David Weatherston war einmal ein talentierter Nachwuchsprofi — bis ihn psychische Erkrankungen aus der Bahn warfen. Der Fußball hat ihn seine Gesundheit gekostet.
Für Ulf Baranowksy von der Spieler-Gewerkschaft ist das auch ein hausgemachtes Problem. Noch immer ist die mangelnde psychologische Betreuung eines der größten Hindernisse, weshalb depressive Fußballer ihre Erkrankung für sich behalten, kritisiert er. Hinzu komme der Druck der Öffentlichkeit und im Verein — also die (für einen Profi-Spieler existentielle) Angst, künftig nicht mehr berücksichtigt zu werden.
Auch David Weatherston schafft es erst nach seinem Karriereende, sich öffentlich zu outen. Dieser Schritt kostet ihn viel Energie und Überwindung. Der Artikel, den er auf seinem Blog und später unter der Überschrift „The dressing room is a tough place to be if you have anxiety or depression“ (Die Kabine ist ein harter Ort, wenn du Angststörungen oder Depressionen hast) im „Guardian“ veröffentlicht, liegt monatelang in seiner Schublade. In der Zwischenzeit bekennt sich der ehemalige englische Nationalkeeper Chris Kirkland ebenfalls öffentlich zu seiner Depression.
Weatherston zeigt sich von Kirklands Worten bewegt: „Ich habe es gelesen und dachte: ›Das ist genauso, wie ich mich fühle‹.“ Auch mit Robert Enkes Geschichte beschäftigt er sich. Trotzdem zögert er die Veröffentlichung seines Artikels immer wieder hinaus. Als er es endlich doch macht, melden sich alte Mitspieler und Trainer bei ihm ebenso wie völlig fremde Fußballprofis. Manche sagen, ihnen geht es ganz genauso — und auch sie fürchten sich vor den Reaktionen im Falle eines Outings. Weatherston jedenfalls hilft das Sprechen. Es sei die beste Therapie, sagt er.
Ein langer Weg
Bis hierhin war es ein langer Weg. Seine Karriere ist wenig mehr als geprägt vom Zurechtkommen mit der Krankheit, dem Versuch, sich nicht völlig überwältigen lassen. Ein Anpassen an die Situation. Weatherston seufzt und sagt, man gewöhne sich irgendwann an die Gefühle. Auf dem Platz hilft es ihm, sich an den schieren Fakt zu erinnern, dass er eigentlich physisch fit ist — auch wenn er sich nicht so fühlt. Er eignet sich kleine Tricks an, um seine Ängste zu beherrschen, etwa indem er sich Videos von seinen Toren ansieht. Auch seinen Körper zu kontrollieren, gelingt ihm bisweilen: „Wenn du jeden Samstag das gleiche Gefühl hast, lernst du irgendwann: ›Wenn ich esse, werde ich nicht krank‹. Also habe ich mich zum Essen gezwungen, weil ich die Energie brauche. Du musst nur einen Weg finden, um durchzukommen. Ich realisierte, ich kann mich zum Essen zwingen.“
Dann aber geht es nicht mehr. Brechin, seine letzte Station in Schottland, gibt ihm „den Rest“. Weatherston hat den Fußball, seine Leidenschaft, an die Krankheit verloren. Die belastet ihn noch immer, aber es ist nicht annähernd mehr so schlimm, wie es im Fußball war, sagt er. Vielleicht kehrt er eines Tages zurück, wenn es ihm wirklich besser geht, aber das ist Zukunftsmusik. Gesund werden, das ist derzeit das primäre Ziel.