Leverkusen, Israel, England, rumänische Walachei – Brandon Diau hat eine wilde Karriere-Odyssee hinter sich. Nun ist er mit 27 Jahren Profi geworden. Auch dank einer eigenen Doku-Serie auf YouTube.
Immer mehr semiprofessionelle Fußballer inszenieren ihr Leben und ihre Karrieren in Doku-Serien auf Youtube. Einige (wie etwa Brandon Diau) landen sogar bei Profiklubs. In unserer aktuellen Ausgabe 11FREUNDE #232 erzählen wir seine und andere Geschichten.
Brandon Diau, wo erreichen wir Sie gerade?
In Rumänien. Ich spiele seit November für den Zweitligisten Pandurii Targu Jiu.
Pandurii Targu Jiu?
Die Stadt Targu Jiu liegt in der Kleinen Walachei, etwa 300 Kilometer westlich von Bukarest. Sie hat rund 80.000 Einwohner.
Wie sind Sie dort gelandet?
Ich habe vier Jahre in England gespielt und bin durch alle möglichen Lower Leagues getingelt. Dann kam Corona, und plötzlich ging gar nichts mehr. Im Herbst vergangenen Jahres hatte ich die Schnauze voll. Soll ich alles hinschmeißen? Nein, sagte ich, und schaute im Internet nach günstigen Flügen. Ich fand einen für sieben oder acht Pfund nach Bukarest. Ich checkte die aktuellen Einreisebestimmungen, dann setzte ich mich in den Flieger.
Ohne Vertrag bei einem Verein?
Ich hatte ein bisschen im Internet nach möglichen Vereinen gesucht und war auf Pandurii Targu Jiu gestoßen. Die waren Letzter der zweiten Liga, und ich dachte, die brauchen doch bestimmt einen guten Innenverteidiger. (Lacht.) Von Bukarest fuhr ich also nach Targu Jiu, wenige Tage später hatte ich einen Vertrag.
So einfach geht das?
Ich habe dem Trainer von meiner bisherigen Karriere erzählt und machte ein Probetraining, bei dem ich richtig gut war. Aber klar, man muss Mut zum Risiko und auch ein bisschen Glück haben. Ich bin 27 Jahre alt und spiele endlich Profifußball. Mein Traum ist in Erfüllung gegangen.
„Plan B war eine Karriere als Sänger – ich war sogar bei DSDS“
Wissen Sie noch, wann Sie zum ersten Mal von einer Karriere als Fußballprofi geträumt haben?
Die WM 1998 war prägend. Ich war fünf Jahre alt und habe mit meinem Vater das Finale geguckt. Ronaldo, Rivaldo, Zidane, Desailly, Thuram. Fantastisch! Irgendwann während des Spiels sagte ich: „Papa, ich möchte Fußballer werden.“
Das sagen viele Kinder.
Aber bei mir hat sich der Wunsch extrem stark verfestigt, ich habe nie davon abgelassen. Andere hätten in meinem Alter vermutlich längst gesagt, komm, mach was anderes, du packst es einfach nicht. Ich wollte aber nie aufgeben, ich dachte immer, was anderes kann ich später noch machen.
Wie verfolgen Ihre Eltern Ihre Karriere?
Sie sind vor vielen Jahrzehnten aus dem Kongo nach Deutschland gekommen. Ich bin in Bonn geboren und aufgewachsen. Viel Geld hatten wir nie. Vielleicht haben sie auch deshalb gehofft, dass ich studiere und etwas Solides mache. Fußballprofi schien sehr riskant.
Sie waren in der Jugend nah dran am Profifußball. Warum hat es damals nicht geklappt?
Ich habe in der U15 von Bayer Leverkusen gespielt, danach mit Troisdorf in der U17-Bundesliga. Ich stand beim HSV unter Vertrag, kam aber nur in der dritten Mannschaft zum Einsatz. Ich habe auch ein paar Spiele für kongolesische Jugendnationalmannschaften gemacht. Aber wie gesagt: Auf dem Weg zum Profi brauchst du nicht nur Talent, sondern auch etwas Glück. Du musst zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, die richtigen Förderer kennenlernen, die richtigen Entscheidungen treffen. Und vielleicht war ich damals einfach nicht gut genug für die Bundesliga. Aber es muss ja nicht immer Bundesliga sein, Profi kann man fast überall auf der Welt werden.
Hatten Sie einen Plan B zum Profifußball?
Ich mag Musik. Auch nicht gerade der solide Berufsweg. Aber ich kann ganz gut singen. Wegen einer verlorenen Wette bin ich 2012 sogar zu „Deutschland sucht den Superstar“ gegangen und in die dritte Runde gekommen.
Was haben Sie gesungen?
Beim ersten Casting „U got it bad“ von Usher.
„Your whole life’s off track“ singt Usher. Auch Ihre Karriere ging etwas abseits der üblichen Wege weiter. Wie sind Sie in Englands Amateurligen gelandet?
Nach dem Abi nahm ich ein Angebot von Hapoel Afula aus Israel an, aber es war keine schöne Zeit, kurz nach meiner Ankunft im Sommer 2014 brach der 50-tägige Gaza-Krieg aus. Ich fühlte mich nicht sicher und kehrte heim. Als ich wieder in Deutschland war, sagten einige Leute wieder: „Brandon, bitte studier doch! Mach doch was Vernünftiges!“ Ich sagte: „Einmal will ich es noch versuchen. Im Mutterland.“ Und so landete ich in England.