Die letzte Woche der Saison hat mir den Rest gegeben. Die Tennisplatz-Atmosphäre beim Pokalfinale in Berlin, das Medizinkoffer-Getrommel und Pfannenschlagen bei den Spielen zwischen Werder und Hoffenheim, der riesengroße Schriftzug „Nürnberg“ aus leeren Sitzschalen bei der Relegation zur Zweiten Liga, all das hat mir klar gemacht: Ich kann nicht mehr! Ich will keine Fußballspiele ohne Publikum mehr sehen!
Ich bin von Beginn an Realo in der Frage gewesen, ob die Saison ohne Publikum zu Ende gebracht wird oder nicht. Ich fand es richtig, dass es in den ersten drei Spielklassen und in der Frauen-Bundesliga einen Re-Start gab. Ich habe es akzeptiert, dass es bei den Geisterspielen vor allem darum ging, Fernsehgelder zu sichern und damit indirekt Jobs. Arbeitsplätze von Menschen, die ich teilweise persönlich kenne, weil sie bei Vereinen arbeiten, nicht als Spieler oder Trainer, sondern als einfache Angestellte.
Ich habe mich manchmal sogar gefreut, weil der Verein, dessen Anhänger ich bin, so gut aus der Corona-Pause kam. Allerdings hoffe ich, dass der VfL Bochum nicht wegen, sondern trotz der Abwesenheit seiner Fans so erfolgreich war. Ich habe mir auch sonst brav Bundesligaspiele angeschaut, weil der Beruf es verlangt und natürlich auch, weil ich Fußballjunkie bin. Aber jetzt reicht es einfach!
Es ist längst alles dazu gesagt, weshalb Fußball ohne Publikum nur eine Schwundstufe des Spiels ist und Jubel vom Band eine Zumutung ist. Entscheidend bleibt, dass Fußball nur durch Fans eine Bedeutung bekommt und kraftvoll aufgeladen wird. So ist er bedeutungslos, daran besteht für mich kein Zweifel mehr, nachdem ich mich tapfer durch die letzten Wochen geschleppt habe.
Deshalb kann die kommende Saison nur dann beginnen, wenn wieder Zuschauer ins Stadion dürfen. Als Realo ist mir klar, dass zunächst nicht alle werden kommen können. Sie werden kaum zusammenstehen dürfen, und ich kann jeden verstehen, der das unakzeptabel findet. Sie müssen auf den Rängen aber singen und schreien dürfen, weil das sowieso kaum zu verhindern und natürlich auch durch eine Maske möglich ist.
Ich will mir aber erst einmal gar keine Gedanken darüber machen, was geht und was nicht, über automatisiertes Fiebermessen am Eingangstor und die kameragestützte Kontrolle von Schutzmasken debattieren, über optimierte Wege zu den Tribünen und datengesteuerte Platzverteilung. Das alles wird sowieso nerven. Aber Spiele gänzlich ohne Publikum nerven nicht nur, die können jetzt weg.