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Ben­jamin Auer, wie geht es Ihnen?
Sehr gut. Ich habe drei Fit­ness- und Reha­stu­dios in der Pfalz und küm­mere mich um das ope­ra­tive Geschäft. Die Arbeit außer­halb des Platzes macht mir viel Spaß, bedeutet aber auch eine Menge Stress.

Sie haben zwei­ein­halb Jahre Pause vom Fuß­ball gemacht, bevor Sie im Januar 2015 in Pir­ma­sens unter­schrieben. Was haben Sie in der Pause gemacht?
In erster Linie habe ich mich mit viel Sport wei­terhin fit gehalten. Das kann man nach 13 Jahren im Pro­fi­sport auch schwer ablegen. Mein per­sön­li­ches High­light war der Guten­berg-Mara­thon in Mainz. Ich hatte mir vor­ge­nommen, ihn unter vier Stunden zu laufen, was mir mit 3:42 Stunden auch gelungen ist. Nebenbei habe ich viel aus­pro­biert: Tennis, Squash, Bad­minton und durch die Fit­ness­stu­dios natür­lich auch etwas im Kraft­trai­ning­be­reich. Mir wurde auf jeden Fall nicht lang­weilig.

Und trotzdem haben Sie irgend­wann den Drang zum Fuß­ball gespürt?
Ich habe ab und an mal für die Tra­di­ti­ons­mann­schaft von Mainz oder für eine Lan­des­aus­wahl gespielt. Das hat viel Spaß gemacht, aber der rich­tige Fuß­ball hat mir gefehlt. Der Prä­si­dent des Regio­nal­li­gisten FK Pir­ma­sens ist ein guter Freund von mir. So kam eins zum anderen. Pir­ma­sens war im Sommer 2014 auf­ge­stiegen und suchte in der Win­ter­pause einen Stürmer. Ich habe mich dann bequat­schen lassen und die Schuhe nach über zwei Jahren wieder aus dem Schrank geholt.

Waren die Ver­trags­ver­hand­lungen ähn­lich hart wie mit Bun­des­li­ga­ver­einen?
Kom­plett anders. Bei Ver­trags­ver­hand­lungen mit Bundes- oder Zweit­li­gisten habe ich immer einen Berater vor­ge­schickt, der sich um die Ange­le­gen­heiten geküm­mert hat. In Pir­ma­sens lief alles über eine münd­liche Zusage, die per Hand­schlag ver­stärkt wurde. Sehr locker, sehr ent­spannt eben – über­haupt kein Ver­gleich zum Pro­fi­fuß­ball.

Was unter­scheidet denn den Alltag in der Regio­nal­liga Süd­west von dem der Bun­des­liga?
Der größte Unter­schied ist, dass ich die Woche nur zwei Mal trai­niere und am Wochen­ende spiele. Das habe ich von Anfang an so abge­klärt, und damit kommen alle klar. Da ich Vater zweier Kinder und Mit­in­haber der Fit­ness­stu­dios bin, lässt die Zeit ein­fach nicht mehr zu.

Wie oft müssen denn Ihre Mit­spieler trai­nieren?

Der FK Pir­ma­sens ist kein pro­fes­sio­nell geführter Verein wie unsere Liga-Kon­kur­renten aus Saar­brü­cken, Elvers­berg, Mann­heim oder Offen­bach. Meine Mit­spieler haben ent­weder einen festen Job oder stu­dieren. Die Trai­nings­ein­heiten sind immer abends, wenn alle können. Die Mann­schaft trai­niert trotzdem täg­lich.

Dafür läuft es in der bis­he­rigen Saison aber ganz gut, oder?
Der Verein holt das Maximum aus seinen Mög­lich­keiten raus. Finan­ziell wie sport­lich wird hier am Limit gear­beitet. In der Stadt Pir­ma­sens herrscht eine Arbeits­lo­sig­keit von etwa 16 Pro­zent, da ist es schwierig, Spon­soren zu finden. Der Verein hat ein Gesamt­budget von 500.000 Euro, müsste damit eigent­lich Schluss­licht in der Liga sein.

Gibt es denn Par­al­lelen zwi­schen der vierten und der ersten Liga?
Was das Spie­le­ri­sche angeht, gibt es kaum Par­al­lelen. In der Bun­des­liga wird viel schneller gespielt. Das ver­su­chen die Spieler der Regio­nal­liga durch das Kör­per­liche aus­zu­glei­chen. Mann­schaften wie Elvers­berg oder Mann­heim haben spie­le­risch mehr vor­zu­weisen als die anderen Teams in der Liga. Spiele, bei denen wir mit­wirken sind in der Regel sehr ein­fach struk­tu­riert – nicht unbe­dingt ansehn­lich. Das liegt zum Teil auch an den Trai­nings­mög­lich­keiten in Pir­ma­sens. Wir haben einen Trai­nings­platz, auf dem alle Mann­schaften trai­nieren müssen – die erste Mann­schaft, die Ama­teure und die Jugend­mann­schaften. Wir haben zwar einen Kunst­ra­sen­platz, der ist aber schon ziem­lich in die Jahre gekommen. Das ist gerade im Winter ein großes Pro­blem, wo wir dann häufig auf Soc­cer­hallen aus­wei­chen müssen und auf die Hilfe anderer Ver­eine ange­wiesen sind.

Ist das Tore­schießen leichter als in der Bun­des­liga?
Was stark auf­fällt, ist, dass die Innen­ver­tei­diger ein­fa­cher zu bespielen sind. Das Spiel ist kör­per­be­tonter, dafür auch oft feh­ler­haft. Daher spe­ku­liere ich immer darauf, dass die Ver­tei­diger einen Fehler machen, der so in der Bun­des­liga kaum pas­sieren würde. Dazu kommt, dass ich in der Bun­des­liga Mit­spieler hatte, die tech­nisch und spie­le­risch ein­fach stärker waren. Das ist hier in Pir­ma­sens anders. Es läuft nach dem Motto 50:50: Mal kommt der Ball dorthin, wo ich hin­laufe, mal kommt der Ball dorthin, wo ich vor zehn Sekunden noch stand. Es ist also nicht unbe­dingt ein­fa­cher, ein Tor zu schießen, son­dern anders.



Freuen Sie sich denn genauso über ein Tor wie zu Bun­des­liga-Zeiten?
Über Tore in der Bun­des­liga habe ich mich mehr gefreut. Auf der anderen Seite bin ich jetzt 35 Jahre alt, und es macht immer noch Spaß Tore zu schießen. Es ist schön zu sehen, wenn ich es als alter Hase immer noch schaffe, einen 20 Jahre alten Gegen­spieler alt aus­sehen zu lassen.

Die Gegen­spieler haben Sie früher noch in der Sport­schau“ gesehen. Kommt es auf dem Platz noch zu spe­zi­ellen Sprü­chen?
Sprüche gibt es immer – in allen Varia­tionen. Da kommt es bei einer ver­ge­benen Groß­chance schon mal zu Spott, aber in meinem Alter weiß ich, in sol­chen Situa­tionen dar­über schmun­zeln zu können und zur Not auch zu kon­tern. Dann herrscht auch schnell Ruhe.

Wie war denn das erste Auf­ein­an­der­treffen mit Ihrer Mann­schaft?
Die Mann­schaft ist super ent­spannt, nur des­halb habe ich mich auch dazu durch­ge­rungen, nochmal die Schuhe zu schnüren. Die Men­ta­lität ist mit der Bun­des­liga absolut nicht zu ver­glei­chen, in der die Kon­kur­renz­si­tua­tion eine absolut andere ist. Die Jungs waren froh, dass ich zu ihnen gestoßen bin und bei der Mis­sion Klas­sen­er­halt mit­helfe. Außerdem finde ich es schön, den jün­geren Mit­spie­lern Rat­schläge geben zu können und ihnen in gewissen Situa­tionen zu helfen.

Nun gibt es gewisse Gemein­sam­keiten mit ihren Mit­spie­lern. Sie haben Ihr Diplom als Fit­ness-Ökonom und befinden sich der­zeit im Master-Stu­dium. Wie sind Sie als Stu­dent?
Ich hatte zu Zeiten des Diploms den großen Vor­teil, einen großen Teil des Stu­diums von zuhause aus machen zu können. Ab und zu musste ich natür­lich zu Prä­senz­phasen erscheinen. Ansonsten habe ich mich vor den Klau­suren immer mit den jewei­ligen Pro­fes­soren getroffen, um den rele­vanten Stoff zu bespre­chen. Das Diplom habe ich inner­halb von drei Jahren erreicht. Das hat mir eine Menge Spaß gemacht, weil ich viele neue Sachen gelernt habe und mich so auch von dem Ste­reotyp Fuß­baller abgrenzen konnte.

Ein inter­es­santer Ansatz.
Heute stu­dieren immer mehr junge Spieler nebenbei, zu meiner Zeit aber war das eher selten. Gleich­zeitig konnte mich das Stu­dium in stres­sigen Situa­tionen auch vom Fuß­ball ablenken. Es war ange­nehm, abends nach Hause zu kommen und noch zwei, drei Stunden für die Uni zu pauken.

Was war die schwie­rigste Klausur, die Sie geschrieben haben?
Eine Ernäh­rungs­klausur, die habe ich erst im zweiten Anlauf geschafft.

Haben Sie denn trotzdem was vom berühmten Stu­den­ten­leben mit­ge­nommen, legen­däre Partys gefeiert oder Kurse geschwänzt?
Ich habe wenig von dem gemacht, was ein Stu­den­ten­leben so aus­zeichnet. Durch die Frei­heiten, die ich gewährt bekommen habe, hatte ich leider auch keinen großen Kon­takt zu meinen Kom­mi­li­tonen. Aber an eine spe­zi­elle Situa­tion im Stu­dium kann ich mich bis heute erin­nern.

Welche?
Ich konnte ihnen einmal einen großen Gefallen tun. Als ich 2003 bei Mainz gespielt habe, hatte ich eine wich­tige Klausur. Diese habe ich schon mor­gens, vor allen anderen geschrieben, da ich mit­tags Trai­ning hatte. Als ich fertig war, habe ich meinen Kom­mi­li­tonen geschrieben, was in der Klausur abge­fragt wird. Die haben sich natür­lich gefreut.

Sie haben in Ihrer Kar­riere aus­schließ­lich in Deutsch­land gespielt, obwohl Ange­bote aus dem Aus­land vor­lagen. Warum haben Sie den Schritt nicht gewagt?
Zum Ende meiner Profi-Kar­riere bin ich mit Aachen abge­stiegen. Da war für mich klar, dass ich inner­halb Deutsch­lands nicht mehr spielen möchte, weil mir Aachen so ans Herz gewachsen war – der Verein, die Stadt, die Men­schen. Meine Wunsch­vor­stel­lung wäre ein Wechsel in die USA oder nach Aus­tra­lien gewesen. Zu dem Zeit­punkt hatten wir erst einen Sohn. Meine Frau und ich hätten es sehr span­nend gefunden, wenn unser Sohn mit der eng­li­schen Sprache auf­ge­wachsen wäre. Leider hat es weder mit den USA noch mit Aus­tra­lien geklappt. 

Gab es denn kon­krete Ange­bote?
Es gab diverse Ange­bote aus der Türkei, Grie­chen­land und aus dem Osten. Aber ich habe mich dagegen ent­schieden. Richtig kon­kret wurde es mit einem span­nenden Angebot von Racing San­tander aus Spa­nien. Es lief soweit ganz gut, bis es zum Medi­zin­check kam.

Wieso?
Ich hatte mir mit 20 Jahren das Kreuz­band gerissen. Das hat mich in den Jahren danach aber nie groß gestört oder daran gehin­dert, meine Leis­tung abzu­rufen. Den Ärzten von San­tander hat mein Knie nicht gut gefallen, wes­wegen der Verein von einem Transfer abge­rückt ist. Zwar gab es dann noch die ein oder andere lockere Anfrage, aber es hat dann nicht mehr geklappt, wes­wegen ich mich dann im November 2012 ent­schieden habe, die Kar­riere zu beenden.

Würden Sie denn rück­wir­kend etwas an dieser Kar­riere ändern wollen?
Da habe ich häufig drüber nach­ge­dacht. Bei der Ver­eins­wahl kommt es immer darauf an, auf einen Trainer zu stoßen, der die Art und Weise des Spie­lers mag. Viel­leicht hatte ich da nicht immer das Quänt­chen Glück. Da hätte ich bei den Ange­boten besser darauf achten und selek­tieren können. Es ist außerdem schade, dass ich nie ein Spiel für die Natio­nal­mann­schaft gemacht habe. Trotzdem habe ich dem Fuß­ball viel zu ver­danken, bin froh, wie es gelaufen ist und habe gleich­zeitig viel von der Welt gesehen.

Der Ver­trag in Pir­ma­sens läuft im Sommer aus. Soll es das dann gewesen sein?
Das Schlimme ist, dass ich jetzt schon wieder von allen Seiten gelö­chert werde – vom Verein, von meinem Freund, dem Prä­si­denten, und vom Trainer. Die wollen natür­lich, dass ich noch ein Jahr dran­hänge. Eigent­lich sollte man mit 35 Jahren wirk­lich mal die Schuhe an den Nagel hängen, aber ich weiß es noch nicht genau. Erst mal will ich mit dem Verein die Klasse halten, und dann schauen wir mal.

Und was machen Sie, wenn die Fuß­ball­schuhe end­gültig am Nagel hängen?
Privat träume ich schon lange davon, eine Welt­reise zu machen. Aber nicht so, dass man sich vorher Gedanken macht, wo man überall hin möchte, son­dern sich ein­fach von seiner Lust treiben lässt. Und das zieht man dann so lange durch, bis man wieder nach Hause möchte. Das wäre für mich der Inbe­griff der Frei­heit, und das will ich defi­nitiv einmal in meinem Leben machen.