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Seite 4: Tricksereien, Outing, Ende

Für Ulf Bara­nowksy von der Spieler-Gewerk­schaft ist das auch ein haus­ge­machtes Pro­blem. Noch immer ist die man­gelnde psy­cho­lo­gi­sche Betreuung eines der größten Hin­der­nisse, wes­halb depres­sive Fuß­baller ihre Erkran­kung für sich behalten, kri­ti­siert er. Hinzu komme der Druck der Öffent­lich­keit und im Verein — also die (für einen Profi-Spieler exis­ten­ti­elle) Angst, künftig nicht mehr berück­sich­tigt zu werden.

Auch David Wea­ther­ston schafft es erst nach seinem Kar­rie­re­ende, sich öffent­lich zu outen. Dieser Schritt kostet ihn viel Energie und Über­win­dung. Der Artikel, den er auf seinem Blog und später unter der Über­schrift The dres­sing room is a tough place to be if you have anxiety or depres­sion“ (Die Kabine ist ein harter Ort, wenn du Angst­stö­rungen oder Depres­sionen hast) im Guar­dian“ ver­öf­fent­licht, liegt mona­te­lang in seiner Schub­lade. In der Zwi­schen­zeit bekennt sich der ehe­ma­lige eng­li­sche Natio­nal­keeper Chris Kirk­land eben­falls öffent­lich zu seiner Depres­sion.

Wea­ther­ston zeigt sich von Kirk­lands Worten bewegt: Ich habe es gelesen und dachte: ›Das ist genauso, wie ich mich fühle‹.“ Auch mit Robert Enkes Geschichte beschäf­tigt er sich. Trotzdem zögert er die Ver­öf­fent­li­chung seines Arti­kels immer wieder hinaus. Als er es end­lich doch macht, melden sich alte Mit­spieler und Trainer bei ihm ebenso wie völlig fremde Fuß­ball­profis. Manche sagen, ihnen geht es ganz genauso — und auch sie fürchten sich vor den Reak­tionen im Falle eines Outings. Wea­ther­ston jeden­falls hilft das Spre­chen. Es sei die beste The­rapie, sagt er.

Ein langer Weg

Bis hierhin war es ein langer Weg. Seine Kar­riere ist wenig mehr als geprägt vom Zurecht­kommen mit der Krank­heit, dem Ver­such, sich nicht völlig über­wäl­tigen lassen. Ein Anpassen an die Situa­tion. Wea­ther­ston seufzt und sagt, man gewöhne sich irgend­wann an die Gefühle. Auf dem Platz hilft es ihm, sich an den schieren Fakt zu erin­nern, dass er eigent­lich phy­sisch fit ist — auch wenn er sich nicht so fühlt. Er eignet sich kleine Tricks an, um seine Ängste zu beherr­schen, etwa indem er sich Videos von seinen Toren ansieht. Auch seinen Körper zu kon­trol­lieren, gelingt ihm bis­weilen: Wenn du jeden Samstag das gleiche Gefühl hast, lernst du irgend­wann: ›Wenn ich esse, werde ich nicht krank‹. Also habe ich mich zum Essen gezwungen, weil ich die Energie brauche. Du musst nur einen Weg finden, um durch­zu­kommen. Ich rea­li­sierte, ich kann mich zum Essen zwingen.“

Dann aber geht es nicht mehr. Brechin, seine letzte Sta­tion in Schott­land, gibt ihm den Rest“. Wea­ther­ston hat den Fuß­ball, seine Lei­den­schaft, an die Krank­heit ver­loren. Die belastet ihn noch immer, aber es ist nicht annä­hernd mehr so schlimm, wie es im Fuß­ball war, sagt er. Viel­leicht kehrt er eines Tages zurück, wenn es ihm wirk­lich besser geht, aber das ist Zukunfts­musik. Gesund werden, das ist der­zeit das pri­märe Ziel.