahnt, dass Steves Arbeit unter so einem schlechten Stern stehen würde. Es passte damals ein­fach nicht in meinen Zeit­plan, als Trainer bei ihm anzu­fangen.
 


In die Qua­li­fi­ka­tion zur WM 2010 ist Eng­land sehr gut gestartet. Was macht Fabio Capello besser als McClaren?
 
Fabio ist ein Welt­trainer. Schauen Sie sich nur mal seine Erfolge an! Einer wie er hat keine Auto­ri­täts­pro­bleme, wenn er einen neuen Job über­nimmt. Da hatte Steve es schwerer, der vorher nur für relativ kleine Klubs gear­beitet hat. Dazu kommt: Steve war in Eng­land eine Person des Bou­le­vards. Über ihn wusste die Öffent­lich­keit alles. Fabio hin­gegen hält sein Pri­vat­leben unter Ver­schluss. Das macht ihn immun gegen Angriffe von gewissen Teilen der Presse.
 
Capello hat eine weiße Weste.
 
Und das führt in Eng­land zu einem ver­blüf­fenden Ergebnis: Man hat Angst vor ihm, so wie man Unbe­kanntes gene­rell fürchtet. Mit diesem Angst-Faktor spielt Capello sehr geschickt.
 
Ist das der Vor­teil, den auch andere aus­län­di­sche Trainer haben, die in Eng­land arbeiten, etwa Wenger, Sco­lari oder Benitez?
 

Durchaus. Denken Sie nur an Mour­inho und wie er als Chelsea-Trainer mit seinem Image des Undurch­schau­baren gespielt hat.
 
Haben diese Trainer eine bes­sere Per­spek­tive auf den Fuß­ball als ihre eng­li­schen Kol­legen?

 
Natür­lich bringen sie neue Ideen ein, so wie jeder Trainer es tut. Zeigen Sie mir eine Liga, die nicht von Aus­län­dern beein­flusst wird. Aber es gibt auch gute bri­ti­sche Trainer.

Wen denn?

Harry Red­knapp ist letztes Jahr trotz eines sehr schmalen Bud­gets mit dem FC Ports­mouth Pokal­sieger geworden und coacht jetzt Tot­tenham. Auch Martin O’Neill leistet tolle Arbeit bei Aston Villa.
 
Den­noch fällt auf, dass sie nicht bei den expo­nierten Klubs arbeiten.
 
Das ist nicht ihr Fehler. Das ist die Ent­schei­dung der Ver­eins­bosse, die sich gern mit großen Namen schmü­cken.
 
Warum können sich so wenige deut­sche Fuß­baller in der Pre­mier League durch­setzen?

 
Gute Frage. Ganz ehr­lich: Ich habe keine Ahnung.
 
Sind die Deut­schen zu weich?
 

Das glaube ich nicht. Die Frage sollten Sie auch nicht zu laut stellen, wenn Torsten Frings gerade vorbei kommt (lacht). Im Ernst: Wenn ich mir den deut­schen Kader ansehe, sind durchaus einige Spieler dabei, die auch einen eng­li­schen Top-Klub ver­stärken würden, vor allem Miroslav Klose mit seinem über­ra­genden Kopf­ball­spiel.
 
In Deutsch­land heißt es, von seinen Anlagen wäre ins­be­son­dere Bas­tian Schwein­steiger für die Pre­mier League prä­de­sti­niert.

 
Der ist auch stark! Ich kenne viele Stürmer in Eng­land, die sich über seine Flanken freuen würden. Mit seiner robusten Art würde er bei auch bei den Fans ziem­lich gut ankommen. Aber er hat noch einen Ver­trag bei den Bayern, und die wären schön blöd, wenn sie ihn gehen lassen würden.
 
Sowohl die eng­li­sche als auch die deut­sche Natio­nal­mann­schaft befinden sich im Umbruch. Mit wel­chen Pro­blemen haben beide Teams par­allel zu kämpfen?

Was den Erfolg anbe­langt, könnt ihr Euch nicht beklagen. Das ist eher unser Pro­blem (lacht). Beide Ligen werden von Aus­län­dern domi­niert, was es Nach­wuchs­spie­lern erschwert, sich durch­zu­setzen. Selbst wenn ein Trainer weiß, dass ein Junge ein­schlagen wird, wenn er ihn nur regel­mäßig spielen lässt, wagt er es selten und setzt lieber auf einen aus­län­di­schen Spieler, der zwar nicht über­ra­gend, aber kon­stant spielt. Wie mir scheint, hat die deut­sche Natio­nal­mann­schaft dieses Pro­blem aber besser weg­ge­steckt als die eng­li­sche.
 
Die Grün­dung der Pre­mier League im Jahre 1992 und die damit ein­her­ge­hende Kom­mer­zia­li­sie­rung ist also eine Ursache für den Miss­erfolg der eng­li­schen Natio­nalelf?
 
Das klingt mir zu ein­fach. Ich glaube trotz allem an das Prinzip: Wenn du gut genug bist, wirst du dich durch­setzen. Für diese Theorie gibt es auch in der Pre­mier League einige Bei­spiele: Theo Wal­cott, Wayne Rooney oder Joe Cole.
 
Ihre Kar­riere begann an der Schwelle zwi­schen der alten und neuen Fuß­ball­welt. Können Sie sich an einen Moment erin­nern, in dem Sie dachten: Irgendwas läuft hier aus dem Ruder“?
 
Was ist denn aus dem Ruder gelaufen? Meine Kar­riere ist doch ganz gut gelaufen. Finden Sie nicht?
 
Ohne Zweifel. Aber über die Ent­wick­lung der Pre­mier League lässt sich streiten.
 
Wie gesagt: Die Natio­nal­mann­schaft hat in den letzten 15 Jahren nicht gerade von der Pre­mier League pro­fi­tiert. Aber die Liga selbst ist, nachdem sie Ende der 80er Jahre wegen der Heysel-Kata­strophe exkom­mu­ni­ziert worden war, zur besten der Welt geworden. Daran kann ich nichts schlecht finden.
 



Haben Sie den­noch Ver­ständnis für Fans, die sich aus Frust über Kom­mer­zia­li­sie­rung, stei­gende Ticket-Preise und fluk­tu­ie­rende Kader von ihren Klubs abwenden?

 
Nie­mand kann die Augen davor ver­schließen, dass die Zuschau­er­zahlen zurück­gehen. Aber ich bin über­zeugt: Wer Fan eines Klubs ist, bleibt es für den Rest des Lebens. Egal, was pas­siert.
 
Die Pre­miere League wird von den Big Four“ domi­niert: Man­chester United, FC Chelsea, Arsenal London und FC Liver­pool. Auf Dauer ein biss­chen lang­weilig, oder?
 
Gegen­frage: Wer hat denn in den letzten Jahren die Bun­des­liga domi­niert?
 
Bayern Mün­chen.
 
Also nur eine Mann­schaft. In Schott­land oder Spa­nien sind es gerade einmal zwei. Da finde ich es bedeu­tend attrak­tiver, wenn sich vier Große bis aufs Blut bekämpfen.
 
Wie ist das Image der Bun­des­liga in Eng­land?

 
Soweit wir uns über­haupt für irgend­etwas anderes als unseren Fuß­ball inter­es­sieren: Ziem­lich gut! Die Bun­des­liga gilt bei uns als durch und durch gesund. Die Serie A ist auf dem Weg nach unten, die Bun­des­liga auf dem Weg nach oben.
 
Bayern-Vor­stands­chef Karl-Heinz Rum­me­nigge will durch die Abschaf­fung der so genannten 50+1‑Regel“ auch in der Bun­des­liga das Enga­ge­ment aus­län­di­scher Inves­toren ermög­li­chen. Möchten Sie ihn in Ihrer Eigen­schaft als Experte des eng­li­schen Fuß­balls an dieser Stelle warnen?

Das Geld von Leuten wie Roman Abra­mo­witsch macht vieles mög­lich. Kein Wunder, dass andere das auch wollen. Ich sehe bloß eine Gefahr: Was pas­siert, wenn die Abra­mo­witsch das Inter­esse an seinem Spiel­zeug ver­liert? Dann hat der FC Chelsea ein beträcht­li­ches Pro­blem. Und wenn die Geld­geber von Man­chester City, West Ham oder United das Inter­esse ver­lieren, geht es diesen Klubs genauso – und damit hätte auch die Pre­mier League ein großes Pro­blem.
 
Als Sie 1996 für 15 Mil­lionen Pfund von den Blackburn Rovers zu New­castle United wech­selten, waren Sie der teu­erste Spieler der Welt. Wie sind Sie mit diesem enormen Druck umge­gangen?
 
Ich habe das nie als Druck emp­funden. Warum auch? Ich wollte immer erfolg­reich sein – und war lieber der teu­erste Spieler der Welt als der bil­ligste. (lacht) 
 
Bereuen Sie es, dass Sie nie­mals im Aus­land gespielt haben?

 
Kei­nes­wegs! Ich hatte die Chance, der FC Bar­ce­lona und Sampdoria Genua wollten mich holen. Aber meine Kinder waren im schul­pflich­tigen Alter, ich wollte sie nicht durch halb Europa zerren. Außerdem hatte ich in New­castle alles, was ich brauchte.
 

Sie haben noch eine Zeit mit­er­lebt, in der Paul Gas­coigne, Tony Adams und Paul Merson die Stars waren – auch des­halb, weil sie an der Theke keine Chance unge­nutzt ließen. Wie sehen Sie die Ver­herr­li­chung von Alkohol im eng­li­schen Fuß­ball?
 
Da hat sich die Wahr­neh­mung etwas ver­schoben. Damals wusste nie­mand, was diese Jungs in ihrem Pri­vat­leben treiben – bis sie selbst an die Öffent­lich­keit gegangen sind und zuge­geben haben, dass sie ein Pro­blem mit dem Alkohol haben. Dafür hat sie dann aber, wenn ich mich recht ent­sinne, nie­mand gelobt.
 
Haben Sie den Ver­su­chungen von Alkohol und Partys immer wider­standen?

 
Ich habe nie besoffen gespielt, wenn Sie das meinen. Das ist meiner Mei­nung nach auf unserem Level auch gar nicht mög­lich, zumin­dest nicht über einen län­geren Zeit­raum. Aber wenn es Anlass für eine Party gab, habe ich sie auch gefeiert. Alles zu seiner Zeit – mein Motto als Sports­mann.
 
Wer war zur aktiven Zeit Ihr Vor­bild?
 
Mein Held hieß Kevin Keegan.
 
Keegan hatte mit dem Song Head over heels in love“ sogar einen Top-Ten-Hit in den deut­schen Charts.

 
Oh, wirk­lich? Sehen Sie: Der konnte alles! (lacht)
 
Haben Sie auch eine Kar­riere als Sänger ange­strebt?

 
Ehr­lich gesagt, habe ich ihn für sein Gesangs­ta­lent ebenso wenig bewun­dert wie für seine Frisur oder seine Art, sich zu kleiden. Er war ein­fach ein toller Stürmer.
 
Kevin Keegan hat wie George Best, Paul Gas­coigne und auch Sie eine Ära geprägt. Wer ist das Gesicht der Gegen­wart, einer Zeit, in der Fuß­ball zum Mil­lio­nen­ge­schäft wurde? David Beckham?
 
Viel­leicht. David hat sich für diesen gewissen Weg ent­scheiden. Ich hätte das nicht getan.
 
Als was wird er in Erin­ne­rung bleiben: Als Fuß­baller oder als Pop­star?

 
Das wird sich erweisen. Ich habe mit ihm zusammen gespielt und weiß, dass er ein guter Fuß­baller war. Ich halte es aber für mög­lich, dass das nicht alle so sehen werden.
 
Sie been­deten vor gut zwei Jahren ihre Kar­riere. Ver­missen Sie den Fuß­ball?
 
Ich habe alles aus­ge­kostet und nichts ver­passt. Aber ehr­lich gesagt: In einem aus­ver­kauften Sta­dion das ent­schei­dende Tor zu schießen – das ver­misse ich sehr.
 
Wenn Sie ein Tor erzielten, hoben Sie zum Jubeln ledig­lich den Finger. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie sehen, wie heut­zu­tage Samba an der Eck­fahne getanzt wird?
 
Ob Samba, Flick-Flack oder Pan­zer­faust: Das ist nichts für mich. Da bin ich alt­mo­disch.
 
Alan Shearer, werden wir Sie eines Tages noch als Trainer erleben?

 
Ich habe meinen Schein gemacht. Wenn sich die rich­tige Tür auftut, werde ich hin­durch gehen. Aber das ist bei uns nicht so leicht wie bei Euch in Deutsch­land, wo Jürgen Klins­mann gleich Natio­nal­trainer wird.