Willi Landgraf liebt Pommes Schranke und Schornsteine. Kein Wunder, dass er nie aus dem Ruhrpott wegwollte. Zum 55. Geburtstag sei die Frage erlaubt: Warum kickte er eigentlich nie in der Bundesliga?
Sie sagten mal: „Ich hatte in meiner Karriere 20 Trainer, 19 waren gut.“ Welcher war schlecht?
Mit Uwe Klimaschefski (Landgrafs Trainer beim FC Homburg, d. Red.) bin ich nicht zurechtgekommen. Eines Tages trafen wir uns mit der Mannschaft in einem Café in Zweibrücken und stimmten in einer Geheimwahl über seinen Verbleib ab. Das Ergebnis: 22:0 gegen ihn. Der Vorstand musste handeln, und wenig später war er tatsächlich weg. Im Rückblick muss man sagen: Er war ein freundlicher Mann, aber als Trainer fand er keinen Zugang zu uns. Trotzdem kann ich mich an einen genialen Schachzug erinnern.
Und zwar?
Wir mussten mit Homburg in Wuppertal spielen, aber uns fehlten wegen Verletzungen und Krankheiten eine Menge Spieler. Wir hätten gerade so eben eine Elf zusammenbekommen. Wenige Stunden vor dem Anpfiff kam Klimaschefski zu mir ins Hotelzimmer und sagte: „Willi, du bist heute auch krank.“ Und ich sagte: „Okay, Trainer.“ Das Spiel wurde abgesagt, die Zuschauer gingen nach Hause – und die Wiederholungspartie gewannen wir 1:0. Diese ganze Posse hat allerdings kaum jemand mitbekommen.
Weil sich niemand für Homburg interessierte?
Die gesamte zweite Liga war bis in die Neunziger kaum präsent. Das erste Livespiel im DSF war sogar eine Partie des FC Homburg. An der Mittellinie stand eine Kamera, und das war’s. Den Ball konnte man als Fernsehzuschauer manchmal nur erahnen. Aber dieses Schattendasein war oft von Vorteil. Ich erinnere mich an eine Partie gegen 1860 München, bei der ich mit Werner Lorant aneinandergeriet. Wenn da Kameras gewesen wären, hätte ich acht Spiele Sperre bekommen und Werner nie wieder als Trainer arbeiten können.
Klingt ja kriminell. Was war passiert?
(Lacht.) Ach, wir haben uns minutenlang die übelsten Schimpfwörter an den Kopf geworfen. Nach dem Spiel war aber alles wieder vergessen. Fußball halt.
Sie halten neben dem Spielrekord auch noch den für die meisten Platzverweise. Stimmt es, dass Sie wegen einer Roten Karte Ihre Frau kennengelernt haben?
An dem Wochenende, als ich gesperrt war, musste ich zu einer Art Schmuck- und Modenschau, eine kleine PR-Sache. Eine wunderschöne junge Frau übergab mir für den Auftritt eine Uhr. Ich fragte sie, in welchem Geschäft sie arbeitet und besuchte sie ein paar Tage später. Als ich den Laden betrat, hatte die Frau allerhand Kundschaft. Eine andere Mitarbeiterin fragte mich, ob sie mir helfen könne. Ich antwortete sehr laut: „Nein, nur diese Dame dort hinten kann mir helfen.“ Und da wurde diese Dame dort hinten ganz schön rot.
Und dann haben Sie diese Dame zu Pommes Schranke ausgeführt?
(Lacht.) Nein, bisschen Etikette hatte auch ich.
Blieben Sie eigentlich später weiterhin Schalke-Anhänger oder verliert man als Profi den Fanblick auf den Fußball?
Einmal Schalke, immer Schalke. Ich habe viele Spiele gesehen, gezittert, gejubelt. Die Meisterschaft der Herzen, das andere Kampfschwein namens Willi. Und eines Tages war ich selbst ein Eurofighter. Unglaublich! Wir spielten mit Aachen 2004 eine sensationelle Pokalsaison, schlugen die Bayern und Gladbach und zogen trotz der Finalniederlage gegen Werder in den Uefa-Cup ein.