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Seite 2: „Ich vermisse ihn auch in ganz banalen Momenten“

Wor­über konnten Sie mit ihm streiten?
Wir haben uns zum Bei­spiel mal über den Irak in die Wolle bekommen. In den Nach­richten lief ein Bericht dar­über, wie ira­ki­sche Men­schen einen Selbst­mord­at­ten­täter als Mär­tyrer fei­erten. Robbie meinte: Einen Ter­ro­risten zu feiern, einen Mann, der Men­schen umge­bracht hat, ist absto­ßend.“ Ich meinte, er müsse sich auch in das Welt­bild dieser Leute hin­ein­ver­setzen, für die der Mann eben kein Ter­ro­rist, son­dern ein Held gewesen ist. Und so ging es dann eine Weile hin und her. Aber ich habe auch ganz tri­viale Szenen im Kopf. Wie er mir erklärt, warum er ganz dünne Tor­wart­hand­schuhe lieber mag als welche mit dickerem Belag.

Gibt es Momente, in denen er Ihnen beson­ders fehlt?
Defi­nitiv. Vor allem mit dem Wissen, wie viel besser der Umgang mit psy­chisch erkrankten Sport­lern heut­zu­tage ist. Ich würde ihm manchmal gerne sagen: Schau mal: Diese The­rapie-Mög­lich­keiten gibt es mitt­ler­weile für Hoch­leis­tungs­sportler.“ Aber ich ver­misse ihn auch in ganz banalen Momenten. Neu­lich hätte ich ihn sehr gerne ange­rufen, um ihm eine Frage zu stellen.

Was denn?
Ich hatte Oliver Bau­mann, den Tor­hüter von Hof­fen­heim, spielen sehen und mir dabei gedacht: Von den Bewe­gungen her ist er Robbie total ähn­lich. Ich hätte gerne Roberts Mei­nung dazu gehört.

Sie haben gerade die ver­bes­serten The­rapie-Mög­lich­keiten für Sportler ange­spro­chen. Hat sich struk­tu­rell in den ver­gan­genen zehn Jahren wirk­lich viel ver­bes­sert?
Absolut. Robert wusste damals nicht: Was macht man bei psy­chi­schen Krank­heiten? Wo kann man sich über­haupt melden? Wo gibt es einen Fach­arzt, einen Psych­iater, einen Psy­cho­the­ra­peuten, der etwas mit Sport­lern anfangen kann? Er hat damals wahn­sinnig lange her­um­ge­sucht, bis er Dr. Valentin Markser gefunden hat. Und gleich­zeitig war das ein­zige Bei­spiel für das, was pas­siert, wenn die psy­chi­sche Erkran­kung eines Sport­lers öffent­lich wird, Sebas­tian Deisler. Ein für Robert abschre­ckendes Bei­spiel, da Sebas­tian ja wegen seiner Krank­heit den Fuß­ball aufgab. Diese beiden Fak­toren haben sich im Fuß­ball deut­lich ver­bes­sert. Ers­tens gibt es mitt­ler­weile ein Netz­werk von Sport­psych­ia­tern, in Deutsch­land sind es über 70. Wenn ein Sportler den Ver­dacht hat, dass er oder ein Kol­lege unter Depres­sionen leidet, kann er inner­halb von Minuten kom­pe­tente Hilfe errei­chen. Zwei­tens wissen die meisten Men­schen heute mehr. Sie wissen: Depres­sionen sind eine Krank­heit, die behan­delt werden muss – und die dem­entspre­chend auch geheilt werden kann. Robert hat sich leider getötet, aber er gehört damit zu nur 0,2 Pro­zent der Men­schen, bei denen die Krank­heit im Suizid endet. 99,8 Pro­zent der Men­schen leben weiter, und ein großer Pro­zent­satz davon auch beschwer­de­frei.

Trotzdem sorgen Depres­sionen bei Sport­lern im Gegen­satz zu einem Kreuz­band­riss oder einer Mus­kel­ver­let­zung auch heute noch für ein großes öffent­li­ches Echo. Aber Sportler lassen sich heut­zu­tage anders als Robert damals sofort behan­deln. Und kommen danach zurück wie nach einem Kreuz­band­riss oder nach einer Mus­kel­ver­let­zung. Danny Rose zum Bei­spiel hat vor der WM 2018 bekannt gegeben, dass er nicht wegen einer Ver­let­zung aus­ge­fallen war, son­dern wegen einer psy­chi­schen Behand­lung. Danach hat er eine super WM gespielt und ist mit Eng­land bis ins Halb­fi­nale gekommen. Das ist eine sehr gute Ent­wick­lung.