Der spanische Verbandschef Luis Rubiales plant weitreichende Veränderungen für La Liga: weniger Spiele insgesamt, dafür mehr Partien im Ausland. Vermutlich viel Lärm um nichts. Trotzdem spricht Rubiales einen Punkt an, der nicht nur in Spanien ein Problem darstellt: Die Jugend schaut anders Fußball als ihre Eltern.
Spanische Medien schreiben schon vom großen „Knaller“. Denn La Liga, die erste spanische Liga, soll grundlegend verändert werden. Der spanische Verbandspräsident Luis Rubiales sagte am Mittwoch: „Wir brauchen weniger Spieltage, mehr Spektakel.“ Als Grund schiebt er die jugendlichen Fußballfans vor: „Wir müssen uns etwas einfallen lassen und die Aufmerksamkeit der Jüngsten mit vielen Emotionen fesseln.“ Eine Option sei es, Hin- und Rückrunde abzuschaffen und stattdessen nur noch ein Spiel zwischen zwei Vereinen auszutragen. Außerdem könnten Spiele im Ausland stattfinden. Etwa in Miami in Florida, weil sich dort eine große spanischsprachige Gemeinde befinden würde, so Rubiales.
Er wolle in den kommenden Tagen Javier Tebas, den Präsident der Verwaltung der beiden spanischen Profiligen, einladen, „damit wir uns zusammensetzen und versuchen, das Format der aktuellen Liga zu ändern“, erklärte Rubiales am Mittwoch in einer Talkrunde der Nachrichtenagentur Europa Press. Die Liga hat bereits mit einer öffentlichen Stellungnahme reagiert. In der heißt es: „LaLiga wird keine Änderung des Wettbewerbsformats in Betracht ziehen. Das derzeitige Modell mit seiner Struktur, den Wettbewerbstagen, den Zeitplänen usw. hat sich in den letzten Jahren als erfolgreich erwiesen.“
Also viel Lärm um nichts? Ein interner Streit zwischen Rubiales und Tebas? Auch wenn es aufgrund der Widerstände der spanischen Liga letztendlich vermutlich keine Reformen geben wird, zeigt dieser Schritt von Rubiales, dass im spanischen Fußball etwas im Argen liegt. Rubiales ist der Meinung, dass die Liga zu lange an Traditionen festgehalten habe. Scheint fast, als hätte er sich mit Florentino Pérez, dem Präsidenten von Real Madrid und einem der Gründer der vorerst gescheiterten Super League, abgesprochen. Der hatte im April vorgeschlagen, die Spiele zu kürzen. Er nannte dafür, ähnlich wie Rubiales, die „jungen Leute“ als Grund für nötige Veränderungen. Wortwörtlich sagte Pérez: „Die jungen Leute sagen: Die Spiele sind ihnen zu lang. Also müssen wir etwas ändern, wenn wir wollen, dass der Fußball weiterlebt.“
So sei die Idee der Super League laut Pérez aus einer Verantwortungshaltung der Klubs gegenüber der Fans entstanden. Zwar sprach er in dem Fall nicht explizit von den „jungen Leuten“, aber im Zentrum seiner Argumentation standen trotzdem die „Wünsche und Bedürfnisse der Fans“. Die waren mit der Idee der Super League aber alles andere als glücklich. Mittlerweile haben sich aus der Super League fast alle Vereine zurückgezogen – bis auf den FC Barcelona und Real Madrid, die wären noch dabei.
Es ist eine komische Vorstellung: Eine Saison ohne Rückrunde, weniger als 90 Minuten Spielzeit, stattdessen „mehr Spektakel“. Mehr Tanzeinlagen vielleicht wie bei der Finaleröffnung der Europameisterschaft? In den Pausen Cheerleader wie beim Basketball oder Football?
Dabei hat die spanische Liga eigentlich gar nicht viel zu beklagen. Nach der derzeitigen Uefa-Fünfjahreswertung haben ihre Vereine die besten Ergebnisse in europäischen Wettbewerben erzielt. Im Vergleich zur Bundesliga gibt es drei Vereine, die jährlich um die Meisterschaft kämpfen. Und dann ist da noch Lionel Messi, der voraussichtlich weitere fünf Jahre in Barcelona spielen wird.
Aber in einem Punkt haben Rubiales und Pérez recht: junge Leute scheinen heutzutage anders Fußball zu schauen als ihre Eltern. Außerdem gehen in den spanischen Stadien die Zuschauerzahlen zurück: In der Saison 2013/14 besuchten noch durchschnittlich fast 30.000 Fans die Stadien, 2018/19 waren es knapp 27.000.
Die Menschen, die nach 1999 geboren sind, auch Digitale Natives oder Generation Z genannt, sind die Fans der Zukunft – wenn nicht schon der Gegenwart. Zuhören sollte man ihnen also.
Eine Studie der DFL zeigte 2019 beispielsweise, dass in Deutschland Menschen der Jahrgänge 1981 bis 2009 Inhalte zur Bundesliga primär über Apps auf dem Smartphone konsumieren, während die älteren Jahrgänge von 1946 bis 1980 die Liga primär im TV verfolgen. Außerdem würden jüngere Menschen während des Schauens eines Spiels deutlich häufiger weitere Informationen über mindestens einen weiteren Bildschirm, meistens über das Handy, beziehen. Die Anforderung des jüngeren Publikums haben sich im Vergleich zu derer ihrer Eltern verändert, sie konsumieren den Fußball digitaler. In Spanien dürfte das nicht anders sein.
Rubiales will die jüngere Generation nun mit mehr Spektakel an den Bildschirm binden. Er hat erkannt, dass sich das Medienverhalten der jungen Zielgruppe ändert. Ob er daraus auch die richtigen Rückschlüsse zieht, bleibt fraglich. Zumindest bei der Liga, die er dementsprechend verändern möchte, herrscht dazu eine klare Meinung.